Arglist: Roman (German Edition)
»Ich bin immer vorsichtig«, wiederholte er, »und ich weiß, auf wen – oder was – ich mich einlasse.«
»Das hoffe ich.« Sie biss sich auf die Lippe. »Sorg einfach dafür, dass, wenn jemand zu Fischfutter verarbeitet wird, er es ist, und nicht du.«
Decker hob siegessicher den Daumen. Sobald sie die Küche verlassen hatte, wählte er die Nummer seiner älteren Tochter. »Hey, hab gehört, du hast angerufen.«
»Ja, warte mal kurz.« In der Leitung wurde es still, aber die Verbindung brach nicht ab. Im Hintergrund rauschte Verkehrslärm. »Hörst du mich?«
»Du bist draußen, vor dem Revier?«
»Ja, deshalb fasse ich mich kurz. Rip Garrett hat Wind bekommen von deiner Rumstocherei im Ekerling-Fall. Er und Tito sind sauer. Dachte mir, du wüsstest das vielleicht gerne.«
»Stehst du unter Beschuss?«
»Nein, weil ich so tue, als wäre ich auf ihrer Seite. Als sie mich demonstrativ zur Rede stellten – und du wusstest, dass es dazu kommen würde -, habe ich ihnen sofort angeboten, dich anzurufen und zu fragen, was du da machst. Ich wusste natürlich, was du da machst. Später habe ich Tito und Rip erzählt, dass du an einem ungelösten Fall arbeitest, dir aber nicht in die Karten sehen lassen wolltest. Dann habe ich so was gesagt wie: ›Das ist mal wieder typisch, mein Dad liebt es, seine Nase in alles reinzustecken. Soll ich ihm etwas ausrichten? ‹ Und darauf sagten sie: ›Sag ihm, er soll uns anrufen, wenn er was wissen will, und aufhören, sich wichtigzumachen. ‹ Daher der Anruf.«
»In der Akte steht nichts, was ich nicht von Marilyn Eustis hätte erfahren können.«
»Die, ganz nebenbei, der Grund für deinen Kummer ist. Sie hat sich bei Rip gemeldet und ihm erzählt, du würdest nach anderen Verdächtigen als Geraldo Perry und Travis Martel Ausschau halten. Sie wollte wissen, was das zu bedeuten habe. Das kam nicht gut bei ihm an.«
»Ich werde Garrett und Diaz anrufen. Danke für die Vorwarnung, und es tut mir leid, dass ich dich in die Sache hineingezogen habe. Ich übernehme jetzt.«
»Das hoffe ich sehr, denn ich soll mit den Typen zusammenarbeiten. Und wenn irgend so ein Mistkerl mir seine Waffe an den Kopf hält, möchte ich nicht darüber nachdenken müssen, ob mein Partner mich mag oder nicht.«
Wenn Marge eins war, dann effizient, denn sie hatte ihre Notizen vom Flughafen in Ohio bereits um sechs Uhr morgens Ortszeit auf den Server gestellt. Bis sie in Deckers Büro stand, hatte er sie bereits zweimal gelesen und Vermerke dazu geschrieben. Er betrachtete seinen Lieblings-Sergeant in ihrer blauen Jacke, einem vanillefarbenen Top, brauner Hose und flachen Schuhen. Ihr Gesicht strahlte, und sie sah geradezu munter aus für jemanden, der bis ein Uhr morgens plus ungünstiger Zeitverschiebung wach gewesen war.
»Ich habe im Flugzeug geschlafen«, klärte sie ihn auf. »Durch zwei Schlaftabletten, die ich gleich nach dem Start genommen habe, bin ich erst bei der Landung wieder aufgewacht. Drogen haben ihren Sinn... zumindest die legalen.« Sie deutete auf die Notizen. »Was denkst du darüber?«
»Mir fallen ein paar Sachen ein.«
»Schieß los.«
»Warum erzählt Darnell, er war mit Rudy Banks im Schulchor, wenn sich ihre Schuljahre gar nicht überschneiden?«
»Ein eindeutiger Aussetzer seines Ehrlichkeits-Radars oder einfach nur ein Fehler.«
»Bist du dir sicher, dass die Daten stimmen?«
»Nein, bin ich mir nicht, deshalb überprüfe ich alles noch einmal. Im Moment sieht es so aus, dass Rudy ein Jahr vor Darnells Schulantritt von der Schule abging.«
»Könnten sie in einem Gemeindechor zusammen gesungen haben?«
»Darnell hat nichts von einem Gemeindechor gesagt. Die zweite Sache, die Mr. Arlingtons Protokoll als vorbildlicher Nachbar stört, ist eine kleine Notlüge. Wie sollte er sich nicht an Cal Vitton erinnern?«
»Und es ist eine bescheuerte Lüge, weil das Gespräch in den Akten vermerkt ist.«
»Ganz offensichtlich will er sich von dem Mord distanzieren.« Marge kritzelte ein paar Zahlen auf ihren Block. »Wenn ich richtig rechne, wurde Ben Little fünf Jahre nach Rudys Schulabbruch ermordet. Zu diesem Zeitpunkt war Arlington in der Abschlussklasse und lebte in Ohio, wohingegen Rudy und Primo in Los Angeles Alben als die Doodoo Sluts aufnahmen.«
»Wenn Darnell behauptet«, überlegte Decker, »dass ihm Rudy Banks’ Name bekannt vorkommt, dann kennt er den Kerl auch. Die Nummer mit dem Schulchor war ihm gleich zuerst eingefallen. Also müssen wir uns
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