Arktis-Plan
die nationale Vereinigung Koreas und den Abzug der amerikanischen Truppen von der Halbinsel eintrat. Sie war aber auch als Scheinorganisation der nordkoreanischen Spionage in den Vereinigten Staaten erkannt worden.
Randis Taxi reihte sich in die lange Schlange von Fahrzeugen ein, die an der Auffahrt auf die gebührenpflichtige Schnellstraße zum
Flughafen die Zahlstelle passieren mussten. Vielleicht ein Dutzend Wagen vor ihnen entdeckte sie das Taxi, das Sun Chok und seinen Geleitschutz beförderte. Alles lief nach Plan.
Sun Chok war einer intensiven geheimen Überwachung unterzogen worden. Er wurde beschattet, seine Wohnung wurde durchsucht und mit Wanzen versehen, sein Telefon abgehört und seine Aktivitäten im Internet wurden streng überwacht. Es dauerte nicht lange, bis sich der Verdacht bestätigte, dass er tatsächlich für die nordkoreanische Regierung spionierte.
Die Beweise hätten für einen Haftbefehl ausgereicht, aber man hatte sich für eine andere Lösung entschieden. Franklin Sun Choks Verrat würde nutzbringend eingesetzt werden.
Randi warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und zog die Stirn in Falten. Wenn dieser Verkehrsstau sich nicht bald auflöste, würden sowohl sie als auch die Koreaner Schwierigkeiten bekommen. Dann wurde ihr bewusst, dass ihre Befürchtung albern war. Der nächste Flug nach Pjöngjang würde hinausgezögert werden, bis seine VIP-Passagiere an Bord waren.
Zweifellos zur Begeisterung seines nordkoreanischen Führungsagenten war Franklin Sun Chok bei Lawrence Livermore befördert worden. Mit dieser Beförderung waren eine beträchtliche Lohnerhöhung, ein Privatbüro, eine Chefassistentin und Zugang zu den tieferen Geheimnissen der Laboratorien verbunden. In Wirklichkeit wurde er in eine technologische Fantasiewelt eingekapselt, die von der CIA eigens zu diesem Zweck erschaffen worden war.
Mehr als ein Jahr lang wurde Sun Chok eine sorgsam dosierte Kost von minderwertigen Informationen vorgesetzt, die allerdings handfest und stichhaltig waren: Durchbrüche bei Forschungsprojekten, die man in den kommenden Monaten ohnehin in wissenschaftlichen Fachzeitschriften zu veröffentlichen gedachte, und unbedeutende militärische Geheimnisse, die nur bis zur nächsten Runde der Haushaltsdebatten geheim sein würden.
Voller Eifer und Naivität stürzte er sich auf dieses gefundene
Fressen, leitete die Informationen an seine Kontakte weiter und stärkte die Zuversicht seiner Vorgesetzen, dass er ein lohnender Informant wäre.
Als amerikanische Agenten, die diverse Forschungs- und Entwicklungsprogramme Nordkoreas überwachten, erstmals sahen, dass die ihm zugespielten Informationen praktisch genutzt wurden, wussten sie, dass die Regierung ihr Vertrauen in die Sun-Chok-Verbindung setzte. Jetzt war es an der Zeit, ihn zu Fall zu bringen.
Der Internationale Flughafen von Beijing unterschied sich nur geringfügig von jedem anderen modernistischen Terminal irgendwo sonst auf Erden. Als sie vor den Eingängen zur Abflughalle vorfuhren, erhaschte Randi lediglich einen flüchtigen Blick auf die Koreaner, die gerade das Flughafengebäude betraten, aber genau so wollte sie es haben. Wenn sie die beiden nicht sehen konnte, war sie für die beiden auch nicht zu sehen.
Mit Ausnahme der üblichen großen Anzahl an bewaffneten Volkspolizisten, die Sturmgewehre trugen, waren die Sicherheitsmaßnahmen tatsächlich weniger straff als auf amerikanischen Flughäfen. Randi wurde der Zugang zur Flughafenhalle gestattet, nachdem ihre Schultertasche nur ein einziges Mal durchleuchtet worden war. Für sie bestand kein Grund zur Sorge. Sie trug weder Waffen noch irgendwelchen technologischen Krimskrams im Stil von James Bond bei sich. Für diese Aufgabe wurde nichts dergleichen benötigt.
Als die Nordkoreaner angebissen und der Haken in ihrem Kiefer Halt gefunden hatte, wurde Franklin Sun Chok eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt, die ihm Zugang zu Bereichen mit noch höherer Geheimhaltungsstufe ermöglichte, und er wurde einem wichtigen neuen Projekt zugeteilt, das sich mit dem amerikanischen Raketenschild befasste. Über Sun Choks Schreibtisch wanderten erstmals Informationen, die verführerische Hinweise auf mögliche Gegenmaßnahmen gegen dieses Verteidigungssystem gaben.
Am Abend, bevor Sun Chok seinen Jahresurlaub antrat, blieb er bis spät in die Nacht im Labor, »um seinen Schreibtisch aufzuräumen«. Während Beobachter von der CIA ihm virtuell zusahen, verschaffte sich Sun Chok
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