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Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Titel: Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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Umweg über den Gärtnerplatz, um nachzudenken. Gegenüber Adelheid Auch bezeichnete er diese Form seiner Spaziergänge als assoziative Investigation, was mehr nach Arbeit klang und sich besser anhörte, wenn jemand nach ihm fragte. »Der Herr Regen ist spazieren gegangen«, konnte sie ja schlecht sagen. Obwohl sich Paul fragte, warum das eigentlich nicht gehen sollte, wenn es der Aufklärungsquote dienlich war. »Der Herr Regen arbeitet an einer assoziativen Investigation«, hörte sich trotzdem professioneller an, und Paul Regen wusste, dass eine gute Formulierung bei vielen deutschen Beamtenseelen den Unterschied zwischen Zweifeln an seiner Zurechnungsfähigkeit und ehrlich empfundenem Respekt ausmachte.
    Am Reichenbachplatz querte er die Straße bei Rot und dachte an den Arm. Ein Arbeiter? Paul Regen blieb stehen. Die Tram war hier die letzten Monate ausgefallen, weil sie an der Fraunhoferstraße die Gleise erneuerten. Hatte sein Arm einem Bauarbeiter gehört? Möglich, dacht Paul Regen. Aber wieso überhaupt wurde der Mann getötet? Oder wurde ihm der Arm entfernt? Könnte eine Tram einen Arm abtrennen, dass es wirkte, als sei eine Chirurgensäge verwendet worden? Das war natürlich Unsinn. Aber der Unsinn gehörte ebenso zu seinen Assoziationsketten wie das Sinnvolle. Letzteres konnte Fälle lösen, an denen sich alle die Zähne ausgebissen hatten.
    Andererseits hatte in dem Bericht nichts davon gestanden, dass der Arm lädiert gewesen war, und wenn es ein Unfall gewesen wäre, hätte ja der Arm, der amputiert worden war, lädiert sein müssen, sonst hätte ihn ja kein Arzt amputiert, oder nicht? Also war doch der Mann gestorben, bevor sie ihm den Arm abgesägt hatten? Paul setzte sich wieder in Bewegung und hätte fast den Schirm eines Kinderwagens abgerissen, der sich in seiner Käsetüte verhakt hatte. Er entschuldigte sich bei der Mutter, die aussah, als arbeite sie für ein Modemagazin, was vermutlich auch zutraf. Doch ein Gewaltverbrechen? Er betrachtete die Frau hinter dem Kinderwagen in ihrem Sommerkleidchen und stellte fest, dass die Temperaturen ausgesprochen positive Nebenwirkungen mit sich brachten.
    Auf dem Gärtnerplatz schienen sich die positiven Nebenwirkungen der Sommersonne exponenziell zu vermehren. Paul Regen lief einmal um den Platz herum vorbei an der Baustelle des Theaters, die aussah, als gälte es, das Kolosseum neu zu errichten. Zwei größenwahnsinnige Bagger schaufelten selbst am Samstag ihr Geröll, und Kräne zwirbelten ihre Stahlträger hoch über die Dächer. Und wenn es doch ein Unfall gewesen war und der Tote einen Organspendeausweis besessen hatte? Dann hätte er möglicherweise auch das Kreuz bei der Verwendung für wissenschaftliche Zwecke gesetzt. Dann wäre es noch möglich, dass ein anderer Körperteil verletzt worden war, zum Beispiel, indem etwas von einem Kran heruntergestürzt war. Natürlich nur als Beispiel. Möglich war es. Aber wie war der Arm in die Plastiktüte gekommen? Und vor allem, warum? Paul lief durch das Currywurst-Dreieck an der Fraunhoferstraße, in dem zwischen drei Buden ein regelrechter Krieg tobte, und geriet kurz in Versuchung aufgrund der von ihm vorgelegten Gesundheitsmahlzeit am Markt. Ohne dem verlockenden Duft nachzugeben, lief er die Klenzestraße hinunter, vorbei an der Schule, die an entsprechenden Sonntagen zum Wahllokal umfunktioniert wurde. Wäre es möglich, dass der Arm ein Streich gewesen war? Ein besonders makabrer natürlich, möglicherweise unter Studenten? Er erinnerte sich daran, vor Jahren gelesen zu haben, dass in der Pathologie der Kölner Universitätsklinik mehrere Fässer mit Leichenteilen einfach im Keller gestanden hatten. War so etwas möglich? Vielleicht war sein Arm doch nicht ein ganz so großes Rätsel, dachte Paul Regen, als er die Haustür aufschloss. Vielleicht war es einfach nur ein Studentenstreich? Wem würde es überhaupt gelingen, einen 1,95 Meter großen Mann umzubringen? Entgegen der landläufigen Annahme war es gar nicht so leicht, jemanden zu ermorden, es sei denn, man besaß eine Schusswaffe. Und selbst dann sollte man mit ihr besser umgehen können als Paul Regen, der Schusswaffen nicht mochte. Nicht, dass es bei den Meetings zur Einführung des Erkennungsdienstes Digital besonders gefährlich zuging. Immerhin hatte er einige Ideen, und auf Adelheid Auch wartete am Montag eine ganze Menge Arbeit. Ein Studentenstreich?, fragte Paul Regen, als er die Tüten in der Küche abstellte und lächelte. Wir

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