Arkadien 02 - Arkadien brennt
Nachfahrinnen erneut alle Macht über die Dynastien in sich vereinen würde. So wie damals im alten Arkadien.«
Rosa hockte noch immer neben ihm auf den kalten Fliesen. Allmählich taten ihr die Knie weh. Sie erhob sich langsam und versuchte, dabei den Blickkontakt nicht abreißen zu lassen.
»Was ist mit dem Serum?«, fragte sie. »Stammt es von TABULA, genau wie die Pelze?«
»Das ist anzunehmen.«
»Ich habe es untersuchen lassen. Es ist aus Blut gewonnen worden, das tierische und menschliche Merkmale besitzt. Wir Arkadier sind aber entweder das eine oder das andere, nie beides zugleich.«
»Hybridenblut«, flüsterte er.
Offenbar wusste jeder mehr darüber als sie. Aber was hatte sie erwartet? Sie hatte die Welt der Arkadier vor gerade einmal vier Monaten betreten. Es gab eine Menge nachzuholen.
»Wer sind diese Hybriden?«, fragte sie.
»Mischwesen. Bastarde aus Mensch und Tier. Arkadier, die ihre letzte Verwandlung nicht vollendet haben, in die eine oder andere Richtung.«
»Kennen Sie welche?«
»Ich?« Trevini lachte bitter auf. »Ich bin kein Arkadier. Was ich weiß, weiß ich von Costanza. Und ein wenig habe ich mir zusammengereimt. Ich habe Ihnen alles gesagt, Rosa. Wir sind am Ende angelangt.«
»Warum haben Sie Valerie zu mir geschickt? Diese ganze Geschichte von der Flucht am Flughafen –«
»Ist die Wahrheit. Meine Männer« – er verbesserte sich –, »jetzt die Männer der Contessa, scheint mir … Sie sollten das Mädchen in eine Maschine nach New York setzen. Aber sie ist ihnen entwischt. Ein geschicktes kleines Biest, Ihre Freundin. Manipulativ noch dazu. Wer weiß, vielleicht könnten wir alle noch von ihr lernen.«
»Sie war kaum in der Lage, sich allein auf den Beinen zu halten«, widersprach sie. »Ihre Befragungen sind nicht eben spurlos an ihr vorübergegangen, Avvocato. Wie soll sie da in der Lage gewesen sein, vor Kerlen wie denen da draußen einfach wegzulaufen?«
Trevinis Blick verriet aufrichtiges Erstaunen. »Sie war gesund, als sie von hier aufgebrochen ist. Ein wenig geschwächt vielleicht. Aber vollkommen gesund.«
Rosas Augen verengten sich, und jetzt waren es nicht länger die einer Schlange. Ihre Rückverwandlung hatte sich gegen ihren Willen vollzogen, ohne dass sie mehr als ein Kribbeln und Jucken verspürt hatte. »Die Valerie, die gestern im Palazzo aufgetaucht ist, war völlig am Ende.«
In Trevinis Lächeln lag nun, da der Bann ihres Blickes aufgehoben war, wieder jenes boshafte Funkeln, das sie rasend machte. »Dann ist ihr entweder unterwegs etwas zugestoßen. Oder aber sie hat Ihnen eine Schmierenkomödie vorgespielt.«
»Wieso hätte sie –« Die Worte erstarben auf ihrer Zunge, denn sie kannte die Antwort bereits. »Iole hätte sie niemals hereingelassen, wäre Valerie nicht in so schlimmem Zustand gewesen. Und wer weiß, was ich ihr angetan hätte. Aber so …«
»Ein verschlagenes kleines Miststück. Ganz bestimmt haben Sie sie nicht einfach im Palazzo zurückgelassen, oder? Womöglich sogar ohne Bewachung?«
Rosa rieb sich über das Gesicht. Aus ihrer Jackentasche fingerte sie ihr Handy. Es war abgeschaltet und sie musste erst den Code eingeben. Dann wählte sie die Nummer des Palazzo.
Trevini neigte den Kopf. »Es hebt wohl niemand ab?«
»Halten Sie den Mund.«
»Es wird doch nichts passiert sein?«
Ungeduldig steckte sie das Handy wieder ein und wandte sich den Stufen zu.
»Sie töten mich nicht?«, fragte er in ihrem Rücken, und es klang ehrlich verblüfft. Nicht länger ängstlich. Nur verwundert.
»Nein.«
»Aber Sie können gar nicht anders, Rosa. Spüren Sie das denn nicht? Lamien sind keine gnädigen Kreaturen. Lamien vergeben nicht. Costanza hat das gewusst.«
Sie lief die Treppe hinauf, ließ ihn hilflos dort unten liegen. »Ich sorge dafür, dass auch Di Santis Ihnen kein Haar krümmt. Sie sind die Mühe nicht wert, Avvocato.«
»Di Santis?« Er lachte leise. »Die ist nichts als eine Handlangerin. Ihre oder meine, welche Rolle spielt das noch? Horchen Sie in Ihr Innerstes. Es ist Ihr Blut, Rosa. Warum wehren Sie sich dagegen? Sie sind, was Sie sind. Und darum werden Sie mein Todesurteil unterschreiben, wenn nicht jetzt, dann später.«
Sie stieg über den Rand des Beckens. »Wir werden sehen.«
Trevinis Stimme folgte ihr, und jetzt lag etwas darin, das über Bitterkeit hinausging. »Ihre Großmutter hat die Pelze von Arkadiern gesammelt. Ihr Vater – nun, wir beide haben mit angesehen, wozu er fähig ist. Und
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