Arkadien 03 - Arkadien fällt
bis wann war das Ding eingeschaltet?«
Die Polizistin schnaubte leise. »Leck mich.«
Die Klammer schoss in Stefanias Oberschenkel.
Sie unterdrückte einen Schmerzenslaut, presste aber einen Fluch zwischen den Zähnen hervor.
»Bis wann?«, fragte Rosa noch einmal.
Alessandro fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. »Warte«, sagte er.
»Du hättest ihn mir nicht schenken sollen, wenn dir nicht gefällt, dass ich ihn benutze.«
»Lass mich das machen.«
»Was ist dein Problem?«, fuhr sie ihn an. »Was genau, glaubst du, könntest du besser machen?«
Eigentlich war sie gar nicht wütend auf ihn. Nicht mal auf Stefania. Sie fühlte sich nur so hilflos angesichts von Umständen, die sie kaum noch beeinflussen konnte.
Er wandte sich an die Gefangene. »Sie haben mit Festa gesprochen, oder? Darüber, dass wir unterwegs nach Agrigent sind. Richtig?«
Stefania schloss die Augen, atmete tief durch, dann nickte sie stumm.
Rosa ließ den Tacker sinken. Mit einem Mal war sie nur noch erschöpft. Kalter Schweiß lief ihr den Hals hinab in den Ausschnitt.
»Er kennt nur den Namen der Stadt«, sagte Alessandro sanft zu ihr. »In Agrigent gibt es wahrscheinlich hundert Hotels. Zigtausend Touristen sehen sich jedes Jahr die Ausgrabungen an. Festa hat keine Ahnung, wohin genau wir wollen. Wir haben das Hotel kein einziges Mal beim Namen genannt.«
Rosa brachte ein schwaches Nicken zu Stande. Der Tacker in ihrer Hand schien zehn Kilo zu wiegen, als sie ihn aus dem Kofferraum hob.
Sie ging zur Beifahrertür, warf den Tacker auf den Sitz und zog das kleine scharfe Messer aus der Tüte, das Alessandro für Brot und Käse gekauft hatte. Damit trat sie erneut vor Stefania.
Die Augen der Polizistin wurden weit.
Alessandro spannte sich merklich.
Rosa beugte sich über Stefanias Beine und schob die Messerspitze unter die Klammer. Mit einem leichten Ruck hebelte sie das Metall aus Fleisch und Hose.
Dann machte sie einen Schritt nach hinten, sah Stefania noch einmal in die Augen und schlug den Kofferraum über ihr zu.
Hotel Paradiso
D er Volvo rollte langsam eine steile Straße hinauf, auf der keine zwei Autos nebeneinanderpassten. In unregelmäßigen Abständen gab es Ausbuchtungen, die Platz boten, um dem Gegenverkehr auszuweichen. Aber sie waren ganz allein unterwegs, niemand begegnete ihnen.
»Alles in Ordnung?«, fragte Alessandro. Seit sie losgefahren waren, ließ er sie nicht aus den Augen.
Rosa lenkte den Wagen um die letzten Kurven. Sie hatte beim Aufbruch wortlos das Steuer übernommen. Ihr Gesichtsausdruck musste Bände sprechen.
»Alles super«, antwortete sie.
»Du strahlst auch so was Entspanntes aus.«
Wann tauchte endlich dieses verdammte Hotel auf? Sie mussten gleich da sein. Das Navigationsgerät hielt schon seit einigen Minuten den Mund, wahrscheinlich eingeschüchtert von Rosas guter Laune.
»Du hast genau das Richtige getan«, sagte er.
»Sicher.«
»Du machst dir Vorwürfe.«
»Ich trage Quattrinis Medaillon um den Hals, während ich ihre Leibwächterin im Kofferraum durch die Gegend kutschiere. Und ihr ab und zu eine Klammer ins Bein jage.« Sie hob in gespielter Unschuld beide Hände. »Warum sollte ich da ein schlechtes Gewissen haben?«
»Das Steuer.«
»Was?«
»Deine Hände. Das Steuer.«
»Oh.« Sie bekam es eben noch zu fassen, bevor der Wagen in der nächsten Kurve geradeaus fahren konnte.
Hinter der Biegung tauchte das Hotel auf, ein paar Hundert Meter unterhalb der Hügelkuppe. Staubige Winde und die salzhaltige Luft hatten die Fassade abgeschmirgelt, sie war so grau wie das Holz der Fensterläden. Die Sonne brannte vom blauen Himmel herab, dennoch erweckten die geschlossenen Läden den Eindruck, als hätte der Bau etwas zu verbergen. Familienurlaub machte man anderswo.
Früher mochte dies das Haus eines Großgrundbesitzers gewesen sein, keine prächtige Villa, aber ansehnlich genug, um damit bei den Landarbeitern Eindruck zu schinden. Rechts und links befanden sich Anbauten, mit kleineren Fenstern und winzigen Balkonen. Über einen der oberen mussten die Harpyien gekommen sein, als sie Leonardo Mori und seine Frau geholt hatten. Die Dächer waren mit braunen Ziegeln gedeckt. Einer der Kamine war halb eingestürzt.
In der Nähe der Zufahrt gab es ein Schwimmbecken, das bis unter den Rand mit verfaulten Laubresten, Zweigen und alten Autoreifen gefüllt war. »Willkommen in unserer Wellness-Oase«, sagte Alessandro.
Rosa parkte den Wagen unweit des Eingangs im Schatten
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