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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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und von dort den Weg in die weite Welt antrat. In der Tat wissen wir aus der Geschichtsschreibung, daß das Englische im 5. und 6. Jahrhundert n. Chr. von eben dort mit den Angelsach­sen nach England gelangte.
    Die gleiche Logik sagt uns, daß die nahezu 200 Mil­lionen Bantu, die heute die afrikanische Landkarte do­minieren, ursprünglich aus Kamerun und Nigeria stam­men. Neben dem nordafrikanischen Ursprung der Se­miten und der Herkunft der madagassischen Asiaten ist dies eine weitere Erkenntnis, die ohne die Hilfe der Lin­guistik nicht möglich gewesen wäre.
    Wir hatten bereits aus den Verbreitungsgebieten der Khoisan-Sprachen und dem Fehlen von Pygmäen-Spra­chen den Schluß gezogen, daß Pygmäen und Khoisan-Völker einst stärker verbreitet waren, bis sie von Schwar­zen »überflutet« wurden. (Ich verwende »überfluten« als neutralen, alles umfassenden Begriff, der offenläßt, ob es dabei zur Eroberung, Vertreibung, Vermischung, Tö­tung oder Infektion mit Krankheiten kam.) Von den Verbreitungsgebieten der Niger-Kongo-Sprachen wissen wir nun, daß die Schwarzen, die die »Überflutung« ver­körperten, Bantu waren. Die bisher erörterten anato­mischen und linguistischen Indizien führten uns zwar zu der Erkenntnis, daß jene prähistorischen Ausbrei­tungsbewegungen stattgefunden haben, doch ihre Ur­sachen sind damit noch nicht enträtselt. Erst die Indi­zien, die ich im folgenden präsentieren werde, können uns helfen, Antworten auf zwei weitere Fragen zu finden: Was versetzte die Bantu in die Lage, die Oberhand über Pygmäen und Khoisan zu gewinnen? Wann erreichten die Bantu die angestammten Gebiete der Pygmäen und Khoisan-Völker?
    Wir wollen der Frage nach der Bantu-Überlegenheit nachgehen, indem wir die verbliebene Form von Indi­zien aus dem lebendigen Hier und Heute untersuchen: domestizierte Pflanzen und Tiere nebst den Erkennt­nissen, die aus ihnen ableitbar sind. Wie wir in früheren Kapiteln sahen, sind diese Erkenntnisse von großer Be­deutung, da die Landwirtschaft höhere Bevölkerungs­dichten, Krankheitserreger, technische Errungenschaf­ten, neue Formen politischer Organisation und sonsti­ge Ingredienzien der Macht hervorbrachte. Völker, die aufgrund des Zufalls ihrer geographischen Heimat die Landwirtschaft erbten oder entwickelten, waren so in der Lage, Völker mit einer weniger günstigen Geogra­phie zu verdrängen.
    Als die Europäer im 15. Jahrhundert in Afrika südlich der Sahara eintrafen, bauten die Afrikaner fünf Gruppen von Kulturpflanzen an (siehe Abbildung 18.3), von de­nen jede mit Bedeutung für die afrikanische Geschichte befrachtet war. Die erste Gruppe war nur in Nordafri­ka bis hinauf ins Hochland von Äthiopien verbreitet. In Nordafrika herrscht ein mediterranes Klima, das sich dadurch auszeichnet, daß die Niederschläge vor allem in den Wintermonaten fallen. (Südkalifornien hat eben­falls ein mediterranes Klima, was erklärt, warum mein Keller und der von Millionen anderen Südkaliforniern im Winter oft überflutet wird, im Sommer aber garan­tiert knochentrocken ist.) Im Bereich des Fruchtbaren Halbmonds in Vorderasien, wo die Landwirtschaft ge­boren wurde, herrschen ähnliche klimatische Verhält­nisse mit erhöhtem Niederschlag während der Winter­monate.
    Deshalb waren alle ursprünglichen Anbaupflanzen Nordafrikas in ihrem Keimungs- und Wachstumsver­halten an winterliche Regenfälle angepaßt. Von der Ar­chäologie wissen wir, daß diese Pflanzen erstmals vor etwa 10 000 Jahren in Vorderasien domestiziert wur­den. Von dort breiteten sie sich in benachbarte Regionen Nordafrikas mit ähnlichen Klimaverhältnissen aus und bildeten das Fundament des Aufstiegs der alten ägyp­tischen Zivilisation. Zu ihnen zählten so bekannte Ge­wächse wie Weizen, Gerste, Erbsen, Bohnen und Wein­beeren. Diese sind uns deshalb so vertraut, weil sie sich auch in klimatisch verwandte benachbarte Regionen Eu­ropas und von dort nach Amerika und Australien aus­breiteten und zu einigen der bedeutendsten Anbaupflan­zen der gemäßigten Breiten wurden.
    Wenn man die Sahara von Norden her durchquert und in der südlich angrenzenden Sahelzone wieder auf Re­gen trifft, stellt man fest, daß die Niederschläge im Sa­hel nicht in den Wintermonaten, sondern im Sommer fallen. Selbst wenn die an winterliche Niederschläge an­gepaßten Anbaupflanzen aus Vorderasien irgendwie den Weg durch die Sahara gefunden hätten, wäre es schwie­rig gewesen, sie in der

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