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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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das für Florinda gearbeitet hat«, sagte sie. »Damals ging es um Impfungen für die Flüchtlinge, die sie von Lampedusa nach Europa geschleust hat. Dort müsste man feststellen können, ob es dasselbe Serum ist.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Du glaubst das doch auch?«
    Er nickte nachdenklich.
    Sie nahm Alessandros Ampulle wieder aus dem Regal, trat neben die Fässer und blickte zurück zu den Reihen der verhüllten Pelze. »Damit sie ihnen das Fell abziehen konnten, mussten sie sicherstellen, dass sie sich nicht wieder –«
    »In Menschen verwandelten«, beendete er leise den Satz. »Sie mussten dafür sorgen, dass sie auch nach ihrem Tod Tiere blieben.« Er sah bleich aus, aber vielleicht lag das an der Kälte. »Das Video, das uns Cesare gezeigt hat, von all den Arkadiern in Käfigen, die sich nicht mehr zurückverwandeln konnten … Er hat gesagt, dass TABULA dafür verantwortlich sei.«
    »Trevini behauptet, dass meine Großmutter die Pelze von einem Mann namens Apollonio geliefert bekam. Sagt dir der Name was?«
    »Nie gehört.«
    »Er meint, dass dieser Apollonio möglicherweise selbst zu TABULA gehört hat. Oder zumindest in engem Kontakt zu ihnen stand. Könnte sein, dass TABULA die Pelze derjenigen Arkadier, die sie für ihre Experimente entführt haben, über ihn an Costanza verkauft haben. Ich schätze mal, dass sie auch das Serum von Apollonio bekommen hat.«
    »Aber wenn es von TABULA stammt …«, begann Alessandro, stockte und fragte dann: »Glaubst du, dass Tano es auch von ihnen bekommen hat?«
    »Zumindest Cesare hat TABULA gehasst«, sagte sie zweifelnd.
    Alessandro lachte bitter. »Er hatte eine Heidenangst vor denen. Trotzdem traue ich Tano zu, dass er hinter dem Rücken seines Vaters eigene Geschäfte gemacht hat.«
    Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die eiskalten Plastikfässer. »Tun wir mal so, als hätte Tano tatsächlich geheime Kontakte zu TABULA gehabt. Dann hätte er von ihnen das Serum bekommen und es an Cesare und vielleicht auch an Michele weitergegeben. Du hast gesagt, dass du gedacht hast, er hätte es von einem Dealer bekommen. Was aber, wenn stattdessen er selbst der Dealer war? Wenn Tano das Serum unter der Hand an Arkadier wie Michele verkauft hat, damit sie in der Lage sind, ihre Verwandlungen aufzuhalten – und die von anderen.«
    »Möglich.«
    »Hat er von dir Geld haben wollen? Für die Ampullen, die du mit nach Amerika genommen hast?«
    Alessandro schüttelte den Kopf. »Ich musste ihm nur versprechen, dass ich Cesare nichts davon erzähle. Und meinen Eltern.«
    »Und, hast du dich dran gehalten?«
    »Sicher. Tano war der Erste, der mit mir über die Verwandlungen gesprochen hat. In dem Moment war ich ihm sogar dankbar.« Er wand sich merklich bei der Erinnerung daran. »Am liebsten würde ich sie mir alle irgendwie … abwaschen. Verstehst du das? Tano, Cesare, meinen Vater … All die Lügen und das, was sie getan haben. Ich wünschte, es gäbe einen Weg, das alles einfach wegzuradieren.«
    »Geht mir auch so. Florinda hat mich belogen, sogar Zoe. Du und ich, wir wurden immer für irgendwas benutzt. Und es hört einfach nicht auf.«
    Er nahm sie wieder in den Arm. »Wenn es zu viel wird …wenn es nicht mehr geht … dann verschwinden wir von hier. Dann ist mir egal, was aus dem hier wird. Nichts davon ist so wichtig wie du.«
    Sein Kuss wärmte sie, selbst in der Kälte des Kühlkellers. Sie hielten sich gegenseitig fest, sie roch sein Haar, seine Haut, und sie wäre in diesem Augenblick überall mit ihm hingegangen, fort von hier, ans andere Ende der Welt. Kitschig, gewiss, aber genau das brauchte sie jetzt. Die allergrößte, allerklebrigste, allersüßeste Portion Kitsch seit Erfindung der Nachspeise. Von ihr aus hätte es Rosenblätter regnen und Iole mit einer Geige hinter den Fässern hervorspringen können. Zeit für Sodbrennen war morgen noch genug.
    Sie bemerkte erst jetzt, dass sie in der Hand nach wie vor das Serum hielt, das er mitgebracht hatte. Langsam hob sie die Ampulle auf Höhe ihrer beider Gesichter und schaute während einer Atempause hinüber zu den Injektoren im Schrank. Seine Augen folgten ihrem Blick, dann zuckten seine Mundwinkel.
    Sie spürte ihren aufgeregten Pulsschlag hinten im Hals. »Zu irgendwas muss es gut sein, oder?«
    Seine Hand strich über ihren Hinterkopf, hielt sanft ihren Nacken. »Eine Viertelstunde lang?«
    »Manchmal auch zwanzig Minuten.«
    »Nicht gerade viel.«
    »Besser als nichts.«
    Alessandros Lächeln

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