Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)
Auftritt, er weiß nicht, wie wichtig Sie für uns sind, Direttore. Machen Sie sich nichts daraus, er ist eben ein Hitzkopf. Wollen wir reingehen?«
»Ich habe äußerst wichtige Informationen«, wiederholte Fabio Lonzi, wie Solveigh ihm aufgetragen hatte, natürlich genau zum falschen Zeitpunkt. Er wirkte nervös. Dennoch war es möglicherweise besser, sich vorerst nicht einzumischen, dachte sie.
»Selbstverständlich«, sagte Sergio Taccola und legte den Arm um Lonzis Schultern. Er drückte ihn an sich. Es wirkte wenig freundschaftlich, eher wie der Druck eines Schraubstocks.
»Ruhig bleiben, Fabio. Stellen Sie sich einfach vor, er wäre ihr Bruder«, flüsterte Solveigh.
Sergio Taccola führte Lonzi auf die Terrasse des Anwesens, die Solveigh schon von den Fotos kannte. Die Aussicht war selbst mit der Auflösung der Minikamera beeindruckend. Die Konversation begann im Stehen und mit belanglosem Small Talk. Sie redeten über Politik, den großen Berlusconi und die wirtschaftliche Lage. Solveigh war erleichtert, dass sie nicht noch einmal eingegriffen hatte, denn der Direttore machte seine Sache gut. Er war zurückhaltend, sachlich und ignorierte alle aufdringlichen Vereinnahmungsversuche seitens der beiden Taccolas. Selbst Matteo, dessen Gesten stets aggressiv und einschüchternd wirkten, begegnete er mit einer professionellen Distanz, ohne sich ihm anzubiedern.
»Also, Fabio. Was führt Sie her?«, fragte Sergio Taccola, nachdem er Lonzi einen Drink angeboten hatte.
»Ich habe Informationen aus Brüssel«, sagte Fabio Lonzi nach einem Schluck Sanbitter.
»Brüssel?«, fragte Matteo. »Was haben wir mit Brüssel zu schaffen?«
»Halt die Klappe, Matteo!«, sagte sein Onkel. »Brüssel hat heutzutage auf alles Einfluss!«
Der Direktor des Finanzministeriums nickte zustimmend: »Zu unser aller Leidwesen.«
»Wir hätten vor zwei Jahren abwerten müssen«, sagte Sergio Taccola. »Es wäre schlecht für die Taccolas gewesen, aber gut für Italien. Und unser Land liegt uns mehr am Herzen als kurzfristiger Profit.«
»Deswegen bin ich hier«, sagte Lonzi.
Solveigh bemerkte, dass seine Hand zitterte.
»Sie machen das gut«, sagte sie. »Bleiben Sie einfach ruhig, es kann nichts passieren.«
Eine glatte Lüge. Was hätte sie tun können, wenn das Treffen aus dem Ruder lief? Mit ihrer Jericho in ein Haus mit einem bewaffnetem Mob stürmen? Sie hatten nicht riskieren können, eine Spezialeinheit zur Absicherung mitzunehmen. Nicht umsonst wurde nach vielen Mafiabossen in den Bergen von Kalabrien jahrelang gesucht. Für Fremde gab es hier nichts zu verstecken.
»Sie haben Informationen für uns, Fabio?«, fragte Sergio.
»Ja, aber die gibt es nicht umsonst«, sagte Lonzi.
Das war nicht abgesprochen. Solveigh verscheuchte eine Mücke von ihrem Handrücken.
»Was machen Sie da?«, fragte Solveigh gepresst.
»Tatsächlich?« Matteo beugte sich nach vorne. Solveigh konnte die Waffe unter seinem Jackett deutlich erkennen.
»Tatsächlich«, sagte Fabio Lonzi ruhiger, als Solveigh es von ihm erwartet hätte. Er war der geborene Pokerspieler. Möglicherweise hatte Solveigh ihn unterschätzt.
»Und was glauben Sie, was Ihre Information wert ist?«, fragte Sergio Taccola süffisant.
»Ich weiß, dass meine Information für Ihre Organisation mindestens eine Milliarde Euro wert ist.«
»Sie sind nicht bei Trost!«, sagte der Mafiosi.
»Ehrlich gesagt, macht mich Ihr Kollege hier etwas nervös. Ich kenne ihn nicht. Und ich gehe ein beträchtliches Risiko ein, indem ich überhaupt hierhergekommen bin.«
Druck, Gegendruck. Solveigh war tatsächlich beeindruckt.
In diesem Moment blickten beide Taccolas auf etwas, das außerhalb von Solveighs Blickfeld lag. In Richtung der Villa. Ihre Haltung wurde schlagartig defensiver. Das konnte nur eines bedeuten. Der Don. Adriano Taccola. Der Kopf der Krähen.
»Eine Milliarde Euro? Ich muss zugeben, das klingt lächerlich, Direttore Lonzi.«
Der alte Herr stakste, auf einen Stock mit silbernem Knauf gestützt, ins Bild und setzte sich zwischen seine Familie. Matteo und Sergio, zwei der mächtigsten Gangsterbosse Europas, senkten ihre Köpfe wie Schuljungen.
»Es klingt lächerlich, Signore Taccola«, sagte Fabio Lonzi. »Aber das ist es nicht.«
Solveigh beschloss, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als Fabio zu vertrauen. Er kannte die Gepflogenheiten der ’Ndrangheta besser als sie, und sie hatte nicht das Gefühl, dass er sie hinterging. Auch von ihren Experten in
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