Arktis-Plan
eigenen Genugtuung.
Falls ihr keine Zeit mehr blieb, würde sie sich mit dem Rücken an die Wand stellen und so viele von ihnen mit sich nehmen, wie sie nur irgend konnte. Vielleicht würde es für Jon und Valentina einen Unterschied machen, wenn schon für niemanden sonst.
Als sie um die Hütte bog, fiel sie hin. Mit brennender Lunge rappelte sie sich wieder auf, und während sie durch die Türen der Schneeschleuse stürmte, stieg der erste einer ganzen Reihe von beabsichtigten Befehlen in ihre Kehle auf. Ihre Instinkte erkannten die Bedrohung eher als ihr Bewusstsein und reagierten darauf. So kam es, dass sie die MP5 schon an ihre Schulter riss, bevor ihr bewusst war, worauf sie anlegte.
Stefan Kropodkin kauerte in der hintersten Ecke des Labors und hielt Dr. Trowbridge vor sich. Ein Skalpell funkelte an der Kehle des Akademikers. Trowbridge wankte auf den Füßen und war kaum in der Lage zu stehen; Blut strömte aus seiner gebrochenen Nase und den Schnitten, die seine zerschmetterten Brillengläser verursacht hatten.
Niemand sagte etwas. Das war auch gar nicht nötig. Die Szene sprach für sich selbst. Auf dem Boden der Laborbaracke lagen durchgeschnittene Einweghandschellen. Gerissen hatte Kropodkin Trowbridges Halsstarrigkeit und seine grundlegende Menschlichkeit manipuliert.
Randi war wahnsinnig wütend auf sich selbst. Sie hätte die beiden Männer niemals miteinander allein lassen dürfen. Eine unglaubliche Dummheit! Aber das war jetzt irrelevant. Sie musste an dieses Funkgerät kommen. Sogar über die Leichen der beiden, wenn es sein musste.
»Keine Bewegung«, plärrte Kropodkin. »Legen Sie die Waffe hin, oder ich schneide ihm die Kehle durch.«
Draußen konnte Randi Stimmen hören, die das nachlassende Kreischen der Turbinen überschrien. Kropodkin zu befehlen, dass Messer hinzulegen, würde zwecklos sein. Alles sprach für ihn, und er wusste es.
Tut mir leid, Doktor.
Sie wappnete sich und schmiegte den Kolben der Maschinenpistole noch enger an ihre Schulter. Ihr Finger spannte sich auf dem Abzug. Trowbridge konnte es kommen sehen, und ein leises verneinendes Stöhnen entrang sich seinen Lippen. Kropodkin konnte es ebenfalls kommen sehen und kauerte sich hinter seinem menschlichen Schutzschild zusammen.
Dann glitt Randis Blick an den beiden Männern vorbei und durch die offene Tür des Funkraums. Kropodkin hatte wahrhaftig keine Zeit verloren. Das Gehäuse des Senders war zertrümmert und der Sender selbst restlos zerstört worden.
Randi ließ die Mündung der MP5 langsam sinken, bis sie auf den Fußboden wies, und die Bitterkeit der totalen Niederlage stieg in ihre Kehle auf. Jetzt gab es nichts Lohnendes mehr, das sie erreichen konnte. Es bestand keine Veranlassung, ihre Hände mit Trowbridges Blut zu beschmutzen. Vor den Fenstern der Hütte rannten Gestalten vorbei. Bewaffnete Männer strömten ins Lager. Aber schon ehe sie durch die Tür hinter ihr stürmten, hatte sie die MP5 auf die Arbeitsplatte gelegt.
Mit erhobenen Händen faltete sie ihre Finger im Nacken, als sich die Läufe von Waffen in ihren Rücken bohrten.
Kapitel zweiunddreißig
Auf dem vergletscherten Bergsattel
Der Wind hatte aufgefrischt und eine heftige Böe trieb Schnee dicht über dem Boden am Höhleneingang vorbei.
»Ich wüsste zu gern, woran du gerade denkst, Jon«, sagte Valentina leise.
Smith warf einen skeptischen Blick auf den dicht bewölkten nördlichen Himmel. »Die nächste Schlechtwetterfront zieht auf.«
»Ich bin gespannt, ob zuerst das Unwetter kommt oder vorher die Sonne untergeht. »Magst du einen Granola-Riegel?«
»Nein, danke.«
Der Colonel und die Historikerin lagen Seite an Seite im Schatten und Schutz der Höhlenöffnung und behielten den Gletscher im Auge. Seit sie den ersten Späher der Speznas entdeckt und eliminiert hatten, rührte sich auf dem Eis nichts mehr. Trotzdem hatten sie das Gefühl, dass dort etwas vorging, denn sie waren von einer feindlichen Macht umzingelt, einem Gegner, der sich nicht untätig zurücklehnen und sie am Leben lassen würde. Smith warf einen Blick auf seine ungewöhnliche Kampfgefährtin, die andere Hälfte des Trupps, und sah sie scheinbar zufrieden ihren Snack mampfen. Ihre gut geschnittenen exotischen Gesichtszüge waren im Schutz der Kapuze ihres Parkas entspannt. »Kommst du klar?«, erkundigte er sich.
»Ja, sicher. Sogar ziemlich gut.« Sie sah sich nach den schwarzen Felswänden und der Decke der Höhle um. »Cancun ist es nicht gerade,
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