Armageddon 05 - Die Besessenen
es sind wirklich verdammt viele von diesen Mistkäfern.«
»Das wissen wir. Wie lautet die gute?« kreischte Tina wütend.
»Sie kommen näher, weil da unten so etwas wie eine Straße verläuft. Eine richtige, meine ich, mit Asphalt und so.«
Sie wurden nicht schneller, um zu dem verwahrlosten Hippie zu kommen, trotzdem lag in ihren Schritten wieder ein gewisser Elan, der ihnen seit einiger Zeit gefehlt hatte. Sie kletterten auf die Anhöhe und blieben bei Cochrane stehen.
»Was gibt es?« fragte Moyo. Sein Gesicht war perfekt. Die Narben und Blasen waren nicht mehr zu sehen, und seine Augen schimmerten hell und gesund. Er konnte sogar wieder lächeln, und er hatte es häufig getan in den letzten Tagen, die sie in der Scheune verbracht hatten. Die Tatsache, daß Moyo lächeln konnte und sich zugleich weigerte, die anderen unter die täuschend echten Augäpfel sehen zu lassen, beunruhigte Stephanie über alle Maßen. Es war eine schlimme Form von Ablehnung. Er spielte die Rolle des Moyo nur, und er spielte sie sehr dürftig.
»Es ist ein Tal«, sagte sie zu ihm.
Er stöhnte. »O Hölle, nicht schon wieder!«
»Nein, das hier ist anders.«
Der Hügel war der Gipfel eines steilen Hangs, der sich mehrere Hundert Meter bis hinunter zur Talsohle des Catmos Vale zog, einem Tal von wenigstens zwanzig Meilen Breite. Regen und Dunst machten es schwer, die gegenüberliegende Seite zu erkennen. Der Boden bildete eine breite flache Ebene, die tatsächlich imstande gewesen war, den massiven Schlammfluten zu widerstehen. Die schiere Breite hatte die Lawinen absorbiert, die aus den schmäleren Zuflußtälern an den Seiten gekommen waren. Sie waren auseinandergelaufen und hatten ihre destruktive Kraft verloren. Der breite, gewundene Fluß, der sich durch den mittleren Bereich wand, hatte den größten Teil des Schlamms bereits abtransportiert, ohne daß er eine Chance gehabt hätte, sich in gefährlich instabilen Kolloiden anzusammeln.
Weite Bereiche des Bodens hatten sich vom Regen und den Fluten in Schlammebenen verwandelt. Ganze Wälder waren entwurzelt, und ein Gewirr von Stämmen lag kreuz und quer übereinander. Jetzt sanken sie langsam tiefer und tiefer, während die sich langsam ausweitenden unterirdischen Wasserströme dem Schlamm darüber jegliche Stabilität nahmen. In Zeitraffer über eine Periode von einem oder zwei Tagen beobachtet sah es fast aus, als würden sie schmelzen.
Kleine Hügel bildeten ein weites Archipel aus olivgrünen Inseln inmitten eines ockerfarbenen Ozeans. Hunderte panischer, ausgemergelter einheimischer Tiere drängten sich darauf, Herden von Kolfrans (ein Rotwild-Analogon) und Rudel der kleinen fleischfressenden Ferrangs zertrampelten die überlebenden Gräser zu einem breiigen Matsch. Dazwischen rannten Vögel umher, deren Federn vom Schlamm zu sehr verklebt waren, um zu fliegen.
Viele der Inseln unmittelbar unterhalb des Hangs waren von gewundenen Straßenabschnitten überzogen, die sich mit ein wenig Phantasie zu einem einzelnen Band zusammensetzen ließen, welches sich durch das gesamte Tal zog. Die Straße führte zu einer kleinen Gemeinde, die durch den Dunst gerade eben zu erkennen war. Der größte Teil davon war auf höherliegendem Land errichtet, so daß die Gebäude von den Schlammfluten verschont geblieben waren – als wäre der gesamte Talboden ein einziger schlammiger Burggraben. Nahe dem Zentrum stand eine kleine Kirche, deren klassischer grauer Turm trotzig aufragte. Ein paar rote Symbole waren um die Mittelsektion herum auf den Stein gemalt.
»Das muß Ketton sein«, sagte Franklin. »Kannst du sie spüren?«
»Ja«, antwortete Stephanie unbehaglich. »Da sind eine ganze Menge von unseren Leuten.«
Was auch den Zustand der Gebäude erklärte. Nicht ein Dachziegel fehlte auf den schmucken kleinen Häusern, und nirgendwo war ein Anzeichen von Beschädigungen zu erkennen. Selbst der kleine Park war frei von jeglichem Schlamm und Pfützen.
Cochrane deutete mit dem Daumen in das Tal hinunter. »Ich schätze, das ist der Grund, warum diese Typen es so eilig haben, hierher zu kommen.«
Es war tatsächlich das erste Mal, daß sie die Befreiungsarmee zu Gesicht bekamen. Zwanzig Jeeps bildeten einen Konvoi entlang der Straße. Wo auch immer der Belag aus Carbo-Beton die Inseln verließ und im Schlamm versank, verlangsamten sie ihre Fahrt und tasteten sich vorsichtiger voran. Der Schlamm konnte nicht sehr tief oder zähflüssig sein, und er reichte kaum über die Reifen.
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