Arktis-Plan
Nacken auf.
Es musste einer dieser flauen Tage gewesen sein, an denen sich auf der Welt nicht viel Neues getan hatte. Auf der Titelseite der Times war eine kurze Pressemitteilung des Verteidigungsministeriums abgedruckt. Es ging um die Entsendung des amerikanischrussischen Untersuchungsteams an den Ort des polaren Flugzeugunglücks, um dort zu klären, was es mit dem mysteriösen Flugzeug auf sich hatte. Sogar die Abflugzeit in Seattle, die Flugroute und die Art der Weiterbeförderung waren angegeben.
Der Bericht war eine durchaus angemessene Tarnung für das Vorhaben, die ausgegebenen Informationen eine reine Formsache.
Wenn man es unterlassen hätte, die Medien über diesen Schritt zu unterrichten, hätte das berechtigten Argwohn hervorgerufen.
Aber in Smiths Augen war es ein vernehmlicher Ruf ins Dunkel, und man konnte unmöglich wissen, wer ihn unter Umständen hören würde.
In ihrem Hotelzimmer ließ sich Randi Russell auf die Bettkante sinken. Ihre Hände glitten ziellos über die in goldenen Farbtöne gehaltene Tagesdecke, und ihre Gedanken sprangen wild zwischen der Vergangenheit und der Zukunft hin und her.
Verdammt nochmal, sie war eine gute Pilotin oder zumindest machte sie ihre Sache recht anständig, doch sie hatte nicht annähernd die Anzahl an Flugstunden absolviert, die notwendig gewesen wären, um sich als kompetente arktische Buschpilotin anzusehen. Aber das war immer das Problem bei der CIA. Man brauchte nur zuzugeben, dass man einen tropfenden Wasserhahn reparieren konnte, und schon gingen sie davon aus, man wüsste, wie man ein Hochwasserschutzprojekt leitet.
Erschwerend kam natürlich noch ihr Stolz hinzu, der die Worte »Nein, das kann ich nicht« nicht über ihre Lippen kommen lassen wollte.
Und insbesondere konnte sie sich nicht dazu durchringen, diese Worte ausgerechnet zu Jon Smith zu sagen.
Welcher Fluch kettete sie an diesen Mann?
Sie würde sich ihr Leben lang an den schlimmsten Streit erinnern, den sie jemals mit ihrer älteren Schwester gehabt hatte, an die kalte Wut, die sie gepackt hatte, als Sophia mit Smiths Verlobungsring am Finger aufgetaucht war, und an die ätzenden Worte, die sie Sophia an den Kopf geworfen hatte, bevor sie aus ihrer Wohnung stolziert war, weil sie sich verraten fühlte.
Das Schlimmste daran war gewesen, dass Sophia sich mit keinem Wort gewehrt hatte. »Jon tut leid, was er dir angetan hat, Randi«, hatte sie mit dem weisen, ach so traurigen Lächeln der großen
Schwester gesagt. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr er es bedauert, und du bist noch nicht einmal bereit, es zu verstehen.«
Randi würde es niemals verstehen können, jetzt nicht mehr.
Sie zog gerade den Reißverschluss eines ihrer Wildlederstiefel herunter, als sie ein leises Klopfen an der Tür hörte. Randi zog den Reißverschluss wieder hoch, ging zur Tür und warf zur Sicherheit einen Blick durch den Spion.
Schmale graue Augen sahen sie fest an.
Randi schob den Riegel zurück, nahm die Sicherheitskette ab und zog den Keil aus nassen, in Form gepressten Papiertüchern unter der Tür heraus. »Stimmt etwas nicht, Professor?«, fragte sie, als sie die Tür öffnete.
»Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Valentina Metrace mit unterkühlter Stimme. »Aber genau das will ich herausfinden. Deshalb bin ich hier. Wir müssen miteinander reden, Miss Russell, und zwar ganz konkret. Über Sie.«
Randi trat verblüfft einen Schritt zurück, und die Historikerin huschte an ihr vorbei ins Zimmer. »Können wir uns hier ungestört unterhalten?«, fragte sie schroff.
»Ich habe alles nach Wanzen abgesucht«, erwiderte Randi. Sie machte die Tür zu und schloss sie wieder ab. »Wir sind ungestört.«
»Gut. Dann können wir ja gleich zur Sache kommen.« Valentina lief mit verschränkten Armen in Randis Zimmer auf und ab. Dann wandte sie sich abrupt zu ihr um. »Was zum Teufel ist faul zwischen Ihnen und Smith? Da stimmt doch etwas nicht!«
Beim Abendessen, als sie sich lässig und liebenswürdig gegeben hatte, war Professor Metrace ihr nicht als eine ganz so eindrucksvolle Persönlichkeit erschienen. Aber da sie jetzt zum Angriff überging, waren ihre Augen reiner Stahl, und Randi wurde deutlich bewusst, dass ihr schwarzhaariges Gegenüber sogar ohne Absätze um einige Zentimeter größer war als sie.
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, Professor«, erwiderte
Randi steif. »Zwischen Colonel Smith und mir gibt es keine Probleme.«
»Ich bitte Sie, Miss Russell. Beim
Weitere Kostenlose Bücher