Arktis-Plan
Inquisition wenigstens verschieben, bis er Gelegenheit hatte, sich auszuruhen und eine warme Mahlzeit zu sich zu nehmen?«
Randis Blick löste sich immer noch nicht von Kropodkins Gesicht, und ihr angedeutetes Lächeln verströmte die eisige Kälte der polaren Fallwinde. »Das ist eine ausgezeichnete Idee, Dr. Trowbridge. Wir sollten ihn etwas essen lassen.«
Sie stand auf, zog ein Fallschirmjägermesser aus der Tasche ihrer Skihose und drückte mit dem Daumen auf den Knopf, der den hakenförmigen Fallschirmleinenschneider aufschnappen ließ. »Schneiden Sie seine Fesseln durch, Dr. Trowbridge.« Sie legte das aufgeklappte Messer mitten auf den Tisch. »Er kann sich selbst eine Mahlzeit zubereiten.«
Trowbridge nahm das Messer. »Ich mache ihm etwas warm«, sagte er. Selbstgerechtigkeit ließ seine Stimme beben.
»Ich habe gesagt, er bereitet sich selbst eine Mahlzeit zu, Dr. Trowbridge!«, fauchte Randi und schnappte sich die MP5. »Schneiden Sie die Handschellen durch, und verstellen Sie mir bloß nicht die Schusslinie. Dann begeben Sie sich zu Ihrer Koje, ziehen Ihre Hose an und halten sich raus. Sie sind mir im Weg.«
Wortlos, aber rotgesichtig vor Wut, schnitt Trowbridge die Fesseln von Kropodkins Handgelenken. Randi verlangte ihr Messer zurück und hielt die Maschinenpistole auf den Studenten gerichtet, während sie ihren Stuhl in die hinterste Ecke der Schlafbaracke zog. Dort nahm sie mit dem Rücken zur Wand wieder Platz und klemmte sich den Schaft der MP5 unter den Arm.
»Okay, Mr. Kropodkin, Sie können jetzt aufstehen und sich etwas zu essen machen. Keine Mätzchen, das wäre eine ganz schlechte Idee.«
Es wurde still in der Hütte. Nur das Ächzen des Windes und das Klappern von Töpfen und Besteck war noch zu hören. Kropodkin wärmte eine Dose Eintopf an und erhitzte auf dem Primuskocher der Schlafbaracke einen Kessel Wasser. Gelegentlich
warf er einen schnellen Blick in Randis Richtung, doch jedes Mal fand er den Lauf der Maschinenpistole auf sich gerichtet. Er folgte ihm, als würde er von einem Radar gesteuert. Irgendetwas hing in der Luft … eine Art Erwartungshaltung, aber Randis funkelnde pechschwarze Augen verrieten nicht das Geringste, er konnte ihren Blick in keiner Weise deuten.
»Darf ich ein Messer in die Hand nehmen, um mir eine Scheibe Brot abzuschneiden?«, fragte er mit beißendem Sarkasmus, der sich als Höflichkeit tarnte.
»Eine falsche Bewegung und Sie werden schnell merken, dass mir etwas nicht passt.«
Trowbridge hatte sich in einem anderen Winkel der Schlafbaracke angezogen und gemeinsam mit seiner Hose auch seine Aufgeblasenheit wieder angelegt. »Ich bin der Meinung, Ms. Russell, es ist an der Zeit, dass wir ein paar Dinge klarstellen …«
»Und ich bin der Meinung, Dr. Trowbridge, dass Sie besser den Mund halten.«
Der Akademiker erhob die Stimme. »Ich bin es nicht gewohnt, dass man so mit mir redet!«
»Sie werden sich schon noch daran gewöhnen.«
Trowbridge blieb gar nichts anderes übrig als klein beizugeben.
Kropodkin stellte sein Geschirr auf den Esstisch und machte sich gierig über den Tee, den Eintopf und das Brot her. Er aß schnell und warf abwechselnd Blicke auf Trowbridge und die Frau, die ihre Waffe stumm auf ihn gerichtet hielt.
Randi ließ ihn die Hälfte der Mahlzeit essen, bevor sie wieder etwas sagte. »Okay, dann wollen wir das doch mal zu Ende führen. Sie heißen Stefan Kropodkin, Sie sind slowakischer Staatsbürger jugoslawischer Abstammung und Sie haben ein Stipendium und ein Studentenvisum, um die McGill University zu besuchen.«
»Das muss Ihnen Dr. Trowbridge erzählt haben«, sagte Kropodkin mit vollem Mund.
»Richtig. Er hat auch gesagt, Sie seien ein herausragender Student,
sehr tüchtig und noch dazu praktisch veranlagt. Deshalb sind Sie als Teilnehmer für diese Expedition ausgewählt worden.« Randi beugte sich auf ihrem Stuhl vor. »Und jetzt kommen wir zu dem, was Sie gesagt haben. Sie sagen, Sie seien mit zwei anderen Mitgliedern Ihrer Expedition, Dr. Gupta und Dr. Hasegawa, zu einer wissenschaftlichen Unternehmung unterwegs gewesen, als die beiden plötzlich verschwunden sind. Sie sind hierher zurückgekehrt und haben das Verschwinden der beiden gemeldet. Dann sind Sie mit Dr. Creston und Ian Rutherford aufgebrochen, um die beiden Vermissten zu suchen. Diese Suche hat Sie auf das Packeis hinausgeführt. Dann sind Creston und Rutherford ebenfalls verschollen gegangen. Eine Wasserrinne, die aufgeklafft ist, hat dafür
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