Arkadien 02 - Arkadien brennt
sie –«
»Hey, hey, hey«, unterbrach sie ihn sanft und legte einenFinger auf seine Lippen. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Züge. »Ich will keine Gorillas Tag und Nacht um mich herum haben. Ganz egal, wo sie herkommen.«
»Aber –«
»Wo sind deine Bodyguards?«, fragte sie. »Ich seh hier nirgends welche. Du hast genauso wenig Lust wie ich, mit einem Tross aus Affen in schwarzen Anzügen durch die Gegend zu laufen.« Sie stellte sich auf die Zehen und küsste seine Nasenspitze. »Wir sind Arkadier. Wir schaffen das auch so.«
»Behauptet wer?«
»Moi.«
»Total unvernünftig.«
»Das alles hier ist unvernünftig. Das war’s vom ersten Tag an. Hat uns das davon abgehalten?«
Seine Hand umfasste ihren Nacken. Zog sie erneut heran. Ihre Brüste berührten ganz zart seinen Oberkörper, und sie spürte, wie sich die Warzen versteiften – wie immer, bevor sie verschwanden und zu Schuppenhaut wurden. Ein Elend.
»Ich weiß, was wir jetzt tun«, sagte sie.
Endlich kehrte sein Strahlen zurück. »Ach ja?«
»Zur Ablenkung.«
»Oh. Okay.«
»Der Keller«, sagte sie. »Die Pelze.«
Das Serum
W ortlos folgte Alessandro ihr durch den Mittelgang zwischen den Leinenbündeln. Hin und wieder berührte er eine der Hüllen, strich im Gehen mit den Fingerspitzen daran entlang, öffnete aber keine. Bevor sie die Wand aus Plastikfässern erreichten, nahm Rosa seine Hand.
Beim Anblick der Behälter blieb er stehen. »Das sind viele«, flüsterte er. Die Worte kamen in der Kälte als weißer Dunst über seine Lippen. »Sind Panthera dabei?«
»Jedenfalls sind das nicht nur Nerze und Zobel.«
Sie führte ihn um den Fässerwall zum Schrank an der Rückseite des Kühlkellers. Alles war noch so, wie Iole und sie es zurückgelassen hatten. Die Metalltüren standen offen, davor lagen die beiden Pelzmäntel.
Rosa trat vor den Schrank. »Hast du mitgebracht, worum ich dich –« Sie verstummte, als sie sich zu Alessandro umdrehte.
Er war neben dem Mantel in die Hocke gegangen, den Iole getragen hatte. Erst jetzt bemerkte Rosa, dass durch das dunkle Braun die Andeutung eines Leopardenmusters schimmerte. Alessandro hatte einen Ärmel vom Boden gehoben und strich gedankenverloren mit der Hand darüber.
Sie fluchte leise. »Panther sind –«
»Schwarze Leoparden.« Er blickte nicht zu ihr auf.
Eilig ging sie neben ihm in die Knie. »Es tut mir so leid«, flüsterte sie, nahm sein Gesicht in beide Hände und zwang seinen Blick in ihre Richtung. »Wenn ich es irgendwie ungeschehen machen könnte …«
»Ich weiß.«
»Unsere Familien bekämpfen sich seit einer Ewigkeit. Dabei sind mehr ums Leben gekommen als …« Sie verstummte für einen Moment. »Als die hier«, sagte sie dann.
»Ist schon in Ordnung.«
»Nichts ist in Ordnung.«
Sie deutete mit einer Kopfbewegung zum Schrank. »Das da sind sie. Zig Ampullen.«
Er stand auf und trat vor die Regale mit den aufgereihten Glasfläschchen. Die Flüssigkeit schimmerte golden. Im untersten Fach lagen steril verpackte Plastikspritzen und Bündel versiegelter Kanülen, daneben zwei Injektoren, wie Diabetiker sie für Insulin verwendeten.
»Hast du’s dabei?«, fragte sie.
Mit einem Nicken griff er in seine Hosentasche, zog ein kleines Lederetui hervor und öffnete es. Darin steckten mehrere Ampullen, die denen im Schrank täuschend ähnlich sahen. »Das ist eine von denen aus dem Castello. Das Gleiche hat uns Cesare damals von seinen Leuten spritzen lassen. Und ich hatte ein paar davon mit im Internat, für den Notfall.« Das hatte er ihr schon vor Monaten erzählt und sie hatte sich wieder daran erinnert, nachdem Iole sie zu dem Schrank geführt hatte.
»Du hast damals gesagt, die Rezeptur sei von den ersten Arkadiern überliefert. Aus der Zeit vor dem Untergang.«
»Tano hat das jedenfalls immer behauptet.«
»Und er hat das Serum von Cesare bekommen?«
»Nein, umgekehrt. Tano hat es irgendwo aufgetrieben. Ich hab immer angenommen, es käme von irgendeinem Dealer. Cesare hat es in einem Tresor in seinem Büro aufbewahrt, aber Tano hatte einen eigenen Schlüssel. Ich hab ihn bei seinen Sachen gefunden.«
»Michele hat mir in der Nacht im Central Park eine Dosis injizieren lassen. Er hatte das Zeug von Tano, hat er gesagt.« Rosa nahm ihm eine der Ampullen aus den Fingern. »Darf ich?«Sie stellte sie zu den anderen in den Eisenschrank. Äußerlich war kein Unterschied zu sehen. Eine gelbe Flüssigkeit in einer durchsichtigen Ampulle.
»Es gibt ein Labor,
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