Arminius
rief er. »Und du mein lieber Freund, erhebe dich schnell, denn wir alle wollen uns erheben. Niemals soll ein Mann vor dem anderen das Knie beugen, sei er auch der Geringste. Der morgige Abend wird uns entweder tot oder als Sieger sehen! Unser Heil liegt in unserer Entschlossenheit!«
Sie jubelten ihm zu, denn er sprach ihnen aus dem Herzen. Der König wartete, denn er gönnte ihnen die Freude, die man empfindet, wenn einem die Fesseln durchschnitten werden und man sich frei recken und strecken kann. Dann ging er mit ihnen den Schlachtplan durch.
Ihr Heil lag in den Händen der Götter, ihr Schicksal webten die Nornen. Immer lauter und immer näher drangen Geräusche aus dem Unterholz, als streiften Bewaffnete durch den Wald. Erschrocken wollten die Fürsten schon ihre Schwerter ziehen, doch Arminius hielt sie zurück. Aus dem Wald brachen die Gefolgsherren der Marser, Rugier, Semnonen, Bataver, Cherusker, Chatten, Angrivarier, Usipeter, Brukterer und Chauken. Stammesangehörige erkannten einander, Verwandte umarmten sich. Nun wussten Arminius’ Männer, dass sie nicht allein standen, dass sich die germanischen Krieger vieler Stämme in dieser Schlacht vereinigen würden.
Auf Arminius’ Zeichen hin setzten sich alle auf den Boden. Dann zeigte er auf den Weg, der sich unter ihnen durch das Tal wand. »Die Marschroute der Legionen wird durch Täler, vorbei an Bergen und Mooren führen. Sie werden sich hier nicht zur Kampfordnung entfalten können, und wenn wir den Weg zerschneiden, dann kann auch die Reiterei nichts ausrichten. Varus wird die Legionen nicht in Kampf-, sondern in lockerer Marschordnung ziehen lassen. Das heißt, den auseinandergezogenen Einheiten folgt jeweils der Tross der Legion, dann die Soldaten der nächsten Legion. Zum Teil werden sie nur ihre Schwerter bei sich haben. Auch werden zwischen ihren Kolonnen Pferdewagen fahren, die ihre Schilde und teilweise ihre Helme und Brustpanzer transportieren. Die Römer fühlen sich sicher und träumen schon vom Winterlager. Und in einem Eissturm werden sie auch erwachen!«
Die Männer quittierten den Spott des Anführers mit wildem Lachen.
»Zur gleichen Zeit, morgen um die Mittagsstunde, werde ich mit meinen Leuten überraschend die neunzehnte Legion angreifen, von hinten den Rückzug vereiteln und vorn die Verbindung zur achtzehnten Legion durchschneiden. Dann wird ein Teil meiner Leute zwischen diesen beiden Legionen eine Befestigung errichten, mit Gräben und Wällen. Oh, wozu haben uns die Römer all diese feinen Künste beigebracht, wenn wir sie nicht anwenden? Ihr Marser und Bataver in Verbund mit den Semnonen und Rugiern macht das Gleiche zwischen der achtzehnten und siebzehnten Legion. Ich gebe euch Randulf samt einigen tüchtigen Semnonen mit, die das Schanzen erlernt haben. Die Angrivarier, Sachsen und Cherusker beginnen gleich unter Gerwulfs Führung, den Weg hinter dem Sumpf dreißig Meilen von hier mit einer starken Befestigung abzuriegeln. Wenn Varus merkt, dass auch in der Flucht kein Heil liegt, wird es für ihn zu spät sein. Die kühnen Krieger der Usipeter, Brukterer und Chauken werden von den Hängen der Berge die Männer der achtzehnten und siebzehnten Legion pausenlos mit Speerwürfen und Bogenschüssen verwöhnen. Passt aber auf, dass ihr nicht die eigenen Leute trefft!«
»Wenn sie aussehen wie Römer, kann das schon passieren«, rief einer, und alle lachten.
»Wir werden die neunzehnte Legion niedermachen, dann die achtzehnte und schließlich die siebzehnte. Bei der ersten Legion wird es uns am leichtesten fallen, da ist das Überraschungsmoment auf unserer Seite. Die anderen werden ungleich schwerer, weil die Römer bestimmt eine Form der Verteidigung finden werden. Sie wissen genau, dass sie nur so überleben können.
Werdet also nicht leichtsinnig, denkt nicht an Beute, bevor der letzte Römer tot ist, denn sonst wendet sich das Kriegsglück, den sicher gefühlten Sieg werden wir verlieren, und sie werden uns erschlagen. Alle Beute wird euer sein, wenn alle Römer tot sind. Nicht eher! Erwische ich einen Krieger vorher beim Beutemachen, erschlage ich ihn eigenhändig, sagt das allen. Hämmert es allen ein, wir haben erst gesiegt, wenn wir gesiegt haben, wenn sich kein Legionär mehr rührt! Und noch eins: Im Tross der Römer werden sich Frauen und Kinder befinden. Sie werden verschont, sagt das euren Männern, dass ich denjenigen, der sich an Frauen und Kindern vergeht, töte! Ich töte auch jeden, der es sieht und
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