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Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Titel: Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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blieb und sich eine Zigarette anzündete. Sie warf das Feuerzeug zurück auf die Fensterbank. »Esst!«, sagte sie. »Die Postkarten schreiben wir morgen.«
    Sie würden Postkarten nach Hause schicken dürfen? Lila dachte an ihre Bunică. Und an ihr Lächeln, wenn sie eine Postkarte von Lila aus Deutschland bekäme. Sie tauchte den Löffel in die Suppe und führte ihn langsam zum Mund. Es sah wie eine einfache Hühnersuppe aus, aber darin befanden sich auch Fleischstücke und Nudeln. Beim Umrühren entdeckte sie Gemüse und Zwiebeln. Es war eine unglaubliche Verschwendung. Und es schmeckte köstlich. Es war vermutlich die beste Suppe, die Lila jemals gegessen hatte. Außer vielleicht die eine auf der Hochzeit von Jiri, aber die war etwas ganz Besonderes gewesen – und Lila erst acht Jahre alt. Trotzdem hatte sie den Geschmack dieser Suppe nie vergessen. Wie reich musste ein Land sein, das seinen Besuchern als Willkommensgeschenk nachts um zwei diese Köstlichkeit anbot? Vielleicht hatte das Leben der betrunkenen Valentina übel mitgespielt, und ein schlimmes Schicksal hatte sie so verhärmt werden lassen. Denn immerhin servierte sie ihnen diese Suppe. Und wer solch eine Suppe kochen kann, kann kein schlechter Mensch sein.

KAPITEL 46
München, Deutschland
Freitag, 12.Juli 2013, 18.34 Uhr
(am Abend desselben Tages)
    Paul Regen passierte die Sicherheitsschleuse am Flughafen eine Stunde vor Abflug. Unter dem Glasdach des Terminals 2 hatte sich die Hitze des Tages angestaut, und er schwitzte, obwohl er statt mit einem großen Koffer nur mit seinem Weekender reiste. Paul Regen schätzte leichtes Gepäck, im Leben wie beim Reisen. Und natürlich verbrachte er das Wochenende vor seinem Termin mit Comisario Jaime Zubiri in der Sonne. Sosehr er sein München liebte, war nichts dagegen einzuwenden, sein Bier ausnahmsweise in einer anderen Stadt zu trinken, die zudem eine der liebenswertesten war, die er je besucht hatte. Flug LH 1816 brachte ihn nach Dienstschluss in Deutschland bis einundzwanzig Uhr dreißig nach Spanien, und um spätestens dreiundzwanzig Uhr würde er vor einer Auswahl Tapas und einem Bier an einer Bar sitzen. Er stellte die Ledertasche auf einen Stuhl vor Gate G 11 und holte sich am Ständer neben dem Kaffeeautomaten eine Süddeutsche. Wie immer las er zuerst das Streiflicht, das heute mit Walter von der Vogelweide um das Schmunzeln der Leser warb.
    Beim Boarding stellte Paul Regen fest, dass er einen Sitz mit extra viel Beinfreiheit ergattert hatte, und musste lächeln. Adelheid Auch war nicht nur eine brillante Rechercheurin, was ihre Fälle anging, sie wusste sogar, welche Plätze in einem Flugzeug die begehrtesten sind. Und das in der Holzklasse. Paul Regen beschloss, sie bei Gelegenheit nach ihrem Zaubertrick zu fragen. Der München-Teil der Süddeutschen lugte ungelesen hinter der Seite drei hervor, aber Paul dachte an die Unterlagen, die ihm Adelheid Auch zusammengestellt hatte und die noch in seiner Tasche schlummerten. Er seufzte und stellte fest, dass er wohl nicht umhinkam, den Flug und einen Teil seines Wochenendes mit Recherche zu verbringen. Paul Regen hatte lange bei der Sitte gearbeitet, teils als verdeckter Ermittler, aber er war nicht gerade ein ausgewiesener Experte, was Serienmörder anging. Falls sie es tatsächlich mit einem zu tun bekamen, würde er mehr aufbieten müssen als die paar Brocken von den Fortbildungen. Nicht, dass er erwartete, zum Profiler zu werden. Paul Regen würde den Fall so weit untersuchen, bis die Mordserie nachgewiesen war, und danach alles an kompetentere Kollegen übergeben. »Die Holmes-Typologie in der kriminologischen Praxis«, las Paul auf dem ersten Deckblatt. Es versprach, kein spannender Flug zu werden. Er sollte sich täuschen.
    Was Paul Regen bereits wusste: Der komplexeste Schritt zur Identifikation eines Serienmörders ist das Aufdecken der Mordserie an sich. Wie bei seinem Arm verlieren sich die meisten als Einzeltaten auf den Stapeln ungelöster Fälle der Polizeipräsidien. In Deutschland werden jährlich etwa 800 erfolgreiche Verbrechen gegen Leib und Leben im Jahr verübt. Das FBI schätzt, dass etwa ein Prozent aller Morde von Serienmördern begangen werden, was etwa acht in zwölf Monaten entspräche. Bei vielen Serienmördern liegen Jahre zwischen ihren einzelnen Taten, sodass davon auszugehen war, dass zu jeder Zeit etwa zehn von ihnen aktiv waren. Alleine in der Bundesrepublik. Für jedes weitere Land der EU galten ähnliche Quoten.

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