Aretha Franklin - Queen of Soul
sehr gesprächig. Sie ist unheimlich redegewandt.‹ Und als David ihr dieselben Fragen stellte, antwortete sie auf einmal total einsilbig. Ich erinnere mich, dass David an einem Punkt in die Kamera blickte, die Notizen beiseite legte und einfach frei drauflos sprach. Er war fest entschlossen, sie zum Reden zu bringen, und schaffte es irgendwann auch tatsächlich, ihr ganze Sätze zu entlocken. Er brachte sie zwar nicht dazu, so aus sich rauszugehen wie Diahann Carroll oder Sophia Loren, aber er brachte sie zum Reden. Nach der Show rief David mich in sein Büro und ich dachte: ›Oh shit! Das war’s – die schmeißen mich raus!‹ Aber er sagte nur: ›Ken, ich will sie noch mal in der Show haben!‹ Mich traf fast der Schlag, aber er meinte es ernst, weil er ihr musikalisches Talent so schätzte.«
Reynolds erinnert sich noch an einen weiteren amüsanten Vorfall, der sich während der Aufnahme dieser Show ereignete. Während das Videoband noch lief, stand Aretha plötzlich auf und verließ die Bühne. Frost musste die Lücke mit einem improvisierten Monolog füllen. »Mitten in einem der Interviewblocks sagte Aretha: ›Bitte entschuldigen Sie mich kurz‹. Alle waren total schockiert – hallo, du bist auf Sendung. Was heißt da ›entschuldigen Sie mich kurz‹? Wenn du der einzige Gast bist, ist dann ja niemand auf der Bühne! David stand also unter Schock, aber er sagte: ›Natürlich‹ und das wurde nicht rausgeschnitten. Sie stand auf und verließ die Bühne. Als sie wiederkam, rauchte sie eine Kool-Zigarette! Sie war mitten in einer Live-Fernsehaufzeichnung rausgegangen, um eine Zigarette zu holen. Ich konnte es nicht fassen! Aber das war eben Aretha.«
Zur Zeit der David Frost Show war ihre Romanze mit Ken Cunningham in voller Blüte. Reynolds erinnert sich, dass er sich mit ihr während ihres Interviews darüber unterhielt, dass sie mit Cunningham eine Boutique eröffnen wollte. »Sie sollte Do It to Me heißen und in Harlem in der 125. Straße liegen, wurde aber nie eröffnet. Aretha war sehr enthusiastisch. Aber es kam mir so vor, als würde sie immer alles mitmachen, was der jeweilige Mann in ihrem Leben plante. Sie ist eine von diesen Frauen, die sich das Tammy-Wynette-Motto ›Stand By Your Man‹ auf die Fahne geschrieben haben.«
Reynolds erlebte Ken Cunningham bei der Probe für die Show. »Ken Cunningham war ein großer, gut aussehender Mann«, erinnert er sich. »Er sagte nicht viel und hielt sich im Hintergrund. Aretha schenkte ihm viel Beachtung und fragte ihn oft nach seiner Meinung. Aber er war sehr unaufdringlich. Er war kein Showbiz-Ehemann. Er mischte sich nicht ein oder verlangte irgendwas vom Team.«
Young, Gifted and Black ist Arethas wohl meistgelobtes Album aus den 1970er-Jahren. Ihr Gesang darauf ist so stark, selbstbewusst und technisch versiert, dass es nicht weiter verwundert, dass die Scheibe sich extrem gut verkaufte. Fünf Hitsingles wurden daraus ausgekoppelt. Das Erscheinungsdatum fiel mit Arethas »Black Pride«-Phase zusammen, die sich in ihrem Styling, ihren öffentlichen Äußerungen und in ihrer Musik spiegelte.
Damals sagte sie dazu: »Ich glaube, dass die Black Revolution mich und die Mehrheit der Schwarzen zwang, uns selbst genauer zu betrachten. Nicht, dass wir uns vorher geschämt hätten, aber wir fingen nun an, unser natürliches Selbst zu würdigen. Wir verliebten uns sozusagen in uns selbst so wie wir waren . Wir stellten fest, dass es viel mehr gab, worauf wir stolz sein konnten. Ich glaube, dass die Revolution mich stark beeinflusste, aber es handelte sich dabei um eine sehr persönliche Evolution – eine Evolution des eigenen Ich in mir selbst. Aber ich schätze, dass Revolution an sich damit zusammenhängt. Was ich versuchte, für mich zu tun, half also sicherlich. Ich weiß, dass ich insgesamt meinen Look und meinen Sound verbessert habe. Und ich habe viel Selbstvertrauen gewonnen.«
Einer der autobiografischsten Songs auf Young, Gifted and Black war Arethas Version der von Kenny Gamble geschriebenen Nummer »A Brand New Me«. »Das ist einer meiner Lieblingssongs«, sagt Aretha. »Dusty Springfield nahm ihn als Erste auf. Schade, dass wir den nicht zuerst bekamen. Wenn ich so etwas von einem anderen Künstler höre, sage ich immer: ›Ich wünschte, den hätte ich zuerst gehabt‹. Aber dank der Aufnahmen der anderen wurde ich auf die Songs aufmerksam. Kenny Gamble halte ich für einen der besten Songwriter und Produzenten in der Branche, er
Weitere Kostenlose Bücher