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Arktis-Plan

Arktis-Plan

Titel: Arktis-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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kommen, sie mit der Aussicht geködert, sie könnten nah genug an sie herankommen, um sie demnächst in ihrer Schussweite zu haben.
    Es klappte.
    Sie hatte keine klare Vorstellung davon, wie nah die Speznas waren, und daher wagte sie es nicht, Zeit zu vergeuden. Sowie sie die Spitze der Landzunge umrundet hatte und ihre Verfolger sie nicht mehr sehen konnten, schwenkte sie ins Meereis ab und kletterte über den mannshohen, durch großen Druck aufgeworfenen Eiskamm am Rand des Strandes.
    Nachdem sie von dem Pfad abgezweigt war, plante Valentina jeden Schritt und jeden Handgriff sorgfältig voraus. Sie sprang von einem schneefreien Eisblock zum nächsten wie jemand, der auf Trittsteinen einen Bach überquert. Sie war bestrebt, so wenig Spuren wie möglich zu hinterlassen. Es war unmöglich, überhaupt keine Spuren zurückzulassen. Ihre Verfolger würden sehen, wo ihre Stiefelabdrücke auf dem Weg endeten, aber sie wollte Verwirrung stiften, um den einen Feind bis zum Eintreffen des anderen Feindes in dieser nahezu perfekten Falle festzuhalten.
    Nachdem sie sich von der Küste aus etwa zwanzig Meter vorgearbeitet hatte, wandte sie sich wieder nach Westen wie ein gerissener Weißwedelhirsch, der einen weiten Bogen schlägt, um hinter seinen sich anpirschenden Jäger zu gelangen. Hier draußen war das Meereis etwas Lebendiges – es wies einen grünlichen Farbton auf, war weicher und ständig in Bewegung, da es auf Ebbe und Flut und den Sog der Strömungen reagierte und sich dementsprechend wölbte, bog und brach. Hastig zog Valentina die Isolationsfolie heraus, die sie bei sich trug, und hüllte sich darin ein. Die weiße
Außenseite tarnte sie gut. Dann ließ sie sich auf den Boden sinken, kroch auf Händen und Knien voran und hielt sich unter dem äußeren Rand des Eiskamms.
    Sie bewegte sich lautlos, doch einmal hätte sie beinah erschrocken aufgeschrien, als direkt vor ihr aus einer matschigen smaragdgrünen Pfütze eine Fontäne von Eiskristallen aufstob und sie sich buchstäblich Nase an Nase mit einer gleichermaßen verstörten Ringelrobbe befand. Die Robbe schnaubte ihr ins Gesicht, tauchte in ihrem Atemloch unter und überließ sie sich selbst. Valentina bemühte sich, ihren Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen.
    Dann hörte sie Stimmen von der Küste her. Ihre Jäger waren an der Stelle angelangt, an der sie vom Pfad abgebogen war. Jetzt war die Flucht zu Ende. Ihr Auftrag als Lockvogel war abgeschlossen. Sie wickelte die schützende weiße Folie enger um sich und ließ sich in einen Einschnitt im Eiskamm sinken, zog die Beine eng an ihre Brust, schlang sich die Arme um die Knie und nahm eine Ninjutsu-Position ein, um sich zu verstecken »wie ein Stein unter Steinen«. Sie zog auch den Halsausschnitt des Sweatshirts über ihren Mund und ihre Nase hoch und atmete in das Kleidungsstück hinein, um den Hauch ihres Atems zu verbergen. Valentina Metrace wurde zu einem Eisblock unter vielen anderen.
    Unter ihr knirschte und ächzte das Packeis. Die Stimmen wurden schwächer, bis nur noch ein gelegentliches Murmeln zu hören war. Inzwischen mussten die Waffenschmuggler dahintergekommen sein, wohin sie verschwunden war. Jetzt würde jemand oben auf dem Eiskamm stehen und die Umgebung mit einem Fernglas systematisch absuchen.
    Er würde nach Farbe und Bewegung Ausschau halten. Wenn sie ihren Jägern beides vorenthielt, würde sie sicher vor ihnen sein, wenigstens eine Zeitlang. Bedauerlicherweise war Randi Russell diesen Männern schon einmal auf ähnliche Weise entwischt. Es war kaum anzunehmen, dass sie ein zweites Mal einfach aufgeben würden. Sie würden sich umsehen. Sie würden nachdenken. Sie würden sich besprechen.
Dann würden sie ihr ins Eis auf dem Meer folgen und dort nach ihr suchen.
    Zumindest so lange, bis die Russen auf sie stießen.
    Valentina konzentrierte sich darauf, zu atmen, ohne ihre Brust zu heben und zu senken. Das war nicht schwieriger als gut getarnt in einem Unterstand einem Leoparden aufzulauern, nur dass sie nichts sehen konnte und dass diesmal sie die Gejagte war. Sie vertraute auf ihre anderen Sinne und lauschte durch die zweite Haut der Isolationsfolie nach dem Krächzen angestrengten Atems oder dem Hall von Schritten auf Eis. Ihre Finger schoben sich in den Ärmel ihres Pullovers, bis die Fingerspitzen den Griff des Messers berührten, das an ihren Unterarm geschnallt war.
    Jon und die anderen sollten mittlerweile ein gutes Stück vorangekommen sein. Sie würden sich am Fuß des

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