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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Was war mit den uralten Statuen am Meeresgrund? Mit dem Mythos von Arkadiens Untergang? Reichte die Existenz dieser Gruppe womöglich ebenso weit zurück wie die Geschichte Arkadiens? Manches von dem, was Alessandro ihr über die Herkunft der Dynastien erzählt hatte, war nicht weniger irrwitzig als das, was Trevini ihr gerade auftischte. Der arkadische König Lykaon, der vom zornigen Göttervater Zeus in einen Tiermenschen verwandeltwurde? Dieser Hermes Trismegistos schien aus der gleichen Mythenkiste zu stammen.
    »Diese Hinweise – wie sehen die aus?«, wollte sie wissen.
    »Manchen Quellen zufolge war Hermes, wie gesagt, der griechische Hirtengott. Sein legendärer Zauberstab, der caduceus , ist ein Olivenast, um den sich zwei Schlangen winden. Der Mythos berichtet, dass dieser caduceus ausgerechnet im Land Arkadien entstanden ist. Schlagen Sie es nach. Fragen Sie Google. Was Sie finden werden, wird das bestätigen.«
    »Und?«
    »Die Geschichte lautet in etwa so: Der Gott Hermes bekam einen Stab geschenkt und wanderte damit in die einsamen Berge Arkadiens. Dort stieß er auf zwei Schlangen, die seit langer Zeit erbittert miteinander kämpften. Um ihren Streit zu schlichten, schleuderte er den Stab zwischen sie und brachte sie dazu, sich zu versöhnen. Seither ist die doppelte Schlange in der Alchimie das Symbol für Frieden und neue Hoffnung, für neues Leben. In der Hermeslegende aber stehen die beiden Schlangen für die Befriedung Arkadiens.«
    »Was, selbst wenn es wahr wäre, Zigtausend Jahre her wäre und heute keinen Menschen mehr interessiert.« Rosa kämpfte darum, nicht wieder zum Menschen zu werden. Falls es eine Art Hypnosekraft ihres Schlangenblicks war, der Trevini zum Sprechen brachte, dann musste sie ihn so lange wie möglich aufrechterhalten.
    »Da ist noch etwas.« Trevinis Kinn bebte. »Der Stab, der durch die beiden Schlangen zum caduceus wurde, ist Hermes zuvor von einem anderen Gott überreicht worden. Und zwar vom Gott des Lichts – von Apollo. Apollonio.«
    »Also kennt noch jemand die Legende.«
    »Auf Grund dieses Mythos hatten Schlangen für die antiken Arkadier immer eine besondere Bedeutung, schon lange vor dem Fluch des Zeus über Lykaon und seine Untertanen.Aber hielt das auch nach der Verwandlung und dem Tod des Königs an? Costanza jedenfalls war überzeugt davon, dass den Schlangen weit mehr Respekt gebührte, als die anderen Arkadischen Dynastien ihnen heute entgegenbringen. Angeblich griffen die Lamien bereits zu Lykaons Lebzeiten nach der Macht. Es heißt, dass sie ihn vom Thron Arkadiens gestürzt haben, um selbst über das Land und die Dynastien zu herrschen.«
    »Was erklären würde, warum die Alcantaras so verhasst sind bei den anderen Familien«, bemerkte sie. Und dann dämmerte ihr, worauf der Avvocato hinauswollte: »Hat Costanza es darauf angelegt? Wollte sie, dass sich die Geschichte von damals wiederholt?« Sie schnappte nach Luft, weil ihr erst jetzt klar wurde, wie verrückt ihre Großmutter gewesen war. »Hat sie die Verhaftung des Hungrigen Mannes inszeniert, um ihn zu stürzen und die alte Macht der Lamien wiederherzustellen?«
    »Jetzt begreifen Sie es endlich.«
    »Das ist doch krank!«
    »In jeder Messe erklärt ein Priester den Wein zum Blute Christi. Hunderttausende Moslems pilgern Jahr für Jahr nach Mekka. Und was ist mit den Überlieferungen über die Taten Buddhas? Herrgott, nicht einmal die Wissenschaft ist gefeit dagegen, wenn sie von einem Autor namens Homer spricht, obwohl sie doch mit einiger Sicherheit weiß, dass ein Mann dieses Namens niemals gelebt und geschrieben hat. Manche behaupten, selbst Shakespeare sei nur eine Erfindung! Menschen klammern sich an Mythen, an die echten und die falschen. Warum sollte es den Arkadiern anders ergehen? Alle reden davon, dass die Rückkehr des Hungrigen Mannes bevorsteht, so als sei er nicht nur ein Anführer der Cosa Nostra gewesen, sondern tatsächlich die mythische Kreatur, zu der er sich selbst ernannt hat.«
    Trevini versuchte unter Schmerzen erneut, sich zu bewegen. Mit verzerrtem Gesicht fuhr er fort zu sprechen. Vielleicht ahnte er, dass dieses Wissen mit ihm sterben würde, wenn er es nicht weitergab.
    »Costanza hat an die Wahrheit hinter den Mythen geglaubt, und sie war überzeugt vom Herrschaftsanspruch der Lamien. Wenn sie dafür einen Pakt mit einem Mann wie Pantaleone eingehen musste, dann hat sie auch das in Kauf genommen. Nichts konnte sie davon abbringen, dass sie oder eine ihrer

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