Aristos - Insel der Entscheidung
dunkelhaarigen Mann sogar persönlich. Vor allem aber kannte er dessen Ruf, ein notorischer Casanova zu sein. Herrgott, der Typ sammelte Eroberungen wie andere Leute Briefmarken! Er musste unbedingt herausfinden, was es mit Louisas Beziehung zu ihm auf sich hatte!
Morgen würde er mehr wissen, doch im Augenblick fraß ihn die Vorstellung, dass irgendein anderer Mann seine Frau berührte, innerlich fast auf!
Als Louisa aus dem Badezimmer kam, war der schwarze Ledertrolley verschwunden und die Schlafzimmertür geschlossen. Unschlüssig griff sie sich in das nasse Haar. Eigentlich hatte sie ihren Föhn aus der Reisetasche holen wollen, aber wenn Andreas im Schlafzimmer auf sie wartete, würde sie darauf wohl verzichten. Für einen weiteren Streit hatte sie einfach nicht genug Energie.
Schließlich entschied sie sich, lieber in die Küche zu gehen. Auch wenn Andreas ihr den ganzen Nachmittag über Wasser eingeflößt hatte, war sie noch immer durstig. Und Hunger hatte sie auch. Während das Kaffeewasser zu kochen begann, durchstöberte sie den Kühlschrank und machte sich ein leckeres Sandwich. Langsam entspannte sie sich sogar ein bisschen. Gerade als sie sich mit ihrer Kaffeetasse und dem Teller an den Tisch setzen wollte, fiel ihr Blick auf die riesige gläserne Schiebetür, die auf die Terrasse hinausführte.
Den goldenen Strahlen der Abendsonne konnte sie einfach nicht widerstehen. Vorsichtig ihren Snack vor sich her balancierend, ging sie nach draußen, um ein wenig die herrliche Aussicht zu genießen. Die Villa lag oberhalb einer kleinen abgeschiedenen Bucht, und die untergehende Sonne hing tief über dem spiegelglatten Meer.
Nein, hier war sie noch nie zuvor gewesen! Seltsam eigentlich, denn Andreas hatte sie mit so ziemlich jedem einsamen Strand der Insel bekannt gemacht. Selbst mit jenen, die man nur vom Wasser aus erreichen konnte. Nachdenklich wandte sie sich um. Jetzt fiel ihr auf, dass rings um die Villa hohe schlanke Pinienbäume wuchsen. Auch wie groß das moderne weiße Gebäude war, hatte sie zuvor gar nicht bemerkt. Die vielen Panoramafenster erlaubten nicht nur eine atemberaubende Aussicht, sie verliehen dem Haus auch eine gewisse Offenheit. Hinter einem der Fenster musste das Schlafzimmer liegen, in dem sie geschlafen hatte, auch wenn sie vor lauter Übelkeit gar kein Fenster bemerkt hatte.
Sie setzte sich auf einen großen abgeflachten Felsen, trank einen Schluck Kaffee und biss in ihr Sandwich. Um sie herum zirpten die Zikaden, und der Duft nach Oliven, Pinien und dem Salz des Meeres erfüllte die Luft. Da hinten unter einem Baum stand auch der feuerrote Jet-Ski, von dem Jamie ihr vorhin vorgeschwärmt hatte und da …
„Und? Gefällt es dir hier?“
Seine tiefe Stimme ließ sie erschrocken zusammenzucken. „Spielt das eine Rolle?“, fragte sie bissig. Schließlich hatte er die Villa ja nicht ihretwegen bauen lassen. Was zu der Frage zurückführte, für wen er es denn dann getan hatte. Wieder ein Gedanke, den sie nicht zu Ende führen wollte … Stattdessen nahm sie lieber noch einen Schluck Kaffee.
„Immer noch grantig“, stellte er sachlich fest. Dann löste er bei ihr einen sekundenlangen Herzstillstand aus, indem er sich einfach hinter sie auf den Felsen setzte. Links und rechts von ihr lange muskulöse Beine, hinter ihr das beunruhigende Gefühl seines harten Brustkorbs, und einen kurzen Moment dachte sie, er wäre auch noch nackt! Dann sah sie aus dem Augenwinkel cremefarbene Cargoshorts und ein hellblaues T-Shirt, und sie wagte wieder zu atmen. Plötzlich beugte er sich nach vorn und stellte einen Sektkühler mit einer Flasche Champagner zwischen ihre Füße.
Sie richtete sich kerzengerade auf und versuchte, möglichst viel Abstand zu ihm zu halten. Trotzdem schien sein intensiver männlicher Duft sie förmlich einzuhüllen.
„Wenn die Villa eine neue Jacht wäre, würden wir sie mit einer Flasche Champagner taufen. Da es aber nun mal kein Schiff ist, dachte ich, wir könnten den Champagner ebenso gut trinken.“ Während er sprach, schob er seine Arme unter ihren hindurch und präsentierte ihr zwei Champagnerkelche. „Stell deinen Teller und die Kaffeetasse ab, und halt das mal bitte“, forderte er sie auf.
Hin und her gerissen, starrte sie auf die beiden Gläser. Einerseits wäre sie am liebsten gegangen, andererseits …
„Nein, wie romantisch!“ Mehr als einen ironischen Unterton bekam sie einfach nicht hin. Resignierend nahm sie ihm die langstieligen Gläser aus
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