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Arminius

Arminius

Titel: Arminius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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unternehmungslustig.
    »Es zieht dich also in den Osten! Um des Ruhmes willen?«
    »Wegen des Ruhms und wegen der Geheimnisse, Princeps.«
    Augustus lächelte mit sanftem Spott. »Ach, ich vergaß! Außer dass du Aufständische niederringst, Kinder zeugst, dich mit Philosophie beschäftigst, dichtest du ja auch noch und sehnst dich nach den Mysterien des Ostens. Sag, haben dir die Götter ein Jahr zum Tag gegeben, oder wie schaffst du das alles?«
    »Nichts leichter als das.«
    »Nichts leichter als das?« Augustus zog die Augenbrauen hoch.
    »Wenn man nicht von früh bis spät so vortrefflich wie du die tausend Angelegenheiten des Reiches zu regeln hat, bleibt genügend Zeit für diese minderen Beschäftigungen. Nicht mir, sondern dir, Augustus, haben die Götter ein Jahr zum Tag gemacht. Ich eifere dir nur nach, mit ganzem Bemühen, wenn auch vergeblich. Denn wer könnte sich mit dir messen?«
    Das Lachen des Princeps erfüllte den Raum. Er klopfte seinem jungen Feldherrn auf die Schulter. »In den Osten willst du. Na, meinetwegen. Aber erst nach deinem Konsulat.«
    Eine heiße Welle der Freude durchströmte Germanicus. »Ich soll Konsul werden?« Augustus nickte kurz. Damit würde Germanicus jünger als üblich das höchste Amt nach dem Princeps im Reich antreten.
    »Was ziehst du wieder für ein finsteres Gesicht, Tiberius? Missgönnst du deinem Sohn den Erfolg?«, fragte Augustus.
    »Ich bitte um Verzeihung, Princeps, aber ich habe nur das eine Gesicht.«
    »Dann mach etwas draus!«, fuhr ihn der Kaiser an, verärgert über die Antwort seines ungeliebten Nachfolgers. Im Grunde ekelte er sich vor der Gesichtslepra des Mannes, vor seiner ewigen Griesgrämigkeit.
    Niemals hatte er sich Tiberius zum Nachfolger gewünscht, und doch hatte ihm das Schicksal mit eiserner Beharrlichkeit, nachdem es zuvor alle anderen Anwärter durch Tod aus dem Weg geräumt hatte, diesen freudlosen Mann aufgedrängt, der zunächst sein Stiefsohn und nun durch die offizielle Adoption sogar sein Sohn geworden war. Zumindest hatte Augustus Tiberius gezwungen, Germanicus, den Sohn seines verstorbenen Bruders Drusus, an Sohnes statt anzunehmen. Damit wollte der Princeps dem Schicksal zumindest die Möglichkeit einräumen, am Ende doch noch Germanicus zum neuen Kaiser zu erwählen, wenn er selbst einmal nicht mehr sein würde. Augustus fühlte sich müde. Obwohl er zeitlebens gekränkelt hatte, war er wie durch ein Wunder schließlich älter geworden als die kraftstrotzenden Kerle um ihn herum. Aber jetzt war es anders, nicht irgendeine Unpässlichkeit machte ihm zu schaffen, sondern die Krankheit zum Tode hatte sich in seine alten Knochen eingenistet. Genug, dachte er, es ist genug. Er vermeinte alles, was einem Menschen widerfahren konnte, nicht nur einmal, sondern gleich mehrmals erlebt zu haben. Alles wiederholte sich, selbst die Wiederholung. Sein Leben empfand Augustus nur noch als Schmierenkomödie. Was, spottete er im Stillen über sich, ist abgeschmackter als ein alter Strippenzieher, der nur noch angeekelt dabei zuschaut, wie er die Puppen tanzen lässt? Und da er nicht mehr anders konnte, als die ewig gleiche Vorstellung zu geben, spielte er das alberne Machtspielchen von Zuckerbrot und Peitsche mit Germanicus eben weiter und hörte sich gelangweilt sagen: »Eine schlechte Nachricht musst aber auch du, Germanicus, Kind der Fortuna, schlucken. Ich habe deinen Freund Ovid verbannen müssen.«
    »Aus welchem Grund?«
    »Wegen seiner unzüchtigen Verse.«
    »Aber ich kenne seine Verse, ich liebe sie sogar. Findest du bei mir etwas, womit ich Anstand und Sitte verletzt hätte? Unzucht, soviel steht fest, habe ich nicht getrieben. Wie können da Ovids Gedichte anstößig sein?«
    »Ich weiß. Das ist auch nur der offizielle Grund. Es gab eine Verschwörung gegen mich in eurer Abwesenheit. Julia, deine geschiedene Frau, Tiberius, und meine Tochter – oh, womit habe ich nur eine solche Tochter verdient, ihr Götter –, war die Anführerin. Ovid war wohl eher unwissentlich als willentlich an der Angelegenheit beteiligt. Ich musste ihn vorsorglich entfernen.«
    »Und wo ist der Dichter jetzt?«
    »In Tomi.«
    »Was? Nördlicher noch, als der Danubius ins Schwarze Meer mündet?« Wieder wurde Germanicus schmerzlich daran erinnert – und nichts anderes hatte Augustus bezweckt –, dass Rom, so sehr es auch Theater, Gladiatorenkämpfe und Tierjagden liebte, nur einem einzigen Spiel wirklich verfallen war: dem Spiel um die Macht, das man

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