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Arglist: Roman (German Edition)

Arglist: Roman (German Edition)

Titel: Arglist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Aufmerksamkeit wieder auf das Haus richtete, bemerkte er, dass sich extrem viele Fliegen trichterförmig an einem der hinteren Fenster sammelten.
    Das war kein gutes Zeichen. Als Decker näher heranging, traf ihn der Geruch nach Verwesung so plötzlich wie ein Schlag.
    Er zwang sich auszuatmen und das Würgen zurückzuhalten.
    Jetzt wusste er, warum Cal ihm nicht geöffnet hatte.
    Er wählte 911.
     
    Die Regel war keineswegs idiotensicher, aber normalerweise nahmen Frauen Tabletten und Männer eine Waffe.
    Calvin Vitton hatte beides benutzt.
    Der Schuss hatte unter anderem ein Auge des alten Polizisten herausgesprengt. Sein Mund klaffte weit offen, genau wie sein anderes Auge. Auf dem Nachttisch stand ein leeres, offenes Glasfläschchen für Schlaftabletten, der Inhalt lag auf dem blauen Schlafzimmerteppich verstreut. Neben den Pillen lagen ein halbes Dutzend leere Bierflaschen. Seine rechte Hand war mit Schmauchspuren, Versengungen und Blutspritzern übersät. Die Smith & Wesson Kaliber 32 steckte zwischen Bettrahmen und Wand fest und befand sich etwa fünf Zentimeter von Cals Knien entfernt. Blut, das immer noch auf den Boden tropfte, hatte das weiße Laken rot gefärbt.
    Der Alte hatte dünnes graues Haar und blaue Augen, obwohl das verbliebene eher schwarz aussah, da die Pupille geweitet und starr war. Er hatte mal ein weißes Hemd und saubere Jeans getragen. Seine Füße waren nackt. Die Leichenstarre hatte eingesetzt, Totenflecke kündigten sich an. Warme Temperaturen konnten zwar den biologischen Verfall beschleunigen – beim Eintreffen der Polizei aus Simi Valley war es im Zimmer drückend heiß gewesen -, aber Decker hatte trotzdem das Gefühl, dass die Tat kurz nach seinem Anruf begangen worden war.
    Zwei Mitarbeiter der Rechtsmedizin – eine Frau und ein Mann – waren so weit fertig, um den steifen Leichnam in Plastik einzupacken. Der Fotograf des Tatorts hatte seine Arbeit beendet. Ein Kriminaltechniker staubte weiter alles ein, auf der Suche nach Fingerabdrücken, aber fast alle vermuteten einen Selbstmord. Cal hatte sich Alkohol und Pillen einverleibt, um sich zu betäuben. Bevor er dann ganz hinüber war, hielt er sich den Revolver an den Kopf... oder besser gesagt ins Gesicht. Vielleicht wackelte auch nur seine Hand, und er schoss sich deshalb das Auge raus. Es gab eine Pulverimprägnierung an der betroffenen Stelle, aber das Pulver hatte weit gestreut. Die Ermittler waren der Meinung, dass das Ende des Laufs beim Schuss ungefähr fünfzehn Zentimeter vom Ziel entfernt war.
    Simi Valley gehörte als eigenständige Gemeinde zum Verwaltungsbezirk von Ventura County, und obwohl sie in Sachen Feuerwehr einen Vertrag mit dem County hatte, wurde die Stadt von Simi Valleys eigener Polizei überwacht. Die auf diesen Fall angesetzte Polizistin, Shirley Redkin, war ein feenhaftes Wesen mit kurzen schwarzen Haaren und großen dunklen Augen. Selbstmord wurde so lange wie Mord behandelt, bis der Coroner seine Entscheidung getroffen hatte. Sie schlug den Deckel ihres Notizblocks zurück und zeigte dann auf das offene Glasfläschchen. »Erst die Pillen, und als das nicht funktionierte, nahm er die Waffe dazu.«
    »Es sieht irgendwie inszeniert aus«, meinte Decker.
    »Ja, das Ganze wirkt übertrieben dramatisch mit den Pillen und dem Alkohol und der Waffe. Aber sich selbst zu töten ist auch eine ziemlich dramatische Handlung.«
    »Natürlich.«
    »Können wir den Anruf noch einmal rekapitulieren?«, fragte sie Decker. »Ich werde das Gefühl nicht los, irgendwas nicht mitbekommen zu haben.«
    »Willkommen im Klub«, erwiderte Decker. »Ich hatte keinen einzigen Moment den Eindruck, dass der Mann so weit war, sich abzuknallen. Er wirkte eher wütend als aufgewühlt.«
    »Wütend über was?«
    »Dass ich den Bennett-Little-Fall mit ihm durchgehen wollte.« Er erklärte ihr die Situation. »Die Akte lag viele Jahre im Stapel der ungelösten Fälle. Ich glaube, der Mann hat das persönlich genommen.«
    »Jeder bei der Mordkommission hat seine ungelösten Fälle.«
    »Dieser hier war vielen bekannt... er wurde in den Zeitungen breitgetreten. Vielleicht empfand jemand wie Vitton das als persönliches Versagen.«
    »Warum hat er sich dann gerade jetzt erschossen?«
    »Vielleicht wollte er sich die Demütigung ersparen, sollte der Fall gelöst werden.«
    »Hat er Ihre Arbeit behindert?«
    »Er war ganz offensichtlich nicht daran interessiert, alte Leichen auszugraben. Vielleicht steckte er tiefer in der Sache drin, als

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