Arglist: Roman (German Edition)
respektierte. Glück für Banks. Sonst hätte ich ihm die Eier abgerissen.«
Er knetete seine Hände.
»Hören Sie, ich weiß, dass Sie hier sind, um Informationen zu sammeln, aber bitte bringen Sie das Thema nicht vor Cal J zur Sprache. Er hat ewig gebraucht, um über das Trauma hinwegzukommen. Da ist nicht nur Rudy, sondern auch das Coming-out vor meinem Vater. Es scheint ihm jetzt gut zu gehen. Er soll nicht wieder leiden. Mal ganz ehrlich, wer will denn noch darüber reden?«
Decker nickte. »Ich habe gehört, dass Rudy vor dem Abschluss von der Schule abging.«
»Er wurde rausgeschmissen.«
»Wegen der Sache mit Ihrem Bruder?«
»Deswegen und wegen Millionen anderer Dinge.«
»Wer hat ihn rausgeschmissen? Dr. Ben?«
»Wahrscheinlich die gesamte Schulverwaltung. Was hat das alles mit dem Tod meines Vaters zu tun?«
»Ich glaube, dass Rudy Banks in Littles Tod verwickelt ist, aber ich weiß weder wie noch warum. Komplizierter wird das Ganze auch dadurch, dass Rudy schon mindestens fünf Jahre nicht mehr auf der Schule war, als Little ermordet wurde, und warum sollte er so lange mit dem Mord warten? Hat Ihr Vater Rudy Banks je im Fall Little verdächtigt?«
»Mein Vater hat den Fall nicht mit mir diskutiert. Ich war damals bereits ausgezogen. Aber wenn es einen Grund gegeben hätte, Rudy zu verhaften, dann bin ich mir sicher, mein Vater hätte es getan. Er hasste Rudy, und das nicht nur wegen Cal. Rudy steckte andauernd in Schwierigkeiten.«
»Sie meinen also, dass Banks wahrscheinlich nichts mit dem Little-Fall zu tun hat. Ansonsten hätte Ihr Vater ihn auf der Stelle verhaftet.«
»Vielleicht hat er ihn ja verdächtigt, aber ohne Beweise in der Hand. Alles, was ich sage, ist: Hätte es Beweise gegeben, wäre mein Dad ihm an die Gurgel gegangen. Er hasste Banks.«
»Und Rudy hasste Ihren Vater?«
»Rudy hasste jeden.«
»Auch Ben Little?«
»Ganz bestimmt auch Ben Little. Little war immer an ihm dran. Aus gutem Grund.«
»Der Mord damals sah ganz nach einem professionellen Killer aus. Hätte Banks so was arrangieren können?«
»Klar. Banks hat an der Highschool lange Zeit Drogen verkauft. Er kannte mit Sicherheit jede Menge zwielichtige Gestalten.«
»Hatte er Geld, um das zu bezahlen?«
»Als Little ermordet wurde, hatten die Doodoo Sluts schon ein paar Hits gelandet. Er sollte Geld gehabt haben.«
»Soweit ich weiß, landete das meiste davon in seiner Nase oder Lunge. Zumindest hat mir das eins der Bandmitglieder erzählt.«
»Ein Teil davon bestimmt. Aber woher soll ich das wissen.«
Decker hatte plötzlich eine Eingebung. »Und woher wissen Sie, dass Rudy mit Drogen gedealt hat?«
»Bekannte von mir haben Haschisch von ihm gekauft.«
»Kannten Sie einen Jungen namens Darnell Arlington?«
Vitton schüttelte den Kopf. »Nein, der Name sagt mir nichts. Wer soll das sein?«
»Er war auch auf der North Valley, ist allerdings viel jünger als Sie. Er war eins der schwarzen Kinder, die freiwillig von weit her mit dem Bus zur Schule gebracht wurden. Er zählte zu Ben Littles Wohltätigkeitsprojekten.«
»Tut mir leid, aber von dem habe ich nie etwas gehört.«
»Er dealte auch mit Drogen. Vielleicht kannte er Rudy Banks. Hat Banks nach seinem Schulabgang immer noch Drogen unter die Leute gebracht?«
»Ehrlich gesagt, Lieutenant, weiß ich nicht, ob er’s tat oder nicht. Ich hab mich, so schnell ich konnte, vom Acker gemacht und nie wieder zurückgeblickt.«
27
Zwischen dem Gedenkgottesdienst und seinem spontanen Treffen mit Genoa Greeves und all seinen anderen regulären Verpflichtungen war Decker ein Nervenbündel. Seine Gedanken produzierten Ideen und Theorien am laufenden Band, gepaart mit Bedenken, wie er einen vernünftigen Dienstplan aufstellen sollte, wo doch die Monate rasend schnell vergingen und die Sommerferien nahten. Als er zu Hause ankam, wollte er nur noch seine Klamotten loswerden, unter eine heiße Dusche springen und ins Bett fallen.
Rina hingegen war zum Ausgehen bereit – in einem kurzärmeligen pinkfarbenen Pulli und braunem Wildlederrock. Sie trug Schmuck und hatte sich geschminkt. Und die Küche ließ erst recht keinen Zweifel aufkommen: Sie war dunkel, und es duftete nach rein gar nichts.
»Hannah schläft bei Aviva, und da dachte ich mir, wir könnten mal wieder ausgehen.« Sie sah ihn kritisch an. »Oder ich zaubere uns besser hier etwas.«
»Nein, nein, nein.« Decker brachte ein Lächeln zustande. »Wir gehen aus, und zwar richtig.«
Rina erwiderte
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