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Arminius

Arminius

Titel: Arminius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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miterleben wollten.
    Aus allen Himmelsrichtungen strömten Abgaben, Tribute und Steuern in die Taschen der römischen Senatoren und Ritter. Und überall schufteten Menschen, um das einfache römische Volk, die plebs, das seine Zeit vorzugsweise in den Arenen und Theatern zubrachte, mit Gratisspielen und Gratisgetreide zu versorgen. Mit ausreichend Brot und Spielen bedacht, hielt es Ruhe. Darin bestand der tiefere Sinn der Pax Augusta, des andauernden Friedens, der mit Augustus begann.
    Der Grundsatz seiner Herrschaft war denkbar einfach: Menschen, die mit Nahrung und Unterhaltung ruhiggestellt werden, begehren nicht auf. Um diese einlullende Wirkung zu erreichen, muss zum einen die Nahrung simpel sein, und zum anderen darf die stetige Unterhaltung das Denkvermögen der Volksmassen nicht übersteigen – auch im Genuss macht Anstrengung unzufrieden und nörglerisch.
    Biete dem Volk ein große Suhle mit ausreichend Eicheln, und es wird sich hineinlegen. Das hatte der Herrscher Germanicus und Arminius persönlich beigebracht. Und er führte ein anschauliches Beispiel dafür an: Drusus, der verblichene Vater des Germanicus, hatte sich gern bei den Spielen sehen lassen und nicht geknausert. Deshalb war er beim Volk beliebt gewesen und wurde noch heute verehrt. Tiberius hingegen mochten die einfachen Leute nicht, weil er aus seiner Verachtung gegenüber den öffentlichen Belustigungen keinen Hehl machte und zudem zu Recht als Geizhals galt. Beim alljährlichen Gedenken an Drusus’ Tod beklagten fast alle, dass das Schicksal den lebensfrohen Feldherrn und nicht seinen finsteren Bruder ereilt hatte.
    Glaubte man indes, dass das Leben dieser Leute einem einzigen Spaziergang glich, irrte man gründlich: Auf der Suche nach außergewöhnlichen Erlebnissen mussten sie beständig von einem Ereignis zum nächsten hasten, Hamster im Laufrad der Spiele. Und diese ununterbrochene Geschäftigkeit in Geschrei und Gestank, die sie Leben nannten, untergrub die Gesundheit rasch und sicher.
    Zum Zeichen, dass Germanicus die toga virilis, die Männertoga, verliehen wurde, war der Kaiser am Morgen mit ihm vor den Senat getreten. Dort hatte Augustus die vom Volk bejubelte Volljährigkeit des jungen Römers verkündet. Nur wenige Stunden später wurde Germanicus auch noch die große Ehre zuteil, als Führer der Jungmannschaft, als princeps iuventutis, die Knaben und Jünglinge im Staatsfest des Trojaspiels anzuführen.
    Arminius hatte von seinem Lehrer Salvianus erfahren, dass sich die Römer von den Troern herleiteten. Ihr Stammvater war Aeneas, der die Überlebenden der von den Griechen geschlagenen Bewohner von Troja mit Schiffen nach Italien brachte. Zur Ehre seines verstorbenen Vaters richtete er, kaum in Italien gelandet, Reiterspiele mit Wettkämpfen aus, und der Staatsdichter Vergil hatte diese erste Reiterparade, bei der der sagenhafte Iulus die Jungmannschaft führte, besungen: »Iulus, so stattlich wie keiner der andern; auf dem Sidonier-Ross ritt er, das ihm die herrliche Dido schenkte, Erinnerungsstück an sie selber und Zeugnis der Liebe.«
    Germanicus und auch Arminius kannten diese Verse auswendig – niemand in Rom konnte als gebildet gelten, der nicht wenigstens ein paar Zeilen des hochverehrten Publius Vergilius Maro herzusagen wusste.
    Das Fest wurde fortan Trojaspiel genannt, und Augustus richtete es gern aus, denn es verherrlichte nicht nur den Gründungsmythos der Stadt Rom, sondern auch Augustus selbst und dessen Geschlecht. Dank der Adoption durch Julius Caesar und seiner Mutter Julia empfand sich der Kaiser ganz als Julier, die sich wiederum auf Iulus als ihren Stammvater beriefen.
    Die besten Pferde, die sich die Eltern der jungen römischen Elite leisten konnten, trugen kostspieliges Zaumzeug. Im Sattel saßen ihre Söhne, die jugendlichen Häupter mit Kränzen aus Eichenlaub geschmückt. Die Sonne spiegelte sich in den Goldharnischen, die sie über ihren Tuniken trugen. In der linken Hand die Zügel, in der rechten Hand ein Lanzenpaar mit eiserner Spitze und einem Schaft aus dem schwarzen Holz der Kornelkirsche, ritten sie nun in drei Abteilungen in die Arena ein. Dem Führer einer der drei Abteilungen folgten jeweils zwölf Knaben oder Jünglinge in zwei Reihen zu sechs Reitern. Die Pferde wieherten munter, als kitzele sie der wettkampferprobte Sand der Arena in den geblähten Nüstern und spornte sie geradezu an.
    Posaunen erklangen, Trommelwirbel stiegen in die Luft. Aufgeregt stieß Arminius den Bruder an und

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