Armageddon 07 - Zweite Chance auf Eden
seines Anzugkragens waren jedenfalls nicht imstande, eine Nahtstelle zu entdecken. Auf halber Höhe einer Seite gab es zwei runde Vertiefungen mit einem Durchmesser von jeweils etwa zehn Zentimetern. Falls es sich um eine Luftschleuse handelte, mussten dies logischerweise die Kontrollen sein. Menschen hielten Notfallsicherungen möglichst einfach. Warum sollte es bei den Xenos anderes sein?
Marcus steckte den Finger in eine der Vertiefungen. Sie leuchtete hellblau auf.
»Ich bemerke einen Energieanstieg«, meldete Schutz. »Der Prozessorblock entdeckt unter der Hülle verschiedene Hochspannungsschaltkreise, die sich plötzlich aktiviert haben. Was hast du gemacht, Marcus?«
»Nichts Besonderes. Ich habe versucht, eine der Schleusen zu öffnen.«
Das Rechteck weitete sich sanft, und Material floss zu den Rändern. Strahlend weißes Licht flutete hervor.
»Clever«, sagte Schutz.
»Nichts anderes als unser programmierbares Silikon«, widersprach Antonio.
»Mit dem Unterschied, dass wir kein programmierbares Silikon für externe Schleusen benutzen.«
»Jedenfalls ist jetzt eines klar«, sagte Marcus per Datavis. »Es waren mit Sicherheit keine Kiint, nicht bei einer so kleinen Luftschleuse.«
»Stimmt. Was nun?«
»Wir werden versuchen, den Schleusenmechanismus in Betrieb zu nehmen. Ich gehe hinein und sehe zu, ob ich die Luke von innen betätigen kann. Falls sie sich nach zehn Minuten nicht wieder geöffnet hat, versucht ihr, den Mechanismus erneut zu betätigen. Falls auch das nichts nutzt, schneidet ihr mich mit der Fissionsklinge des MSV wieder frei.«
Die Kammer im Innern war glücklicherweise größer als die Schleusenluke: eine Röhre mit fünfeckigem Querschnitt, fünfzehn Meter lang und zwei breit. Vier der Wände leuchteten hell, die fünfte war ein Streifen aus dunklem, kastanienfarbenem Komposit. Marcus schwebte hinein, dann drehte er sich um die eigene Achse, bis er das Gesicht der Luke zuwandte, während er sich im Zentrum der Kammer befand. Direkt neben der Luke entdeckte er vier weitere Vertiefungen.
»Nummer eins«, sagte er per Datavis.
Er steckte den Finger hinein, doch nichts geschah.
»Nummer zwei.« Die Vertiefung erstrahlte in blauem Licht. Die Schleuse floss zu.
Marcus krachte schwer mit der linken Schulter auf den Streifen aus braunem Komposit. Die Wucht des Aufpralls war so heftig, dass sie ihm fast das Atemstück aus dem Mund gerissen hätte. Er grunzte erschrocken. Seine neurale Nanonik blockierte die Schmerzwelle aus der geprellten Schulter.
Herr im Himmel! Sie haben künstliche Gravitation!
Er lag flach auf dem Rücken; das Exoskelett und die Manövrierjets waren viel zu schwer. Von welchem Planeten die Xenos auch immer stammen mochten, er besaß ein Gravitationsfeld, das etwa eineinhalb Mal stärker war als das der Erde. Marcus löste die Verschlüsse an den Seiten seines Exoskeletts und wand sich frei. Das Stehen bedeutete eine Anstrengung, doch er war höhere Beschleunigungskräfte gewöhnt, wenn auch – zugegebenermaßen – nicht für längere Zeiträume.
Er steckte den Finger in die erste Vertiefung. Das Gravitationsfeld wurde rasch schwächer, und die Schleusenluke floss wieder auseinander.
»Wir sind gerade zu Milliardären geworden«, sagte er per Datavis.
Die dritte Vertiefung setzte die Schleusenkammer unter Druck, die vierte evakuierte sie wieder.
Die Xeno-Atmosphäre bestand zum größten Teil aus einer Stickstoff/Sauerstoffmischung mit einem Prozent Argon sowie sechs Prozent Kohlendioxid. Die Feuchtigkeit war entsetzlich. Der Druck war niedriger als Erdstandard, und die Temperatur betrug zweiundvierzig Grad Celsius.
»Wir müssen unsere Raumanzüge so oder so anlassen, wegen der Hitze«, sagte Marcus. »Und die hohe Konzentration an Kohlendioxid würde uns töten. Außerdem müssen wir durch die biologische Dekontamination, bevor wir zurück an Bord der Lady MacBeth gehen.«
Sie standen alle vier am anderen Ende der Schleusenkammer. Die Exoskelett-Panzer lagen hinter ihnen auf dem Boden. Marcus hatte Wai gesagt, dass ihre erste Erkundungstour nicht länger als eine Stunde dauern würde.
»Wollen Sie etwa vorschlagen, dass wir völlig unbewaffnet vorgehen?«, fragte Jorge.
Marcus richtete seine Kragensensoren auf den Mann, der vorgab, Hardware-Spezialist zu sein. »Meine Güte, jetzt gehen Sie aber zu weit mit Ihrem Verfolgungswahn. Wir werden unter gar keinen Umständen beim Erstkontakt Waffen mitführen. So lautet das Gesetz, und die Bestimmungen der
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