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Aristos - Insel der Entscheidung

Aristos - Insel der Entscheidung

Titel: Aristos - Insel der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Reid
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Welle unbändiger Lust. Was zum Teufel ist nur los mit mir? dachte er, während er mit großen Schritten auf und ab marschierte. Wir sind seit fünf Jahren getrennt und haben uns die ganze Zeit nicht ein einziges Mal gesehen oder gesprochen!
    Außerdem hatte sie ihn verlassen und Aristos den Rücken gekehrt! Dass sie nach England zurückgehen würde, hatte sie ihm am Telefon eröffnet. Ohne ihm auch nur den Hauch einer Chance zu geben, sie zurück…
    „Verdammt noch mal!“, fluchte er erneut und beobachtete finster, wie die Lichter der Fähre sich langsam von der Insel entfernten. Dreißig Jahre war er alt, ein gestandener und kultivierter Mann – wieso nur fühlte er sich heute wieder wie der heißblütige Zweiundzwanzigjährige, der sich gerade unsterblich verliebt hatte?
    Was hatte das nur zu bedeuten?
    „Autsch!“ Ein Schmerzensschrei entfuhr Louisa, als sie in ihren offenen Sandalen über einen spitzen Stein stolperte und beinahe hinfiel. Wie blöd muss man eigentlich sein, um mitten in der Nacht auf die Idee zu kommen, einen Spaziergang zu machen? schimpfte sie in Gedanken mit sich selbst, während sie ihr Bein anwinkelte und ihren ramponierten kleinen Zeh rieb. Und wo zum Kuckuck bin ich gerade?
    Das schwache Licht des untergehenden Mondes bot nicht gerade eine üppige Wegbeleuchtung, sodass sie nur schätzen konnte, wie weit sie sich schon vom Hotel entfernt hatte.
    Nachdem diese absurde, aber hartnäckige Rastlosigkeit sie aus dem Bett und schließlich aus dem Hotel getrieben hatte, plante sie eigentlich nur kurz zum Meer hinunterzugehen. Keine Ahnung, wann sie auf den schmalen, steilen Pfad geraten war, der über die Hänge führte, wo die Bauern seit Jahrhunderten ihre Ziegen weideten.
    Irgendwann hatte sie einfach beschlossen, wach zu bleiben und den Sonnenaufgang anzuschauen; an Schlaf war ja heute Nacht eh nicht mehr zu denken. Und dann hatte sie sich auf den Weg zu einer Klippe gemacht, von wo aus sie früher so oft beobachtet hatte, wie der samtig schwarze Nachthimmel sich glutrot färbte, ehe er das tiefe Azurblau annahm, das so typisch für Aristos war.
    Nachdenklich an der Unterlippe nagend, fiel ihr plötzlich auf, dass es noch nicht einmal zu dämmern begann. Ob sie sich in der Zeit geirrt hatte? Angestrengt versuchte sie, die Zeiger ihrer Armbanduhr zu erkennen, doch selbst dazu war es zu dunkel.
    Vielleicht sollte ich besser umkehren, dachte sie seufzend.
    Aber sie wollte nicht umkehren! Wollte nicht wieder in die Stille des Hotelzimmers zurück, wo Gedanken und Gefühle über sie hereinbrachen, die sie schon lange nicht mehr haben durfte! Hier draußen konnte sie ihre Energie wenigstens auf das Laufen konzentrieren. Angst brauchte sie nicht zu haben. Sie kannte die Menschen auf Aristos – eher müsste sie noch in einem Kloster mit einem Überfall rechnen als hier.
    Allerdings wurde es langsam ein bisschen unheimlich, so ganz allein in der Finsternis auf einem steinigen Abhang herumzukraxeln. Wenn jemand sie dabei beobachtete, würde er sie vermutlich für verrückt halten. Oder mondsüchtig. Die Vorstellung brachte sie zum Lachen. Verrückt war es ja auch – aber sie fühlte sich herrlich frei und jung dabei!
    Auf einmal spürte sie, wie etwas Warmes ihre Schulter berührte. Erschrocken schrie sie auf. Keine Panik! Wahrscheinlich nur eine harmlose Fledermaus, redete sie sich selbst gut zu. Langsam und mit klopfendem Herzen drehte sie sich um. Fast hätte sie noch einmal aufgeschrien. Vor ihr stand ein großer breitschultriger Mann, der ganz und gar in gespenstisches Grau gekleidet war.

4. KAPITEL
    „Andreas!“, keuchte Louisa und presste eine zitternde Hand auf ihr wild hämmerndes Herz. „Du hast mich fast zu Tode erschreckt!“
    „Tut mir leid. Das war nicht meine Absicht“, sagte er entschuldigend.
    Dass er es geschafft hatte, sich ihr bis auf einen halben Meter zu nähern, ohne dass sie davon auch nur das Geringste bemerkt hatte, genügte, um ihr eine Gänsehaut über den Rücken zu jagen.
    „Was zum Teufel treibst du hier eigentlich?“, fragte er barsch. „Bist du jetzt völlig übergeschnappt? Nachts um halb vier ganz allein in den Bergen herumzukraxeln! Im Stockfinstern!“
    Halb vier? „Ich dachte, es wäre schon halb fünf“, murmelte sie. Wahrscheinlich hatte sie die Uhr falsch gestellt, als sie gestern in Athen gelandet waren.
    „Die eine Stunde macht ja wohl keinen großen Unterschied. Auch um halb fünf ist es noch dunkel.“
    „Aber nicht mehr lange“,

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