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Arktis-Plan

Arktis-Plan

Titel: Arktis-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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ihre Krallen ausfährt und wieder einzieht. Sie durfte unter keinen Umständen zulassen, dass ihre Hände anschwollen und steif wurden.
    Selbst heute Nachmittag, als man sie in die Schlafbaracke gestoßen hatte, hatte sie Pläne geschmiedet. Während sie mit Handschellen an die Koje gefesselt worden war, hatte sie zum Schein Widerstand geleistet und sich damit einen weiteren ungeduldigen Schlag ins Gesicht eingehandelt, aber mit einem geschickten kleinen Taschenspielertrick hatte sie zugleich dafür gesorgt, dass sich die Handschelle um ihr rechtes Handgelenk beim erneuten Zuschnappen über dem Ärmel ihres Pullovers und dem dicken, langärmeligen Thermounterhemd, das sie darunter trug, geschlossen hatte.
    Mittlerweile hatte sie beides behutsam unter der Handschelle herausgezogen und sie somit gelockert. Außerdem hatte sie ihre
Hände zu Fäusten geballt, als ihr die Handschellen angelegt wurden, und damit ein oder zwei weitere kostbare Millimeter Bewegungsspielraum herausgeholt.
    Sie drehte sich ein wenig in der Koje, als suchte sie eine bequemere Stellung. Diese Bewegung nutzte sie dazu, die Fuge im Bettpfosten wiederzufinden und zu üben, wie sie die Verbindungsglieder ihrer Handschellen hineinzwängen konnte. Dann bog sie ihre Finger nach innen, um ihre Hand so schmal wie möglich zu machen, und zog versuchsweise einmal kräftig. Wenn genug Adrenalin durch ihre Adern strömte, würde es klappen. Es würde nicht gerade angenehm sein, aber es würde sich machen lassen.
    Ihre Blicke durchstreiften systematisch das Halbdunkel. Sie schätzte Entfernungen ab, plante mögliche Bewegungsabläufe und überlegte, welche Gegenstände sie möglicherweise für sich nutzen konnte. Wie groß war das Fenster in der Außenwand der Hütte, und wie dick war die Thermopanscheibe? Sie prägte sich die exakte Position des Ghettoblasters auf dem Schrank an der Rückwand ein. Wie tief war der Schnee, der gegen die Baracken geweht worden war, und wie tragfähig würde die Schneekruste sein? Sie lauschte dem Wind, um sich eine Vorstellung von den Wetterverhältnissen und der Sicht draußen zu machen. Was war mit Schneeschutzkleidung? Sie nahm an, ihre eigenen Kaltwettersachen seien noch drüben in der Laborhütte. Sie würde improvisieren müssen, wenn es so weit war.
    In den Stunden des Wartens in Gefangenschaft hatte sie jede gedankliche und praktische Vorbereitung getroffen, die sie nur irgend treffen konnte. Für alles Übrige musste sie sich auf Geduld, Glück und die sexuellen Gepflogenheiten der Slawen verlassen.
    Der Geruch von Essensrationen, die aufgewärmt wurden, durchdrang die Schlafbaracke, und eine wachsende Anzahl von Schatten bewegte sich durch den Lichtstreifen, der zur Tür hereinfiel. Der Chef der Schmugglerbande – sie hatte gehört, dass sie ihn Kretek genannt hatten – verköstigte seine Leute schichtweise. Der Geruch
von warmem Essen erinnerte Randi schmerzhaft daran, dass sie nur ein äußerst dürftiges Frühstück zu sich genommen hatte. Für eine richtige Mahlzeit hätte sie einiges gegeben, aber sie wagte es nicht, um Essen zu bitten, weil sie befürchten musste, sich damit alles zu verscherzen, was sie bereits in die Wege geleitet hatte.
    Sie erkannte die Stimmen von Kretek und Kropodkin. Beide waren in der Schlafbaracke und aßen zu Abend. Die Verkehrssprache der Gruppe war Russisch, doch Randi konnte ein halbes Dutzend verschiedener Dialekte und Akzente des Balkans erkennen. Beim Essen wurde über die Operation am kommenden Tag gefachsimpelt – das Aufsprengen des Rumpfes der Misha, die Schlinge, die den Anthraxbehälter herausheben würde, und die Vorkehrungen, die im Umgang mit dem tödlichen Biokampfstoff getroffen werden mussten.
    Sie sprachen auch über Jon, Professor Metrace und Major Smyslov. Randi schloss aus dem Gehörten, dass bisher noch kein Kontakt mit ihren Teamgenossen zustande gekommen war. Vorschläge, wie man sie aufstöbern konnte, wurden unterbreitet.
    Das Klappern und Klirren von Geschirr und Besteck verklang. Sie roch den Tabak von Pfeifen und den beißenden Qualm von Balkanzigaretten. Die Gespräche wurden lebhafter, und es wurde häufiger gelacht. Nach dem Abendessen entspannten sich die Männer. Sie scherzten und redeten über Frauen und Sex.
    Jetzt würde es nicht mehr lange dauern.
    Randi hörte Kretek mit tiefer Stimme brüllen: »So, Stefan, du solltest jetzt mal zusehen, dass du es hinter dich bringst. Die anderen Männer stehen schon Schlange.«
    Dann würde es also

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