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Arminius

Arminius

Titel: Arminius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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spät, er war zu spät gekommen. In diesen kleinen Worten zu spät versank seine ganze Welt.
    Warum nur hatte er so lange gewartet? Vorsichtig, als könnte er ihr noch Schmerzen zufügen, zog er seiner Mutter den Dolch aus der Stirn. Es war ein römischer Dolch. Beide, Vater und Mutter, so wie sie jetzt vor ihm lagen, sahen ihn ohne Vorwurf an, so als hatten sie ihren Blick auf etwas anderes gerichtet. Die Leichenstarre hatte noch nicht eingesetzt. Es schien noch so viel Leben in ihnen zu sein, noch so viel Wärme. Eine Wärme, die er nicht zu halten vermochte und die langsam der Kälte Platz machte.
    Während Arminius wie versteinert seine Eltern betrachtete, näherte sich ein Geräusch vom Eingang her. Er sprang auf und zog das Schwert. Bereit zu tun, was jetzt getan werden musste, ohne Furcht, ohne Anteilnahme.
    Durch die geöffnete Tür trat Elda herein, Arminius erkannte ihre Gestalt im Gegenlicht. Stumm blickte sie um sich. Arminius ließ das Schwert fallen, ging auf sie zu und umarmte sie. Schweigend erwiderte sie seine Umarmung.
    Nach einer ganzen Weile flüsterte sie: »Zu spät, verzeih mir, ich bin zu spät.« Er schaute sie fragend an. »Ich habe gehört, wie Marcus meinen Vater für den Hinweis dankte, wer damals die Hundertschaft getötet und die zwölf von ihnen gekreuzigt hat. Und er sagte, die Zeit der Rache für diese Untat sei nun gekommen!«
    »Aber das alles ist doch schon so lange her.«
    »Marcus hasst dich, und mein Vater fürchtet, dass du seine Pläne zerstörst.«
    »Wie könnte ich das?«
    »Indem du mich heiratest.«
    »Aber du willst doch Ansar …«
    »Ansar!«, rief Elda.
    Der Albino betrat das Langhaus. Arminius blickte ihn verwundert an und versuchte, sich einen Reim darauf zu machen, dass Elda sich diesen Jungen mit den roten Augen zum Manne wünschte.
    »Ich liebe ihn … wie einen Bruder. Verstehst du?«
    Er verstand, wenn auch nicht alles, begriff jedoch instinktiv das Wesentliche.
    »Mein Vater will König der Cherusker werden. Deshalb arbeitet er mit den Römern zusammen. Einige Gefolgsherren unterstützen ihn, andere halten sich zurück. Er hat versucht, deinen Vater zu entmachten. Und Segimer hat sich auch in den letzten Jahren immer mehr zurückgezogen. Es hat ihm das Herz gebrochen, dass sie dich nach Rom gebracht haben. Aber was sollte er tun, das Thing hatte es so beschlossen. Und ein Beschluss des Rates ist für alle bindend. Ich glaube, er sah es als seine Strafe für die unbedachte Bluttat an den Römern an. Wie dem auch sei. Meines Vaters Macht wuchs in den Jahren, deines Vaters Macht im Rat schwand. Und dann kommst du zurück, ein Günstling des Augustus, hoch dekoriert, mit dem Bürgerrecht ausgestattet, nach dem mein Vater giert. Mit einem Sohn wie dir wäre Segimers Macht im Rat wieder gewachsen. Dein römisches und sein cheruskisches Ansehen hätten alle Pläne meines Vaters zunichtegemacht.«
    »Deshalb musste er ihn beseitigen. Und Marcus hasst mich, weil ich ihn vor Gericht bloßgestellt habe.« Arminius hatte kaum ausgesprochen, da betrat Heban das Haus. Das Entsetzen stand ihm in den Augen.
    »Wer war das?«
    »Germanen und Römer.«
    Der junge Semnone blickte sich um. »Wo ist das Vieh?« Elda, Ansar und Arminius schauten ihn verwundert an. »Ich sehe nicht ein Rind, nicht ein Schwein, weder Schaf noch Ziege, auch die Weide vor dem Haus ist leer.«
    Arminius dachte nach, es stimmte, auch ihm waren keine Tiere aufgefallen, bis auf den Iltis.
    »Sie haben alles mitgenommen. Erinnerst du dich an die Prätorianer, die wir unterwegs getroffen haben?«, fragte Heban.
    »Ich hatte mich schon gewundert, weshalb sie eine solch niedere Aufgabe, wie Steuern einzutreiben, übernommen haben«, sagte Arminius nachdenklich.
    »Das war nur ein angenehmer Nebeneffekt. Man hatte sie ausgeschickt, um den Tod zu bringen«, erwiderte Heban zornig.
    Arminius wurde aschfahl. Ein grausames Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Dann wird der Tod jetzt sie finden!«
    »Es sind zu viele.«
    »Der Tod fragt nicht danach, wenn er seine Ernte einfährt.«
    »Sie kommen nicht so schnell voran, weil sie die Herde treiben müssen«, warf Elda ein. Arminius konnte ihren Gedanken fast körperlich spüren. Es war der seine.
    »Du bringst den jungen Mann zu Nehalenia. Und dort wartet ihr auf uns!«, sagte Elda mit fester Stimme zu Ansar.
    »Du gehst mit«, befahl Arminius Heban, ohne einen Widerspruch zu dulden. Obwohl er jede Hand hätte gebrauchen können, die ein Schwert zu halten

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