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Arminius

Arminius

Titel: Arminius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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betriebsamer Menschen vermittelten ihm das Gefühl, plötzlich in der wimmelnd tätigen Zwergenwelt angekommen zu sein. Denn am fremdesten blieb ihm nach wie vor die große Zahl der Legionäre, die eifrig einem Willen gehorchten. Ihre Gleichgerichtetheit. Wie Ameisen, dachte er. Willenlose Wesen, die nur der Befehl beseelte. So, wie es ›die Römer‹ gab, existierten im Grunde ›die Cherusker‹ nicht, denn es gab nur ›den Cherusker‹, er war immer Einzahl, immer der eine, den seine Treue an den Gefolgsherrn band. Doch über allem, auch über seine Treue, thronte die Ratsversammlung der Freien, das Thing. Und auch das bestand aus den Einzelnen.
    Aber der Wunder waren mehr. Große Tempel erhoben sich inmitten geheimnisvoller und von Mauern umringter Haine, und unüberschaubare Seen verwechselte er zunächst mit dem Meer, bevor sie sich doch als Binnengewässer zu erkennen gaben. Aber am meisten erstaunten ihn schließlich die Berge Rätiens, die in den Himmel stießen mit ihren majestätisch weißen Kappen aus reinem Schnee und Eis, während zur gleichen Zeit im Tal die Blumen blühten.
    Schließlich rasteten sie, nachdem sie schon seit Tagen im Gebirge unterwegs waren, unterhalb eines hohen Berges neben dem Weg auf einer großen Wiese. Während die Legionäre die Zelte aufschlugen und römische Bürger den Leichnam des Drusus bewachten, trat Tiberius, der Julius bei sich hatte, zu den beiden cheruskischen Jungen, die wieder und wie gewohnt von Salvianus und dem Chatten in Latein unterrichtet wurden.
    »Komm, Arminius, du kannst nachher weiterlernen, jetzt will ich dir etwas zeigen, solange das Wetter noch gut ist«, sagte Tiberius langsam, dabei jedes Wort betonend, und verbot dem Chatten, seine Worte zu übersetzen. Aber Arminius hatte ihn ungefähr verstanden, und die Begriffe, die er noch nicht kannte, erriet er einfach. Er sprang auf, lief zu dem Feldherrn und stellte sich neben Julius.
    »Folgt mir!« Mit diesen auffordernden Worten schritt er kräftig voran.
    »Wo geht wir?«, rief Arminius nach vorn, stolz, dass er seine Frage auf Lateinisch stellen konnte.
    »Gehen heißt es, Arminius, wohin gehen wir.«
    »Wohin gehen wir«, verbesserte sich der Junge fröhlich und lernwillig.
    »Wenn ich es dir hätte sagen wollen, wüsstest du es schon!« Arminius schaute nun zu Julius: »Weißt du?« Doch der schüttelte nur den Kopf und zuckte ratlos mit den Achseln.
    »Kommt! Wir müssen uns beeilen, denn im Gebirge bricht die Nacht schneller herein, als uns lieb sein kann.« Nach diesen Worten beschleunigte Tiberius seinen Schritt, sodass die beiden Kinder kaum noch mithalten konnten und immer wieder ins Laufen kamen, um nicht zurückzubleiben.
    Er eilte einen schmalen Weg hinauf, der wie ein ausgewaschenes Flussbett wirkte. Je höher sie kamen, desto stärker blies der Wind, der ihre erhitzten Gesichter kühlte. Die Bäume standen immer vereinzelter. Schließlich erreichten sie einen schmalen ebenen Pfad, an dessen rechter Seite eine steile Felswand in den Himmel strebte, während der Berg links tief ins Tal abfiel. Arminius schaute in den Abgrund und trat entsetzt einen Schritt zurück.
    »Bleibt stehen! Schließt die Augen, und gebt mir eure Hände!« Die beiden Jungen taten, wie ihnen geheißen, auch wenn es Arminius unheimlich war, denn einen Sturz würde niemand überleben. Er hatte kaum seinen rechten Arm vorgestreckt, da spürte er auch schon die harte und rissige Hand des Feldherrn, die die seine ergriff und ihn mit sich zog.
    Nach einer ihm endlos dünkenden Zeit dirigierte ihn Tiberius um eine rechtwinklige Kurve. Sein Herzmuskel zuckte, und fast meinte Arminius schon zu fallen, denn ein leichter Schwindel erfasste ihn. Ein starker, überraschend warmer Wind wehte ihm plötzlich ins Gesicht, ein Wind, der nie die Erde berühren würde. Es war, als ob tausend Finger nach ihm griffen, sein Antlitz streichelten und in sein struppiges Haar fuhren. Zum ersten Mal in seinem Leben badete er in der dünnen Luft des Himmels.
    »Halt! Atmet jetzt tief ein«, befahl Tiberius. Die Kinder blieben stehen und sogen die Luft durch die Nase tief in ihre Lungen. Ein Duft nach Anis und wilder Minze spielte mit Arminius’ Geruchsnerven und breitete sich in ihm aus. Rosmarin und Koriander kamen hinzu. Wo war er? War er etwa schon tot? Und träumte nur?
    »Jetzt öffnet die Augen!« Auf diesen Befehl hatte Arminius nur gewartet. Er schlug hastig die Augen auf. Und taumelte sogleich. Doch bevor er in die Tiefe stürzte,

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