Aristos - Insel der Entscheidung
verteidigte sie sich schwach. „Ich wollte doch den Sonnenaufgang sehen.“
Als Antwort bekam sie nur ein verächtliches Schnauben, das keinen Zweifel daran ließ, was er von dieser Erklärung hielt. Dabei hatten sie die Sonnenaufgänge auf Aristos schon immer fasziniert. Daran musste er sich doch erinnern?
„Warum bist du eigentlich hier?“, fragte sie misstrauisch. „Du bist mir doch nicht gefolgt, oder?“
„Natürlich bin ich dir gefolgt“, knurrte er. „Ich habe ja auch nichts Besseres zu tun, als die ganze Nacht vor deinem Fenster zu lauern und auf den Moment zu warten, wo du etwas so Dummes tust, wie im Dunkeln auf den Klippen spazieren zu gehen.“
Sein sarkastischer Ton hatte gesessen. Beleidigt schob sie die Hände in die Taschen ihrer weißen Leinenhose und biss sich auf die Lippen.
„Ich war joggen“, brummte er schließlich.
Joggen? Das würde in der Tat die hellen Turnschuhe und den grauen Sportanzug erklären. Jetzt bemerkte sie auch, dass er noch immer schwer atmete. Kein Wunder, hier musste man die ganze Zeit bergauf rennen. Unwillkürlich stellte sie sich vor, wie sich die schweißgetränkte Baumwolle an seinen durchtrainierten Körper schmiegte, wie seine muskulöse Brust sich mit jedem keuchenden Atemzug hob und senkte.
„Unten am Strand“, fügte er hinzu.
„Verstehe“, erwiderte sie und stellte verwundert fest, dass sie auf einmal genauso außer Atem war wie er.
„Ich wollte gerade zur Villa zurücklaufen, als ich dich oben auf den Klippen entlangstolpern sah und … Hör auf, mich anzustarren, Louisa!“, unterbrach er sich selbst.
„Tu ich doch gar nicht!“ Warum fühlte sie sich dann so ertappt?
„Und ob!“
„Du spinnst! Es ist doch viel zu dunkel dafür.“ Bloß gut, sonst würde er jetzt sehen, dass ihr Gesicht feuerrot anlief! Wenn Andreas wüsste, dass er der Grund für ihren nächtlichen Ausflug auf die Klippen gewesen war. Dass sie es im Bett nicht mehr ausgehalten hatte, weil er sie bis in die Träume verfolgte …
„Ich gehe jetzt zurück“, verkündete sie entschlossen.
„Dann werde ich dich begleiten.“
„Nein, danke. Ich gehe lieber allein.“
„Kommt nicht infrage!“
„Verdammt noch mal, Andreas! Ich bin nicht deine Frau, also führ dich bitte auch nicht so auf!“
„So, so“, erwiderte er gelassen. „Und was bist du dann, wenn ich fragen darf?“
Wenn ich das wüsste! Frustriert seufzte Louisa auf. Jedenfalls nicht seine Frau! Aber auch kein Single, nicht wirklich frei.
Die Lippen energisch zusammenpressend, beschloss sie, diese Frage zu ignorieren, und marschierte einfach los. Schließlich musste sie ihn ja nicht um Erlaubnis fragen! So schnell sie konnte, stürmte sie den schmalen Pfad entlang und den Abhang hinunter. Sie wollte weg von ihm, weit weg – und wenn sie sich dabei sämtliche Knochen brach! Bevor sie wirklich etwas Dummes tat und ihm sagte, dass …
Abrupt brachte seine starke Hand, die sie fest am Handgelenk packte, zum Stillstand.
„Jetzt sei endlich vernünftig“, rief er barsch. „Dieser Weg ist gefährlich.“
Richtig, aber da gab es etwas, das noch viel gefährlicher war: einen Meter fünfundachtzig groß, atemberaubend gut gebaut, mit einem Gesicht, das selbst einer Nonne schlaflose Nächte bereiten würde! Und er war ihr so nah, dass sein männlicher Duft sie vollends aus dem Konzept brachte.
Verzweifelt versuchte sie, sich aus seinem Griff zu befreien. Wenn sie jetzt nicht ging, konnte sie für nichts mehr garantieren! „Bitte“, stieß sie mit rauer Stimme hervor. „Ich muss gehen.“
Unbändiges Verlangen loderte in ihr auf. Wäre sie doch bloß im Bett geblieben! Da verfolgten sie wenigstens nur ihre verbotenen Träume und die Erinnerung an ihren Kuss vor dem Hotel. Was jetzt die wildesten Fantasien in ihr hervorrief, war absolut real – und hielt sie noch dazu am Handgelenk fest!
Erneute versuchte sie, ihn abzuschütteln. „Lass mich los!“ Überzeugend hatte das nicht gerade geklungen! Wortlos zog er sie an sich.
Als sie seinen harten, vom Joggen erhitzen Körper an ihrem spürte, stockte ihr der Atem. Sie spürte den heftigen, unruhigen Schlag seines Herzens, hörte, wie er schluckte.
Eigentlich hätte sie protestieren, ihm Widerstand leisten müssen. Aber sie wollte nicht. Nicht, dass er sie losließ und erst recht nicht gehen. Nur an eines konnte sie noch denken …
Ein hilfloses Stöhnen entrang sich ihrer Kehle, dann gab sie ihren Instinkten nach, schlang einen Arm um seinen
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