Arkadien 02 - Arkadien brennt
Laut von sich, als sie sich von ihm löste und im Schneidersitz auf dem Sofa zurechtrückte. Sie beobachtete ihn, während er einmal mehr das jungenhafte Grinsen zeigte, das ihr so unvereinbar mit dem capo eines Mafiaclans zu sein schien. Eine frische Abendbrise wirbelte ihr Haar vors Gesicht und sie bemühte sich, es mit beiden Händen zu bändigen.
Ein Brummen ertönte. Auf dem Tisch vor der Couch lag ihr Handy. Der Vibrationsalarm ließ es auf der Glasplatte kreisen wie eine betrunkene Hummel.
Als sie auf das Display blickte, erkannte sie die Nummer. »Das Labor. Na, endlich.« Bevor sie vom Palazzo aus Richtung Küste aufgebrochen waren, hatte Rosa einen Fahrer mit einer Ampulle aus dem Kühlkeller und dem Rest von Alessandros Serum zum Labor nach Enna geschickt. Jetzt musste das Ergebnis da sein.
Sie nahm das Gespräch an. Alessandro presste erwartungsvoll die Lippen aufeinander.
Wenig später bedankte sie sich, bat, die Rechnung an ihr Sekretariat in Piazza Armerina zu schicken, und legte das Handy zurück auf den Tisch.
»Das gleiche Zeug«, sagte sie. »Wahrscheinlich sogar noch haltbar nach all den Jahren, die es dort unten gelagert wurde.«
»Dann hat Tano wirklich Kontakt zu diesem Apollonio gehabt. Oder zu einem anderen Verbindungsmann von TABULA.«
»Ich hab Trevini gebeten, so viel wie möglich über Apollonio herauszufinden.« Sie hatte Alessandro erzählt, dass ihr Vater damals die Nachforschungen des Anwalts unterbunden hatte, um selbst Apollonios Spur zu folgen. Den Gedanken an das leere Grab verdrängte sie im Augenblick, so gut es ging.
»Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass dieser Name jemals bei uns gefallen wäre«, sagte er. »Tano und Cesare haben viele ihrer Geschäftspartner erwähnt, aber einen Apollonio … Jedenfalls nicht, wenn ich dabei war.«
»Die vom Labor haben noch was gesagt. Dieses Zeug ist eigentlich ein Antiserum, das aus Blut hergestellt wird. Sie haben versucht, die Bestandteile zu isolieren, aber sie meinten, dass mit dem ursprünglichen Blut etwas nicht stimmt.«
Er musterte sie, als wollte er abschätzen, wie schlecht die Nachricht war, die jetzt folgen würde.
»Sie können es weder einem Menschen noch einem Tier zuordnen«, erklärte sie. »Offenbar weist das Serum Merkmale von beiden auf, andere Eiweiße oder … was auch immer. Aber das Serum in der Ampulle basiert trotzdem auf dem Blut eines einzigen Spenders, es ist also keine Mischung von mehreren.«
»Klingt, als wäre das unmöglich«, sagte er.
»Das meinten die auch.«
»Solange wir Menschen sind, ist alles an uns menschlich, auch unser Blut. Und nach der Verwandlung –«
»Ist auch das Blut tierisch. Zu hundert Prozent.« Sie nickte langsam. »Das, woraus das Serum hergestellt worden ist, stammt aber von jemandem, der beides ist. Mensch und Tier gleichzeitig .«
Alessandro verschränkte die Hände hinterm Kopf und lehnte sich mit einem Ächzen zurück. »Hybriden.«
Rosa runzelte die Stirn. »Hybriden?«
»Mischwesen. Arkadier, die in der Verwandlung stehengeblieben sind. Halb Tier, halb Mensch.«
»Stehengeblieben.«
»Das sind nur Gerüchte. Mach dir keine Sorgen.«
Ihre Augen verengten sich. »Wenn das heißen soll, dass ich vielleicht eines Tages mit einem Schlangenkopf durch die Gegend laufe, dann mach ich mir sogar ziemliche Sorgen.«
»Hab ich befürchtet.«
»Und deshalb hast du es vorher nie erwähnt?«
»Tut mir leid.«
»Was hast du mir noch verheimlicht?«
»Ich hab gar nichts verheimlicht«, fuhr er auf.
»Wie oft passiert so was?«
»Keine Ahnung.«
»Einmal im Monat? Im Jahr? Im Leben?«
»Du wirst jetzt nicht hysterisch, oder?«
Sie sprang auf und fegte dabei fast ein Windlicht vom Tisch. »Als ob es nicht reicht, dass wir uns in Viehzeug verwandeln müssen! Jetzt besteht auch noch die Gefahr, eines Tages als Reptilienfrau auf dem Jahrmarkt zu landen.«
»Wahrscheinlich ist das Risiko, dass du eines Tages an einem ganz normalen Krebs stirbst, hundertmal höher als das, dass du ein Hybride wirst. Oder tausendmal. Was weiß ich.«
»Was ist nun mit dem Blut in dem Serum?«
Er seufzte leise. »Stimmt schon, das ist ein Argument.«
»Züchtet TABULA sie vielleicht?«
»Warum sollten sie so was tun?«
Sie ging zur Reling und lehnte sich dagegen. »Warum sollten sie Arkadier einfangen und ihnen die Felle abziehen? Warum sollte Costanza Mäntel daraus nähen? Verdammt, es ist völlig egal, weshalb das alles passiert. Aber dass es
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