Ardeen: Band 3: Nimrod (German Edition)

und dachte zur Beruhigung seines Gewissens: Ravenor kann das schon ab, der hat eine unglaubliche körperliche Verfassung.
    Das stimmte zwar, jedoch ist es für keinen ein Spaß, halbgeheilt stramm zu marschieren. Tapfer ließ sich Ravenor nichts anmerken.
    Als sie nach stetigem Auf und Ab den nächsten Hügel erklommen, da sahen sie endlich das Geröllfeld von Elverin vor sich. Eryn verhielt auf der letzten Kuppe und schaute hinunter. „Elverin! Wir sind da“, verkündete er freudig.
    „Wo ist der Goldene Turm?“, fragte Ravenor erstaunt.
    „Na hier. Ist nicht mehr viel übrig geblieben von dem Bauwerk, nachdem der Drache damit fertig war.“
    „Oh, ich dachte, da gäbe es wenigstens eine Ruine, ein paar Mauern. Aber das hier sind ja nur Steine. Größtenteils überwuchert, bis auf die aufgewühlten Flecken wo ihr vermutlich gegraben habt.“
    „Komm, lass uns hinuntergehen.“
    Kaum betraten sie das Geröllfeld, da hörte Eryn Meister Adors Stimme.
    „Ah endlich. Komm näher, Eryn. Endlich können wir ungestört reden.“
    „Ich höre ihn. Hältst du die Augen offen, während ich rede?“
    „Ich hör mal wieder gar nichts. Aber rede ruhig mit dem Geist. Ich passe solange auf.“
    „Ja, der Unmagische kann Wache halten. Wir müssen uns ungestört unterhalten“, befürwortete die Stimme Eryns Vorschlag.
    So, jetzt möchte ich endlich erfahren, was dahintersteckt: „Warum habt Ihr uns zu den Orten der Macht geschickt und was haben diese Orte mit dem Schlüssel zu tun?“
    „Das alles war... ein großes Missverständnis. Stets wurden wir im falschen Augenblick unterbrochen und ich konnte nicht mehr sagen, was mir auf den Lippen lag. Elverin war einst mit diesen Orten verbunden. Erinnerst du dich an meine Worte: ‚Es sind zwölf Kreise der Magie, verbunden zu sechs Orten der Macht. Die Orte weisen den Weg...‘ Und dann wurden wir unterbrochen, noch bevor ich den Satz vollenden konnte. Den Weg nach Elverin wollte ich damals sagen. Es war die Magie des Schwarzen Magiers, die die Verbindung zerstörte. Du musst wissen, ich kann nur dich erreichen. Nur dir kann ich meine Geheimnisse offenbaren.“
    Soll er das ruhig glauben und seinem Magierfreund erzählen. Ich muss nun mit mehr Wahrheiten herausrücken, als ich zunächst beabsichtigt hatte. Aber es ist nun das Wichtigste, sein Vertrauen wiederzugewinnen.
    „Das habe ich mir bereits gedacht, Meister Ador.“
    Ha, er hat’s geglaubt , freute sich Ador diebisch.
    Eryn war selbst erstaunt über die Ruhe, die ihn nun beherrschte. „Dann sollten wir über die Geheimnisse reden. Warum habt Ihr gesagt, ich sei der Schlüssel? Der Einzige, der die Welt retten könne... wovor auch immer?“
    Das Jüngelchen fragt frech und fordernd, doch ich muss ihn einlullen. Wie viel von der Wahrheit verträgt er? Aber vielleicht zieht gerade die Wahrheit ihn auf meine Seite. Was kann ich schon verlieren...?
    „Wo beginne ich am besten? Das ist nicht so einfach, denn die Wege der Vergangenheit sind verschlungen. Ich bin Meister Ador Coronos, Herr von Elverin, der oberste Magier meiner Zeit. Zumindest als ich noch lebte. Nun bin ich nur mehr ein Geist.“ Ja, das ist gut. Soll er ruhig glauben, ich sei tot und es am besten auch noch weitererzählen.
    „Ein Geist auf der Schwelle zum Totenreich. Wisse, ich kann nicht mehr unter die Lebenden zurückkehren, aber ich möchte das Übel, das diese Welt geteilt hat, wieder rückgängig machen. Denn mein Anteil an diesem Werk ist groß und die Schuld, die ich damit auf mich geladen habe, noch größer. Aber wenn der Zauber vergeht, dann werde auch ich vergehen. Doch dieses Ende fürchte ich schon lange nicht mehr. Es muss getan werden. Der Nimrodzauber zerstört die Welt. Zuerst nur langsam, doch seine tödliche Kraft wird wachsen und letztendlich alles vernichten.“ Ängste zu schüren hilft immer Leute dazu zu bringen etwas zu tun, was sie unter normalen Umständen nie in Erwägung ziehen würden. Das Weltenende, davor fürchten sich alle. Auch wenn der Nimrodzauber damit nichts zu tun hat. Ich hoffe die Angst wird die Dinge in Bewegung setzen.
    „Das muss verhindert werden. Was ich dir nun offenbare, bedeutet mein Ende. Sorge dich jedoch nicht um mich und tue, was getan werden muss.“ Genau, denn dann werde ich wieder leben. Aber mich selbst zu opfern klingt um so vieles heroischer. Dann fällt es ihm auch leichter, sein kleines Opfer zu bringen. Ha. Ich bin so verdammt genial . Ador hatte so lange nur mit sich selbst sprechen