Arktis-Plan
Abendessen war die Atmosphäre derart aufgeladen, dass die Spannung messbar gewesen wäre. Ich habe weder mit Ihnen noch mit Smith jemals vorher zusammengearbeitet, aber ich gehe davon aus, dass Sie schon früher mit dem Colonel im Einsatz waren. Ich muss auch davon ausgehen, dass Sie beide ziemlich kompetente Clubmitglieder sind, denn sonst wären Sie nicht hier. Trotzdem ist nicht zu übersehen, dass zwischen Ihnen beiden etwas mies gelaufen ist.«
Verflucht nochmal! Und dabei hatte sich Randi stolz zugute gehalten, wie beherrscht sie gewesen war. »Sie brauchen sich deshalb keine Sorgen zu machen, Professor.«
Valentina Metrace schüttelte unwillig den Kopf. »Miss Russell, ich bin kein Amateur, sondern Vollprofi. Das bedeutet, dass ich nicht mit Leuten arbeite, denen ich nicht trauen kann, und im Moment traue ich keinem. Bevor ich mich bei diesem Einsatz auch nur einen weiteren Schritt voranbewege, will ich ganz genau wissen, was zum Teufel zwischen den Personen in meinem Team vorgeht – und zwar bis in alle Einzelheiten!«
Randi durchschaute diesen Eröffnungszug mühelos: Aggressivität, die wahrscheinlich nur vorgetäuscht war, und ein plötzlicher heftiger Angriff. Valentina Metrace verlangte nicht nur Informationen. Sie sondierte die Lage und stellte Randis Reaktionen auf die Probe.
Die CIA-Agentin rang darum, ihre auflodernde Wut zu unterdrücken. »Ich schlage vor, dass Sie diese Angelegenheit mit Colonel Smith besprechen.«
»Das habe ich auch vor, Schätzchen. Aber im Gegensatz zu Ihnen ist er im Moment nicht da. Außerdem kann Smith anscheinend besser damit umgehen. Sie scheinen hier diejenige zu sein, die sich ins Hemd macht. Klären Sie mich auf.«
Diese Frau versetzte sie in Rage. Sie war ein echtes Ärgernis, oder
zumindest wollte sie im Moment genau das sein. »Ich kann Ihnen versichern, dass nichts, was zwischen Colonel Smith und mir vorgefallen ist, sich auf unseren derzeitigen Auftrag auswirken wird.«
»Darüber werde ich mir selbst ein Urteil bilden«, erwiderte Professor Metrace kategorisch.
Randi spürte, dass ihre Selbstbeherrschung einen Sprung bekam. »Das ist nicht Ihre Angelegenheit, verdammt nochmal!«
»Es ist meine Angelegenheit, dafür zu sorgen, dass ich mit heiler Haut davonkomme, Miss Russell, und darum kümmere ich mich die meiste Zeit. Und im Moment ahne ich, dass mit dem Team etwas faul ist und dass dieser Auftrag aufgrund von persönlichen Problemen von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Ich zähle bei dieser Mission zu den Spezialisten und bin demnach unentbehrlich. Ich habe den Verdacht, das trifft auch auf Colonel Smith zu. Somit bleibt alles an der kleinen Hubschrauberpilotin hängen. Ich versichere Ihnen, dass sich ein Ersatz für Sie finden lässt, meine Süße. Wenn ich jetzt gehe, sorge ich dafür, dass es so kommt.«
Der kritische Punkt war nahezu erreicht, aber beide Frauen wussten, was passieren würde, wenn es zu Handgreiflichkeiten kam. Sie würden nicht mit den Fingernägeln aufeinander losgehen und sich gegenseitig an den Haaren ziehen. Nein, eine von beiden, wenn nicht beide, würde innerhalb von Sekunden tot oder lebensbedrohlich verletzt sein.
Schließlich holte Randi erschauernd Atem. Zum Teufel mir dieser Frau, zum Teufel mit Jon Smith, und sie selbst sollte der Teufel auch gleich holen. Aber wenn sie gemeinsam einen gefährlichen Auftrag ausführten, dann hatte Metrace das Recht, diese Fragen zu stellen, und Randi war verpflichtet, sie zu beantworten.
»Vor zehn Jahren hat ein junger Offizier, in den ich sehr verliebt war, bei einer Friedenstruppe am Horn von Afrika gedient. Nach seiner Rückkehr wollten wir heiraten. Aber dort hat er sich eine dieser spezifisch afrikanischen Krankheiten zugezogen, etwas, mit dessen Erforschung die Medizin gerade erst begonnen hatte. Er
wurde auf ein Lazarettschiff der Marine evakuiert und der Obhut eines Militärarztes anvertraut, der zu der Zeit an Bord diente.«
Valentinas Anspannung ließ kaum merklich nach. »Colonel Smith?«
»Damals war er Captain. Er hat eine Fehldiagnose gestellt. Eigentlich war es wohl nicht seine Schuld. Zu der Zeit kannten sich mit Tropenkrankheiten nur wenige Spezialisten wirklich aus. Aber mein Verlobter ist gestorben.«
Jetzt herrschte wieder Stille im Zimmer. Randi holte noch einmal tief Atem und sprach weiter. »Eine Weile später hat Major Smith meine ältere Schwester Sophia kennengelernt. Sie war auch Ärztin und hat als Mikrobiologin in der Forschung gearbeitet.
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