Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
das logisch! Und vielleicht können wir daraus sogar einen gewissen Vorteil für uns ziehen.«
»Und wie?«
»Das verrate ich dir, sobald wir wieder an Bord der Lady Macbeth sind. Vorher muß jeder gründlich dekontaminiert werden. Gott allein weiß, wieviel nanonische Spione sie uns zugesteckt haben. Wenn wir nicht höllisch aufpassen, kriegen die Geheimdienstleute sogar unsere intimsten Gedanken mit!«
Die Aufzugtüren öffneten sich, und er trat ein. Irgend jemand hatte ein halbes Dutzend zwanzig Zentimeter durchmessender holomorpher Sticker an die Wände geklebt, und noch zwei mehr an die Decke. Einer der Aufkleber befand sich auf Augenhöhe. Er begann mit seinem Animationszyklus; eine Knospe aus Photonen schwoll aus dem Zentrum und bildete einen spärlich bekleideten Teenager nach. Einen Cheerleader. Sie schüttelte ihren silbernen Stock begeistert und rief dazu: »Lauf, Alkad, lauf! Du bist unsere letzte Hoffnung! Laß dich nicht von ihnen fangen! Lauf, Alkad, lauf!«
Joshua starrte entgeistert auf die Animation. »Ich werd’ verrückt!«
Der Teenager zwinkerte ihm keck zu und tauchte wieder zurück in die Oberfläche des Stickers. Drei weitere Sticker begannen mit ihren Zyklen.
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3. Kapitel
Rumpfplatte 8-92-K: Glanzlos grau, ein paar Kratzer, wo Werkzeuge und achtlose Handschuhe gestreift hatten, ein roter Strichkode, der die Produktionscharge und die Zulassung durch die Raumaufsicht dokumentierte. Reaktive Indikatorsticker für Strahlung und Vakuumablation waren noch im gesunden grünen Bereich. Alles war genauso wie bei den anderen hexagonalen Platten, die das empfindliche Innere der Villeneuve’s Revenge vor dem direkten Kontakt mit dem Weltraum schützten. Außer, daß die Rumpfplatte eine kaum meßbare elektromagnetische Aktivität aufwies, wie das Pad des Scanners anzeigte. Erick befestigte hastig ein zweites Pad über dem Ursprung der Strahlung. Der Block des Sensors bestätigte das Vorhandensein einer Strahlungsquelle. Eine Dichteanalyse verriet die Größe des verborgenen Senders sowie den ungefähren Umriß der größeren Komponenten in der nächsten Umgebung.
»Ich hab’ sie gefunden, Captain«, meldete Erick per Datavis. »Sie haben sie in einer Rumpfplatte versteckt. Ziemlich klein, wahrscheinlich ein elektronenkomprimierter Deuterium-Tritium-Kern. Sprengkraft höchstens null Komma zwei Kilotonnen.«
»Bist du sicher, Erick?«
Erick war zu müde für eine heftige Antwort. Das war seine neunte Freiwache, die er mit Suchen verbrachte, und sein rekonvaleszierender Körper wurde dadurch viel zu sehr geschwächt. Nach jeder zehnstündigen Suchaktion, die er mit dem Kriechen durch die Innereien des Schiffs verbracht hatte, mußte er auf direktem Weg zurück auf die Brücke der Villeneuve’s Revenge, um für Kingsley Pryor und die acht Reporter der Organisation, die sie an Bord genommen hatten, den Anschein normaler Routine aufrechtzuerhalten. Die Organisation spielte ein schmutziges Spiel. Genau wie Erick es hatte kommen sehen.
»Ganz sicher.«
»Dank sei allen Heiligen! Endlich! Jetzt können wir diesen Teufeln entkommen! Du kannst sie doch deaktivieren, nicht wahr, mon enfant?«
»Das beste wäre wahrscheinlich noch, die Platte zu lösen und mit den Röntgenlasern zu verdampfen, sobald sie weit genug weg ist.«
»Bravo. Wie lange wird es dauern?«
»Kann ich nicht sagen. Ich werde ganz bestimmt nichts überstürzen.«
»Selbstverständlich nicht.«
»Gibt es überhaupt annehmbare Sprungkoordinaten in unserem Orbit?«
»Ein paar, ja. Ich mache mich gleich daran, einen Kurs zu berechnen.«
Sorgfältig suchte Erick den Rest des kleinen Hohlraums nach weiteren unvermuteten Emissionsquellen ab. Gegenüber der Rumpfplatte entdeckte er eine Rohrspirale, die an einen zusammengerollten Drachenschwanz erinnerte. Sie führte zu einer Wärmetauscherpumpe. Dort war er hervorgekommen, eingeklemmt zwischen dem geschwungenen Titan und einem Stapel fußballgroßer kryogenischer Tanks, aus denen die Korrekturtriebwerke gespeist wurden. Es war ein kleiner, beengter Raum, doch es gab Hunderte von Schlupfwinkeln und Ritzen, wo man etwas verstecken konnte. Erick benötigte eine halbe Stunde, um alles sorgfältig abzusuchen, und er mußte sich immer wieder zwingen, methodisch vorzugehen. Es fiel ihm nicht leicht mit einer scharfen Fusionsbombe achtzig Zentimeter von seinem Schädel entfernt, deren Timer langsam vor sich hintickte.
Als er sich überzeugt hatte, daß in der Höhle keine Fallen
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