Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arglist: Roman (German Edition)

Arglist: Roman (German Edition)

Titel: Arglist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
ihm aus.
    Er warf einen flüchtigen Blick über seine Schulter, als erwartete er, dass Cal plötzlich hinter ihm auftauchte; dann schaute er nach oben in den wolkenlosen Himmel. Auch dort: kein Cal. Nur das Flattern von schwarzen Raben, begleitet von ihrem heiseren Krächzen. Die Morgentemperatur an diesem späten Frühlingstag war immer noch angenehm kühl, aber die Wärme der Sonne zog nichtsdestotrotz bereits Insekten an – Bienen, Mücken, Fliegen und die verdammten Moskitos.
    Er klopfte nochmals und drehte dann am Türknauf, der sich, was keine Überraschung war, nicht bewegen ließ. Auf seiner Uhr war es jetzt zehn Minuten nach neun.
    Vittons Auffahrt war leer.
    Was bildete der Typ sich eigentlich ein, die Polizei auflaufen zu lassen? Cal musste ein richtiger Idiot sein zu glauben, dass sich Decker durch so ein plumpes Ausweichmanöver entmutigen ließe. Wütend kritzelte er auf die Rückseite seiner Visitenkarte, er würde sich wieder melden! Den Punkt des Ausrufungszeichens stach er förmlich in die Karte, und er war nur noch zwei Schritte von seinem Auto entfernt, als ihm etwas einfiel.
    Zum Haus gehörte eine Einzelgarage, verschlossen mit einem Holztor, in das ein kleines Fenster eingelassen war. Decker drehte sich um, ging die leere Auffahrt hinauf und warf einen Blick in die Garage. Drinnen stand ein alter schwarzer Pick-up, gleich neben einer Werkbank.
    Würde ein Typ wie Vitton zwei Autos besitzen?
    Decker inspizierte den grauen Zementboden vor der Garage. Er war zwar nicht gerade makellos rein, aber frei von Ölflecken und anderen Spuren.
    Wieder blickte er sich um, während sein Gehirn ein Feuerwerk an Vorschlägen abfackelte.
    Jemand könnte den alten Mann abgeholt haben.
    Cal konnte auf einem Spaziergang unterwegs sein.
    Aber eins beunruhigte Decker: Cal war in erster Linie Polizist. Und Vollblut-Ermittler wie er verpassten keine Verabredungen ohne jede Erklärung. Wenn Vitton nicht gewollt hätte, dass Decker antanzt, dann hätte er ihn angerufen und genau das gesagt. Und wenn es einen Notfall gegeben hätte, dann hätte Cal auf Deckers Handy eine Nachricht hinterlassen. Nicht aufzukreuzen war verantwortungslos und – viel schlimmer – feige. Calvin Vitton war Decker ganz sicher nicht als Feigling in Erinnerung geblieben.
    Weiter hinten gab es ein circa ein Meter achtzig hohes Gartentor, das den vorderen Bereich des Grundstücks vom hinteren trennte. Decker schaute über das Tor und bemerkte, dass es mit einem Riegel gesichert war. Als niemand auf laute Rufe reagierte, entschied Decker, über das Tor zu klettern. Auf einer angrenzenden niedrigen Mauer konnte er sich zwar mit dem Fuß leicht abstoßen, aber seine Hände hatten die Hauptarbeit zu leisten, seine schwere Gestalt hochzuhieven.
    Einmal hoch und nichts wie runter.
    Er landete ungeschickt auf seinem rechten Fuß, aber nach ein paar Schritten und Beinschüttlern war alles wieder in Ordnung.
    Vittons Hinterhof war schmal und staubig und endete an einem Abflusskanal, abgeschottet nur durch Maschendraht. Decker linste durch den Zaun und sah flache Pfützen, die in der Sonne warm wurden. Das stehende Wasser war grün vor Algen und weiß vor Moskitolarven. In Gedanken notierte er sich, die Kammerjäger zu benachrichtigen, da die Gegend sonst eine Plage zu erwarten hatte.
    Die Hintertür des Hauses war ebenfalls abgeschlossen. Decker klopfte lautstark an, aber der Lärm entlockte niemandem eine Reaktion. Er überprüfte die Fenster, doch er bemerkte nichts Auffälliges: Die Rollläden waren runtergelassen, nirgendwo Glassplitter, keine aufgebrochenen Schlösser, keine Anzeichen für einen gewaltsamen Einstieg.
    Er besann sich einen Moment, um nachzudenken.
    Die Sonne stieg immer höher, und Decker konnte die Hitze bereits in seinem Nacken spüren. Das Krächzen der Raben lag im Wettstreit mit dem Summen der Insekten – dem Summen von Dutzenden von Mücken, von Bienen auf der Suche nach Pollen, dem hohen Sirren von Moskitos. Und dem Brummen von Fliegen... jeder Menge Fliegen.
    Immer wieder vertrieb er die Biester weg von seinem Gesicht und betrachtete die Umgebung. Ein klappriger Liegestuhl mit ausgeblichenem Polster stand auf einem Fleck Fingerhirse. Ein paar mickrige Bäume verkümmerten entlang des Zauns von Vittons Grundstück. Ein Kugelgrill sah noch ziemlich funktionstüchtig aus. Daneben befanden sich ein weißer Tisch und weiße Stühle aus Plastik. Die Tischplatte war dick bedeckt mit Dreck und Vogelscheiße.
    Als Decker seine

Weitere Kostenlose Bücher