Arktis-Plan
zum Pilotensitz
auf der linken Seite und steckte den zweiten Schlüssel in das Schloss des Pilotentresors, der sich unter dem Sitz befand. Der Russe öffnete den Tresor und tastete den kleinen, flachen Innenraum ab. Wieder nichts!
Somit blieb nur noch der Tresor des Politoffiziers. Das war der kritischste von den dreien. Er zwängte sich zwischen den Pilotensitzen zum Platz des Bombenschützen ganz vorn in der Kanzel des Flugzeugs durch. Hier war das Glas der Vollsichtkanzel durch die Bruchlandung nach innen eingedrückt, und Schnee war hineingeweht worden und im Innern wieder gefroren. Das Bombenzielgerät fehlte – für diese Mission war es nicht notwendig gewesen –, und der übrige Platz war mit einer Eiskruste überzogen. Smyslov zog das Messer von seinem Gürtel und hackte sich den Weg zu dem am Boden befestigten Tresor frei.
Verdammt nochmal! Der Mechanismus des Schlosses war vollständig eingefroren. Der Russe fluchte tonlos und riss sich die Handschuhe von den Fingern, zog sein Feuerzeug aus der Tasche und bewegte die Flamme über den Bereich des Schlüssellochs. Als er sich die Finger verbrannte, stieß er einen weiteren gedämpften Fluch aus und probierte noch einmal, den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Das hartnäckige Schloss gab widerstrebend nach.
Leer. Die Fotografien und Landkarten der Angriffsziele. Die Einsatzbefehle. Das Bordbuch, die Anweisungen des Politoffiziers für alle Eventualitäten und der Aktionsplan für die Besatzung nach erfolgreich abgeschlossener Mission – alles war weg.
Smyslov schloss die Tür des Tresors wieder ab, packte den Schnee darauf und strich ihn glatt. Er versuchte, sämtliche Spuren zu verwischen, damit niemand sah, dass er sich hier zu schaffen gemacht hatte. Als er sich aufrichtete und seine Handschuhe wieder anzog, überschlugen sich die Gedanken in seinem Kopf. Es war alles verschwunden. Sämtliche die Mission betreffenden Unterlagen waren weg. Alles war so, wie es sein sollte. Der Politoffizier der Misha 124 hatte den Befehl erhalten, sämtliche Indizien, die
Aufschluss über die Mission des Bombers und den Vorfall Fünfter März gaben, restlos zu zerstören.
Aber der Politoffizier hatte auch die Anweisung erhalten, das Flugzeug und seine Nutzlast zu zerstören. Die Thermitbomben im Bombenschacht waren der Beweis dafür, dass er gerade dabei gewesen war und unterbrochen wurde. Aber was war mit den Dokumenten? War er auch davon abgehalten worden, sie zu zerstören?
Und was war mit den Männern? Morgen würde sich Smith auf die Suche nach der Besatzung des Bombers machen. Was würde er vorfinden?
Smyslov zog den Reißverschluss seines Parkas hinunter und verstaute die kleine Taschenlampe wieder. Er nahm das Feuerzeug aus seiner Hemdtasche, nicht das kleine Plastikfeuerzeug, das er in Anchorage auf dem Flughafen gekauft hatte, sondern das andere, das nachfüllbare Feuerzeug aus rostfreiem Stahl im Stil der klassischen Ronson-Feuerzeuge, das er aus Russland mitgebracht hatte. Er balancierte es auf seiner Handfläche, während er sich die rasant schrumpfende Zahl seiner Möglichkeiten in aller Eile durch den Kopf gehen ließ.
Er konnte sich mit dem Gedanken trösten, dass ihm ein großer Teil der Entscheidungen aus der Hand genommen worden war. Wenn die Soldaten der russischen Speznas die Teilnehmer der wissenschaftlichen Expedition getötet hatten, dann musste das Schicksal seinen unvermeidlichen Lauf nehmen. Für die bevorstehende Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten und Russland würde er nicht verantwortlich sein.
Er musste sich nur mit dem Verrat auf einer weitaus persönlicheren Ebene auseinandersetzen. Heute hatte er in dieser unheimlichen kalten Metallröhre einem Freund das Leben gerettet. Morgen konnte es passieren, dass er diesen Freund als einen Feind töten musste. Und die Beteuerung, es sei nicht seine Schuld, klang in seinen eigenen Ohren hohl.
»He, Major, ist bei Ihnen da oben alles in Ordnung?« Smiths
Stimme hallte aus der hinteren Kabine durch den Verbindungstunnel.
»Ja, Colonel«, erwiderte Smith, dessen Finger sich um das kleine silberne Gehäuse herum schlossen. »Mir ist nur … vorhin mein Feuerzeug aus der Tasche gefallen.«
Hundert bis zweihundert Meter höher oben an der Felswand des Ostgipfels, auf einem Felsvorsprung mit Blick sowohl auf den Gletscher als auch auf den Absturzort der Misha, lugte das Objektiv eines leistungsfähigen Spektivs durch einen Spalt in einem kunstvoll getarnten Windschutz aus
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