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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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werden kann. So zäh­len japanische Keramiken zu den ältesten der Welt, und japanische Jäger und Sammler wurden lange vor An­kunft der Landwirtschaft in Dörfern seßhaft, um sich von den reichen Gaben des Meeres zu ernähren. Wahr­scheinlich wurden auch einige Kulturpflanzen in Japan, Korea und Südostasien zuerst oder jedenfalls eigenstän­dig domestiziert.
    Nicht zu leugnen ist jedoch die ungeheuer wichtige Rolle Chinas. So steht die chinesische Kultur in Japan und Korea noch heute in so hohem Ansehen, daß man in Japan nicht daran denkt, das auf der chinesischen Schrift basierende Schriftsystem abzuschaffen, obwohl es sich nicht sehr gut zur Abbildung der japanischen Sprache eignet, während Korea erst jetzt angefangen hat, sein plumpes, ebenfalls von der chinesischen Schrift ab­geleitetes Schriftsystem durch das wunderbare koreani­sche Han’gul-Alphabet zu ersetzen. Diese Beharrlichkeit der chinesischen Schrift in Japan und Korea ist ein le­bendiges Vermächtnis der Domestikation von Pflanzen und Tieren in China vor fast 10 000 Jahren. Dank der Leistungen der ersten Bauern in Ostasien wurde China chinesisch, und Völker in einem Gebiet, das von Thai­land bis zur Osterinsel reichte (mehr dazu im nächsten Kapitel), wurden ihre Vettern.

KAPITEL 16
Schnellboot nach Polynesien
Die Geschichte der austronesischen Expansion
    F ür mich persönlich ist die Geschichte der pazifi­schen Inselwelt mit einem Erlebnis verknüpft, das ich hatte, als ich einmal in Begleitung von drei Indo­nesiern einen Laden in Jayapura betrat, der Hauptstadt des indonesischen Teils von Neuguinea. Meine Beglei­ter hießen Achmad, Wiwor und Sauakari, und der In­haber des Geschäfts hieß Ping Wah. Achmad, ein indo­nesischer Beamter, gab sich als Anführer unserer klei­nen Gruppe, da er mit mir zusammen eine ökologische Untersuchung im Auftrag der Regierung durchfüh­ren sollte und Wiwor und Sauakari von uns als loka­le Mitarbeiter angeheuert worden waren. Achmad war jedoch noch nie in seinem Leben in einem neuguinei­schen Bergwald gewesen und hatte keine Ahnung, was man an Vorräten benötigte. Die Situation, die sich ent­spann, entbehrte nicht der Komik.
    Als wir den Laden betraten, war Ping Wah gerade da­bei, eine chinesische Zeitung zu lesen. Beim Anblick von Wiwor und Sauakari las er ruhig weiter, doch sobald er Achmad bemerkte, schob er die Zeitung eilig unter den Ladentisch. Achmad hob ein Axtblatt hoch, woraufhin Wiwor und Sauakari losprusteten, weil er es verkehrt herum hielt. Wiwor und Sauakari zeigten ihm, wie man ein Axtblatt richtig hält und seine Qualität prüft. Dann fiel Achmads und Sauakaris Blick auf Wiwors nackte Füße, deren breit gespreizte Zehen kundtaten, daß er sein Leben lang barfuß gegangen war. Sauakari kramte die breitesten Schuhe hervor, die er in dem Laden fin­den konnte, und hielt sie gegen Wiwors Füße, doch sie waren immer noch zu eng, woraufhin Achmad, Saua­kari und Ping Wah in schallendes Gelächter ausbrachen. Achmad nahm aus einem Regal einen Plastikkamm und fuhr sich damit durch sein glattes schwarzes Haar. Dann reichte er Wiwor den Kamm. Als der nur den Versuch machte, sich ebenfalls zu kämmen, blieb der Kamm so­fort in seinem zähen, krausen Haar stecken und brach ab, als Wiwor ein wenig Kraft anwendete. Alle lachten, Wi­wor eingeschlossen. Zur Revanche erinnerte er Achmad daran, nur ja viel Reis einzukaufen, da man in neugui­neischen Bergdörfern keine Lebensmittel außer Süßkar­toffeln kaufen könne, und an denen werde sich Achmad sicher den Magen verderben – noch mehr Heiterkeit.
    Bei allem Gelächter spürte ich die Spannungen, die in der Luft lagen. Achmad war Javaner, Ping Wah Chi­nese, Wiwor Hochland-Neuguineer und Sauakari Tief­land-Neuguineer von der Nordküste. Javaner beherr­schen die indonesische Regierung, die in den sechzi­ger Jahren den westlichen Teil Neuguineas annektierte und den Widerstand der Neuguineer mit Bomben und Maschinengewehren niederschlug. Achmad entschloß sich später, in der Stadt zu bleiben und mich mit Wi­wor und Sauakari allein in den Dschungel ziehen zu lassen, um die Untersuchung durchzuführen. Zur Be­gründung verwies er auf sein glattes Haar, das sich so deutlich von dem der Neuguineer unterschied, und er­klärte mir, daß die Einheimischen jeden mit solchem Haar, dem sie fernab der Stützpunkte der Armee begeg­neten, umbringen würden.
    Ping Wah hatte seine Zeitung versteckt, weil die Ein­fuhr von Druckmaterial in

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