Aretha Franklin - Queen of Soul
dass wir eine Aretha-CD mit neuem Material zu hören bekamen, und trotz ihres unbestreitbaren Könnens bin ich enttäuscht. Meiner Meinung nach muss sie ihren Schutzpanzer ablegen und einen begabten Produzenten mit der Aufgabe betrauen, die richtigen Songs für sie auszuwählen und diese dann nach neuesten Standards zu produzieren. Sie hat immer noch die Stimme, die Haltung und die Ausstrahlung, aber sie muss ihr Vertrauen in jemanden wie David Foster setzen, der darauf spezialisiert ist, mit willensstarken Frauen (Whitney Houston, Barbra Streisand, Toni Braxton) zu arbeiten. Oder ich würde auch unheimlich gern sehen und hören, wie Jimmy Iovine sie produzieren würde.«
Und auch beim CD-kaufenden Publikum fiel A Woman Falling Out of Love durch. Es schaffte es lediglich auf Platz 54 der Charts.
Um das Album zu promoten, trat Aretha u. a. in der Talkshow The View auf, wo sie von Whoopi Goldberg vorsichtig gefragt wurde: »Wir wissen, dass du nicht darüber sprechen möchtest, was nicht in Ordnung war, aber wie fühlst du dich?« Aretha antwortete: »Ich fühle mich einfach fabelhaft. Der Gewichtsverlust kam von der Operation. Es war keine Magen-OP, um abzunehmen … Mir geht es großartig. Ich habe mehr Energie. Ich habe meine Ernährung umgestellt und kaufe jetzt in Bioläden ein. Ich verzichte auf die Chitlins und die Schweinshaxen, das ganze Zeug. Jetzt esse ich – ich würde nicht sagen ›besser‹, aber ›anders‹.«
Offensichtlich zu neuen Kräften gekommen, absolvierte Aretha auch im weiteren Verlauf des Jahres 2011 einige Auftritte, sowohl live als auch im Fernsehen. Am 17. Mai erlebte ein 13 000 Mann starkes Publikum sie in Chicago, wo sie Gast einer der zwei Abschiedssendungen der Oprah Winfrey Show war. Diese fünf Mal wöchentlich ausgestrahlte Show mit der Moderatorin Winfrey hatte 25 Jahre lang das US-Fernsehen geprägt und wurde auch in 148 weitere Ländern übertragen. In den zwei Abschiedsshows waren u. a. Stars wie Tom Cruise, Halle Berry, Will Smith, Stevie Wonder, Usher, Patti LaBelle und Madonna zu Gast – und auch die Queen of Soul brachte Oprah ein Ständchen. Sie trug dabei ein ärmelloses, fließendes weißes Kleid mit nur einem Träger, das von geschmackvollem Schmuck akzentuiert wurde. Vor einer im Publikum sitzenden Oprah, die den Tränen nahe war, sang Aretha eine bewegende Version von »Amazing Grace«. Die Sendung wurde am 24. Mai ausgestrahlt und erreichte ein Millionenpublikum.
Acht Monate nach ihrem gesundheitlichen Einbruch hatte Aretha erneut mit körperlichen Problemen zu kämpfen. Diesmal handelte es sich jedoch um einen selbstverschuldeten Unfall: Aretha war in Texas in ihrem Hotelzimmer gestolpert und hatte sich einen Zeh gebrochen. Sie selbst schilderte den Vorfall später so: »Ich war in Dallas, Texas, wo ich ein Privatkonzert für einen Milliardär gab. Nach dem Konzert lag ein Haufen Jimmy Choos [Designerschuhe] mitten auf dem Boden meines Zimmers. Man muss sich das so vorstellen: Das Sofa ist hier, die Schuhe liegen da und der Couchtisch steht dort [mit den Händen zeigend]. Ich wollte über den Schuhberg steigen und ich weiß nicht wie, aber irgendwie landete ich in den Schuhen und trat wahrscheinlich auf einen der Absätze. Auf jeden Fall tat mein Fuß höllisch weh.« Beim Röntgen zeigte sich, dass der Zeh gebrochen war, woraufhin Aretha dazu verdonnert wurde, einen medizinischen Schuh mit Holzsohle und blauem Klettverschluss zu tragen. Vor Reportern beschwerte sie sich: »Wie soll denn mein neues Kleid von Marc Jacobs zu diesem blauen Krankenhaus-Holzschuh passen?«
Am 8. Juli erschien im Sonntagsmagazin der New York Times ein Interview, das der Redakteur Rob Hoerburger mit Aretha geführt hatte. Laut Hoerburger führten alle Gesprächsthemen »früher oder später auf das Thema Essen zurück. Es war klar, dass Franklin davon noch genauso besessen war wie eh und je.« Tatsächlich äußerte sich Aretha auch diesmal weitaus ausgiebiger zu kulinarischen Fragen als zu ihrem Privatleben oder ihrer Gesundheit. »Darf ich Ihnen etwas empfehlen?«, fragte sie den Journalisten. »Den Shrimp-Avocado-Salat. Den hatte ich diese Woche schon vier Mal.« Etwas später erinnerte sie sich nostalgisch an New York: »Man erinnert sich an gewisse Orte, die es nicht mehr gibt. Neben dem Apollo gab es früher ein tolles kleines Steaklokal, wo ich zwischen den Shows immer hinging.« Zu ihrem vieldiskutierten Gewichtsverlust sagte sie nur: » Abnehmen ist wie sich von einer
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