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Arminius

Arminius

Titel: Arminius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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entlegensten Winkel der Erde zu tragen. Selbstmitleid hasste er, gern trug er das wohltuende Joch der Pflicht. Politische Konstellationen wechselten, aber die Pflicht blieb. Deshalb liebte Tiberius sie über alles – weil sie verlässlich war. Die römische Pflicht schätzte er als Wert der germanischen Freiheit als weitaus überlegen ein. Wo die Pflicht wankt, geht die Welt unter, daran glaubte er fest.
    Mit dem Feldherrn an der Spitze setzte sich die Reiterhundertschaft wieder in Bewegung. Weit konnte es bis zum Militärlager Aliso nicht mehr sein.
    Grausam seid ihr Götter, dachte Tiberius mit einem grimmigen Lächeln und gab seinem Pferd die Sporen, ihr fresst mit Vorliebe eure Lieblinge. Sollten die Reiter seiner Einheit später ruhig verbreiten, dass es Bruderliebe war, die ihn, die Gefahren nicht achtend, zu Drusus getrieben hatte – den er wie nichts auf der Welt hasste.

    Weit folgte Elda den Reitern, die ihren Freund einfach mit sich genommen hatten, in den Wald, lief noch, als sie längst schon wusste, dass es vergeblich war. Doch die Verzweiflung trieb sie immer weiter und hinderte sie daran, innezuhalten. Was wäre denn, wenn sie nicht mehr laufen würde? Sie müsste in das Leben ohne Ergimer, den sie wohl niemals wiedersehen würde, zurückkehren. Müsste einsehen, dass die Menschen, die sie liebte oder achtete, ihn verraten, ihn zur Garantie eines schändlichen Vertrages herabgewürdigt hatten. Sie rannte, um dieser Wahrheit zu entkommen. Solange noch die Bäume und Sträucher an ihr vorbeiflogen und der Puls in Hals und Schläfe immer lauter pochte, war sie von allem Nachdenken erlöst. Die Frage, die sie quälte, lautete: Wie sollte sie mit den Menschen, die sie zu lieben glaubte, weiterleben, mit all jenen, die Ergimer verraten oder diese Heimtücke mitbeschlossen, zumindest aber zugelassen hatten? Wie sollte sie weiterleben? Wäre er tot, verunglückt, so könnte man um ihn trauern, aber die Wahrheit stellte sich als viel scheußlicher dar: Sie hatten ihn verraten. Und Verrat ist schlimmer als Tod!
    Hinter sich hörte sie das Schnaufen eines Pferdes. Kurz vor ihr brachte der Reiter das Pferd zum Stehen, dann sprang er ab. Es war ihr Vater.
    Sie konnte nicht mehr im Lauf innehalten, und so fiel sie in Segestes’ Arme, die sich fest, und doch zärtlich um Elda schlossen.
    »Verzeih mir, meine Tochter«, murmelte er bewegt. »Verzeih mir. Aber die Welt wandelt sich, auch unsere Welt. Du kannst das heute noch nicht verstehen. Aber wir werden untergehen, wenn wir uns nicht ändern. Die Römer sind da, sie werden auch nicht wieder verschwinden! Man mag den Tag bedauern, an dem sie am Rhenus erschienen, ungeschehen machen kann man ihn nicht. Ein Dummkopf, wer etwas anderes glaubt und von einem Leben ohne die Römer träumt.«
    Elda indes schmiegte sich nicht an ihn, wurde nicht weich in den Armen des Vaters. Etwas, das sie nicht verstand, hinderte sie daran. Sie hörte seine Stimme und wollte doch ihre Ohren verschließen. Sie vertraute ihm nicht mehr, wollte nicht mehr auf seine Worte hören, denn sie klangen nach Verrat und nicht nach Wahrheit.
    Segestes ließ seine Arme sinken und stand auf. Kurz entdeckte Elda einen traurigen Zug um seinen Mund, der sie schon anrührte, doch dann wirkte ihr Vater wieder so undurchdringlich wie gewohnt.
    »Du musst es auch nicht verstehen. Du wirst eines Tages eine Frau sein. Ich werde dich sobald als möglich verheiraten! Dein Mann wird dir schon deine Flausen austreiben, dazu ist er da!«, sagte Segestes. Dann hob er seine Tochter auf das Pferd, setzte sich dahinter und ritt los.
    Nicht nur für Ergimer, auch für das Mädchen würde sich von nun an das Leben ändern. Etwas, das Elda nicht benennen konnte, hörte auf, und sie wusste, dass sie es vermissen würde, wie einem ein grundloses Lachen oder die Anfälle plötzlicher Fröhlichkeit fehlen konnten. Ihr Vater hatte Recht, eine neue Zeit begann für die Cherusker, und Elda misstraute seinen Worten, dass es eine gute Zeit würde. Wie konnte sie gut sein, wenn sie mit Ergimers Entführung begann?

    Zu spät begriff der Junge, dass er den Vater nicht festgehalten hatte. Wie gern würde er ihn nun zurückholen, wie viel hätte er ihm noch zu sagen gehabt, Worte, die nun auf immer unausgesprochen blieben! Tief im Innern fühlte Julius den eisigen Zaun der Ewigkeit, vor dem er so unvorbereitet gestanden und an dem er nicht zu rütteln gewagt hatte. Bitter bereute er nun seine Verdrossenheit, die ihn dazu gebracht

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