Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)
wissen. Solveigh wollte, dass Matteo Taccola bezahlte für das, was er getan hatte. Sie warf einen Blick auf die Uhr. In weniger als einer Stunde begann die erste Razzia. Und sie hatte eine Verabredung mit den Kollegen. Matteo Taccola würde warten müssen.
KAPITEL 63
Dortmund, Deutschland
Freitag, 26. Juli 2013, 8.19 Uhr (wenige Stunden später)
Lila hörte Schreie aus der Küche. Gehetzte Worte und das Geklapper von Schubladen, die hastig auf- und zugeschmissen wurden. Auf Zehenspitzen schlich sie zur Tür und öffnete sie einen Spalt. Zum ersten Mal, seit sie hier eingezogen waren, stand die Haustür offen. Ein Mann in einem blauen Overall trug eine Kiste hinaus und vergaß, die Tür hinter sich zuzuziehen. Lila rannte zum Schrank und kramte ihre Tasche heraus. Vielleicht war jetzt die einzige Gelegenheit. Die Chance, auf die sie seit Tagen wartete. Sie hatte beschlossen, sie sich nicht entgehen zu lassen. Sie musste Ioana wiederfinden. Und alles, was sie hatte, waren die Autonummer des Mannes, der sie abgeholt hatte, und sein Bild, das sich ihr ins Gedächtnis gebrannt hatte: sein Humpeln, seine angelegten Haare und der Geruch. Lila zog ihre alten Turnschuhe an, die sie noch aus Moldawien mitgebracht hatte. Gegenüber den neuen Schuhen, die ihnen Radu in Bukarest geschenkt hatte, sahen sie zwar elendig aus, aber wenigstens waren sie leise. An der Tür lauschte sie nach Valentina. Sie hörte sie in der Küche telefonieren. Sie sprach Deutsch, aber es war nicht zu überhören, dass sie aufgebracht war. Irgendetwas musste passiert sein. Lila schlich über den Flur und warf im Vorbeigehen einen Blick in das Zimmer von Mascha und Zalina. Beide lagen in ihren Betten und hatten die Decken über ihre Köpfe gezogen. Lila zischte in ihre Richtung. Keine Reaktion. Sie lief bis zum Türrahmen und flüsterte: »Mascha! Zalina!« Beide senkten die Decken und starrten sie an. Lila deutete mit dem Zeige- und Mittelfinger eine Laufbewegung an. Die beiden schüttelten den Kopf. Plötzlich hörte sie ein lautes Fluchen aus der Küche. Valentina. Lila hechtete ins Zimmer und versteckte sich hinter der Tür. Valentina stolperte auf dem Flur an ihr vorbei. Ein letzter Blick zu Mascha und Zalina. Sie taten ihr leid, aber sie durfte sich nicht aufhalten lassen. Vielleicht brachte das, was passiert war, etwas Gutes für die beiden. Lila konnte das Risiko nicht eingehen. Sie spähte um die Ecke zur Tür. Die Luft war rein. Dann lief sie zur Eingangstür, raste das Treppenhaus hinunter, bis sie die Freiheit riechen konnte. An der Haustür hielt sie ein weiteres Mal inne und vergewisserte sich, dass der Mann mit der Kiste nicht zurückkam. Er stand ein Stückchen die Straße hinunter auf dem gegenüberliegenden Gehsteig vor einem Transporter und rauchte mit einem anderen Mann. Sie blickten nicht einmal in Lilas Richtung, als sie um die Ecke verschwand.
Lila war keine zehn Meter weit gekommen, als plötzlich dunkle Limousinen an ihr vorbeirasten. Ihr Tempo schien Lila halsbrecherisch, und instinktiv duckte sie sich hinter ein parkendes Auto. Reifen quietschten direkt vor dem Haus, das sie vor wenigen Sekunden verlassen hatte. Lila schlich zurück zur Ecke und riskierte einen Blick. Vermummte Gestalten mit automatischen Waffen stiegen stumm aus den vier Wagen, ihre Gewehre klackten beim Durchladen im Akkord. Lilas Herz pochte gegen die Backsteine der Hausmauer. Zwei von ihnen liefen geradewegs zu dem Lastwagen mit den beiden Blaumännern, acht stürmten ins Haus, und zwei weitere blieben unten am Eingang stehen. Auf ihren Rücken stand Polizei, was Lila selbst ohne den gleichen Wortstamm im Rumänischen begriffen hätte. Die Polizisten agierten erstaunlich leise. Keine Befehle wurden gebellt, kein einziger Schuss wurde abgegeben. Sie fielen ein wie ein Schwarm stummer Raben. Lila hörte Sirenen, die sich von der Hauptstraße näherten. Erneut suchte sie hinter einem der parkenden Autos Schutz, bis die Kolonne an ihr vorbeigefahren war. Drei weitere Limousinen mit Blaulicht auf den Dächern bremsten im letzten Moment und blockierten die Straße. Als Erste stieg eine Frau in einem Männeranzug aus einem der Wagen. Hellblaue Bluse und dunkle, leicht gewellte Haare. Sie blickte kurz in Lilas Richtung, ihre Augen waren ungewöhnlich hell, vor allem für ihre dunkle Haarfarbe. Sie nickte den zwei vermummten Polizisten vor dem Hauseingang zu, als sie hineinging. Offenbar hatte sie etwas zu sagen, was Lila erstaunlich fand, denn in Moldawien
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