Aretha Franklin - Queen of Soul
eine zwölfstündige Autofahrt von Detroit und ihrem im Koma liegenden Vater entfernt wäre. Ein weiterer Grund dafür, dass die Aufführungen von Sing, Mahalia, Sing von Detroit aus per Auto erreichbar sein mussten, war, dass Aretha plötzlich eine extreme Flugangst entwickelte. Es begann auf einem nächtlichen Flug von Atlanta nach Detroit, bei dem die Maschine in heftige Turbulenzen geriet. Laut Aretha vollführte das Flugzeug »einen von diesen Loopings. … Es war einer von diesen winzigen Fliegern, in denen man hören kann, wenn die Person auf der anderen Seite des Gangs zu laut atmet. Nach 22, 23 Jahren Vielfliegerei kann man schon mal einen schlechten Flug haben – und den hatte ich an diesem Tag!«
Als die Proben in New York starten sollten, schaffte sie es angeblich bis zum Detroit Metropolitan Airport, bevor sie kalte Füße bekam. Sie kam nie in Manhattan an, sodass das Projekt gekippt werden musste, bevor es richtig begonnen hatte. Der Produzent Aston Springer verklagte Aretha auf Vertragsbruch, weil sie plötzlich aus der Produktion ausgestiegen war. Im Februar 1989 urteilte ein Bundesgericht in New York, dass zwar keine Vertragsverletzung vorläge, Aretha jedoch Springers Vorkosten erstatten müsse, deren Höhe in einem separaten Prozess festzulegen seien. Richter Whitman Knapp war der Ansicht, dass Arethas Flugangst kein Grund war, die Show zu boykottieren. Sein Urteil: »Wenn sie nicht fliegen wollte, hätte sie auf dem Landweg reisen sollen.«
Unmittelbar nach dem abrupten Ende der Showpläne verschlechterte sich Reverend Franklins Zustand. Er starb am 24. Juli 1984 im Alter von 69 Jahren, nachdem er mehrere Jahre im Koma gelegen hatte. Obwohl er schon so lange zwischen Leben und Tod geschwebt hatte, war Aretha erschüttert. Laut Erma Franklin hatte Aretha »über eine halbe Million US-$ für ihn ausgegeben – 1500 US-$ pro Woche nur für Pflegepersonal. Sie kann darüber immer noch nicht sprechen, noch nicht mal mit ihrer eigenen Familie. Man darf das Wort ›Tod‹ nicht in ihrer Anwesenheit aussprechen, man muss ›von uns gegangen‹ oder eine andere Umschreibung verwenden. Sie und mein Vater standen sich sehr, sehr, sehr nah.«
Anfang 1985 wurde Aretha vom Staat New York wegen unbezahlter Steuern für Aufnahmesessions aus den 1970er-Jahren verklagt. Es hieß, dass Aretha für Aufnahmen, die sie zwischen 1972 und 1977 in New York gemacht hatte, 46 000 US-$ an Steuern nachzahlen müsse, da sie ihren Wohnsitz nicht in New York habe. Zudem sollte sie noch 56 000 US-$ an Zinsen und Strafgebühren zahlen. Arethas Anwalt Andrew Feinman erklärte dazu: »Ein New Yorker Gesetz bestimmt, dass Menschen, die hier Dienstleistungen erbringen, ihren Wohnsitz aber woanders haben, an den Staat New York Steuern zahlen müssen.« Er beklagte auch, dass das Verfahren »diskriminierend«, sei, da »sie sich willkürlich auswählen können, wen sie verklagen. Tausende von Künstler kommen nach New York um Platten aufzunehmen, doch nur bei wenigen wird dieses Gesetz auch tatsächlich angewandt.«
Besonders problematisch wurde es, als Aretha für den 12. bis 15. Juni 1985 Konzerte in der Carnegie Hall ankündigte. Alle vier Abende waren binnen kürzester Zeit ausverkauft. Doch knapp zwei Wochen vor dem Termin sagte Aretha die Konzerte ab, denn ihre Berater hatten sie gewarnt, dass man ihr eine Anklageschrift zustellen werde, wenn sie in den Staat New York einreise, und ihr Honorar verpfändet werden würde. Ihr Bruder und Manager Cecil behauptet allerdings, dass ihre Flugangst der Grund für die Absage war. 1986 wurde der Rechtsstreit außergerichtlich beigelegt.
Die zwei Shows, die Aretha 1985 tatsächlich gab, fanden in Detroit und Chicago statt. Im Februar trat sie im Premier Center im Detroiter Vorort Sterling Heights auf. Im April wurde sie im Auto nach Chicago gefahren, um an mehreren Abenden im Park West aufzutreten – eines der Konzerte wurde für die TV-Sendung Soundstage aufgezeichnet. Beide Auftritte erhielten nur mäßige Besprechungen. So monierte The Detroit News, dass Aretha ihre populärsten Songs außer Acht gelassen und stattdessen Medleyversionen von »See Saw«, »Ain’t No Way« und »Rock Steady« vorgetragen habe. Die Headline des Artikels lautete: »Aretha ignoriert ihre großen Hits – und die Show leidet darunter«. The Chicago Sun-Times schrieb, dass »Aretha mal ins Schwarze trifft und mal daneben liegt … ihr Zauber wirkt nur punktuell«.
Beim Konzert im Premier Center
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