Arktis-Plan
Die beiden haben sich ineinander verliebt. Sie haben sich verlobt und wollten heiraten. Er hat sie dazu überredet, gemeinsam mit ihm am USAMRIID zu arbeiten, dem Army-Forschungsinstitut für Infektionskrankheiten. Erinnern Sie sich noch an die Hades-Seuche?«
»Selbstverständlich.«
Randi hielt ihren Blick auf das nichtssagende Muster der Tapete gerichtet. »Das USAMRIID war eine der ersten Stellen, die hinzugezogen wurden, um den Krankheitserreger zu isolieren und Gegenmittel zu finden. Bei der Erforschung dieser Seuche hat sich meine Schwester infiziert.«
»Und auch sie ist gestorben.« Valentina Metraces Stimme klang jetzt sanfter und drückte Mitgefühl aus. Die Probe war bestanden.
Jetzt konnte Randi der Frau in die Augen sehen. »Seitdem habe ich bei einigen Aufträgen mit Jon zusammengearbeitet. Aus irgendwelchen Gründen ergibt es sich immer wieder, dass unsere Wege sich kreuzen.« Sie lächelte schmerzlich. »Mit der Zeit habe ich erkannt, dass er ein guter Agent und im Grunde seines Wesens ein anständiger Mensch ist. Und ich habe auch erkannt, dass die Dinge, die vor langer Zeit passiert sind, der Vergangenheit angehören. Ich kann Ihnen versichern, Professor, dass ich keine Probleme damit habe, mit ihm als Teamleiter zusammenzuarbeiten. Er versteht
sein Geschäft. Es ist nur so, dass ich jedes Mal, wenn wir uns begegnen, erst wieder mit einigen Erinnerungen fertigwerden muss.«
Valentina nickte. »Ich verstehe.«
Sie wandte sich zur Tür um, hielt aber mitten in der Bewegung inne. »Miss Russell, hätten Sie Lust, morgen mit mir zu frühstücken, bevor wir uns ins Flugzeug setzen?«
Sie betonte das Wort »wir« nicht besonders, sondern stellte ihre zukünftige Zusammenarbeit als selbstverständlich hin.
Diesmal war Randis Lächeln ohne Vorbehalt. »Ja, gern, Professor. Und nennen Sie mich Randi.«
»Und Sie mich Val. Ich entschuldige mich dafür, dass ich so scharf rangegangen bin. Mir war nicht ganz klar, was hier gespielt wird. Ich war mir nicht sicher, ob ich nicht vielleicht unter den Nachwirkungen einer Romanze leiden würde.«
»Zwischen Jon und mir?« Randi lächelte kläglich. »Wohl kaum.«
Das Lächeln ihrer Besucherin wurde strahlender. »Gut.«
Nachdem Valentina Metrace gegangen war, blickte Randi finster. Die schwarzhaarige Historikerin hatte keinen Anlass gehabt, sich dermaßen über Randis letzte Antwort zu freuen.
Kapitel elf
Über der Meerenge von Juan de Fuca
Die Boeing 737-400 von Alaska Airlines überflog den Streifen Wasser mit den zahllosen kleinen Inseln, der die Olympic-Halbinsel und die Vereinigten Staaten von Vancouver Island und Kanada trennte. Dicht über den Wolkenfetzen nahm sie Kurs nach Nordwesten. Als sie ihre Reiseflughöhe erreicht hatte, löste Jon Smith seinen Sicherheitsgurt. An einem Werktag mitten in der Woche waren die Plätze auf dem frühen Flug nach Anchorage nur zur Hälfte ausgebucht, und er genoss den zweifachen Luxus, keinen Sitznachbarn und zudem einen Platz in der geräumigen A-Reihe direkt hinter dem Cockpit zu haben.
Zum ersten Mal seit Wochen trug er Zivilkleidung. Er hatte seine Uniform gegen Levis und ein abgetragenes Buschhemd eingetauscht und fühlte sich wesentlich wohler darin. Als er einen Blick über die Rückenlehne seines Sitzes warf, konnte er Randi Russell und Professor Metrace sehen, die getrennt voneinander weiter hinten in der Kabine saßen.
Seit dem gestrigen Abend hatte sich Randi offenbar wieder gefangen und zu einer halbwegs ausgeglichenen Haltung ihm gegenüber zurückgefunden. Sie blickte von dem Pilotenhandbuch auf, in dem sie gelesen hatte, und lächelte ihn kurz an.
Die Dozentin las ebenfalls. Sie hatte ihre Nase in einen dicken Wälzer mit zahllosen Lesezeichen gesteckt – eine Studie über die Luftstreitkräfte des Warschauer Pakts.
Professor Metrace. Die Anrede klang immer noch seltsam.
Seine Aktentasche lag unter dem Sitz. Sie war voll gepackt mit den neuesten Datenblättern des USAMRIID zur schnellen Diagnose
und Bestimmung von Anthraxvarianten und Informationen zu den Behandlungsmethoden. Die würde er sich gleich vornehmen, aber im Moment war es wohltuend, sich zurückzulehnen, die Beine auszustrecken und die Augen gegen die warme Morgensonne zu schließen, die durch das Kabinenfenster schien. Bald würde er weder Zeit noch Gelegenheit haben, alles von sich abzuwälzen und sich vollkommen zu entspannen.
»Stört es Sie, wenn ich mich zu Ihnen setze, Jon?«
Er hatte vor sich hin gedöst
Weitere Kostenlose Bücher