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Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Titel: Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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paneuropäische Polizeibehörde analysiert hatte, ergab sich ein klareres Bild. Zwar hatten sie sich auch mit einigen ausländischen Geheimdiensten, allen voran den Russen, in den letzten Jahren das ein oder andere Scharmützel geliefert, aber ein staatlich sanktionierter Angriff auf eine EU-Behörde konnte wohl ausgeschlossen werden. Und für politisch motivierte Terroristen gab es lohnendere Ziele als ausgerechnet die verschwiegene ECSB. Die Gruppierungen, denen sie den meisten Schaden zufügten, und zwar beinah täglich, stammten aus den Kreisen des organisierten Verbrechens. Solveigh war mittlerweile überzeugt, dass eines der großen Syndikate hinter den Anschlägen steckte. Die Russen, die Ukrainer, die Italiener, möglicherweise auch ein chinesisches. Sie alle verloren durch die Effektivität der ECSB bares Geld. Wenn der EU der einzige international operativ tätige Arm abgehackt wurde, hätten sie die nächsten Jahre freie Bahn für ihre illegalen Geschäfte.
    Solveigh blieb vor einem Modegeschäft stehen und starrte ins Schaufenster. Sie hatte sich getäuscht, oder nicht? Sie beobachtete die andere Straßenseite in der Spiegelung der Scheibe. Eine Frau mit einem langen blauen Mantel eilte vorbei. Waren es ihre Schritte gewesen, die Solveigh gehört hatte? Langsam litt sie an Verfolgungswahn. Es gab keinerlei Verbindung von der ECSB zu ihrer neuen Wohnung, und sie hatte jedes Mal einen Umweg genommen, nur um sicherzugehen. Als sie sich von der Scheibe löste, klingelte ihr Handy.
    »Eddy, was gibt’s?«, fragte sie.
    »Ich hab ihn!«, sagte er.
    Solveigh hörte ihre eigenen Schritte auf den Pflastersteinen. Wirklich nur ihre eigenen? Sie hatte keine Hand frei, um sich zu vergewissern, dass die Jericho im Schulterholster steckte. Natürlich steckte sie. Seit dem Anschlag verließ Solveigh das Haus niemals ohne Waffe.
    »Sag bloß, du hast richtig gelegen mit dem Typ von der Fassadenreinigung?«
    Mit den Tüten in der einen und dem Handy in der anderen Hand würde sie niemals schnell genug ziehen können. Was, wenn jemand sie doch gefunden hatte? Sie hastete um die nächste Ecke, so gewann sie wenigstens ein paar Sekunden, in denen ein Verfolger kein freies Schussfeld hätte. Ein Motorroller knatterte vorbei.
    »Er war es nicht alleine, Slang«, sagte Eddy.
    Solveigh rannte bis zur nächsten Brücke und schlug dann einen Haken nach links, zurück in die Richtung aus der sie gekommen war.
    »Und für wen arbeitet er? Für die Russen?«, keuchte sie.
    »Slang, was ist los?«, fragte Eddy.
    »Ich weiß nicht. Vermutlich nur Einbildung, ich bin gleich da«, sagte sie und legte auf. In einem dunklen Hauseingang stopfte sie das Handy in die Hosentasche, stellte die Tüten auf den Boden und griff nach ihrer Waffe. Sie lauschte in die Nacht. Ihr Herz pumpte lauter als das Stimmengewirr von dem Hausboot, das vor der Brücke an der Gracht lag und dessen Bewohner eine Party feierten. Die Schritte waren verschwunden. Mit der Waffe in der rechten Hand griff Solveigh mit der linken nach den Tüten. Sie hatte es sich doch nur eingebildet, oder nicht?

KAPITEL 16
München, Deutschland
Donnerstag, 20. Juni 2013, 10.04 Uhr (zwei Tage später)
    »Es ist schon fünf vor zehn, Herr Regen«, sagte Adelheid Auch. Paul Regen stand mit der Akte zum Arm unterm Arm in der Tür zwischen ihren Büros.
    »Ich weiß«, sagte er.
    »Sie haben einen Termin. Bei ihm«, sagte sie.
    »Ich weiß«, sagte Paul Regen und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Dann machte er sich auf den Weg zu Kriminaldirektor Wochinger, von der grünen Villa, in der sein Büro lag, einmal über den Hof. Die Villa, eine baufällige ehemalige Infanteriekaserne, verdankte ihren Namen nur der Scheußlichkeit des Gesamtarrangements an der Maillinger Straße.
    Als er das Vorzimmer seines Chefs im vierten Stock des C-Baus betrat, versuchte er unauffällig festzustellen, ob der Fisch ihn noch an seinem Spätwerk teilhaben lassen würde. Wenn er sich nicht täuschte, lag noch ein Hauch von Verwesung in der Luft. Von toten Algen in der Sonne und angespülten Eingeweiden eines Riesenkalmars.
    »Komm rein, Paul«, sagte Klaus Wochinger und winkte ihn zu sich heran. Die Gute-Laune-Strategie, die schlechteste aller Großwetterlagen.
    Paul blieb in der Mitte des Raumes stehen und lehnte sich an die Glasplatte des riesigen Konferenztischs mit Blick auf die Stadt. Unter ihm fuhren die Münchner zur Arbeit oder in ihr kuscheliges Zuhause. Sie ahnten nichts von seinem Fall oder

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