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Arminius

Arminius

Titel: Arminius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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würdige stoisch-unbewegte Miene auf, die so gar nicht zu seinem jungenhaften Gesicht und den aufgeregt tanzenden Fingern, die er hinter seinem Rücken zu verbergen trachtete, passte.
    »Ich grüße dich, Arminius«, sagte Augustus freundlich. Wie er es gelernt hatte, senkte der Junge vor dem Herrscher ehrerbietig den Kopf. »Salve Caesar!«
    »Du hast dich bewährt. Seit du zu uns gekommen bist, hast du zu denken und zu handeln gelernt wie ein echter Römer. Zum Beweis erfreue uns mit ein paar Zeilen aus dem Vergil oder dem Horaz!«
    Arminius lächelte, dann konzentrierte er sich und begann mit Vergil:
    »Nah an die Stadtmauern kamen derweil die berittnen Trojaner
auch die etruskischen Feldherren, kurz, alle Kämpfer zu Pferde,
streng nach Schwadronen geordnet. Über das flache Gelände
trappelten wiehernd die Rosse, sie warfen die Köpfe, sich gegen
Zügeldruck sträubend, bald hierhin, bald dorthin; von ehernen Lanzen
starrte weithin die Flur, hoch blitzten die Waffen im Felde.«
    Er zitierte die lateinischen Verse mit einer vollkommenen römischen Aussprache, so als sei er auf dem Palatin oder der Esquilin, dem Virminal oder dem Capitol geboren und wie ein Römer bei der ersten Waschung unmittelbar nach der Geburt in Tiberwasser getaucht worden. Nur sehr geübte Ohren hätten an seinem tieferen Stimmsitz die fremde Abstammung erkennen können. Er holte kurz Luft, dann fuhr er mit Horaz fort:
    »… so sahn zur Schlacht am rätischen Alpenjoch
den Drusus ziehn die wilden Vindeliker,
und ihre siegverwöhnten Scharen
spürten, erdrückt von des Jünglings Kriegskunst …«
    Arminius hielt kurz inne, um die Spannung zu steigern und lächelte Germanicus an, dem warm ums Herz wurde. Dann sprach er weiter:
    »… was großer Blick, was erbliche Tüchtigkeit,
an gottgeliebtem Herde gepflegt, vermag
und wie gewaltig in den Söhnen,
in den Neronen, der Geist Augustus’ ist.«
    Augustus lachte über das ganze Gesicht, als er Beifall klatschte. »Brav von dir, unsern Freund Horaz zu deklamieren, der leider von uns gegangen ist und den ich noch heute nach Jahr und Tag seit dem Moment seines Hinscheidens vermisse. Kein Mann von so gewaltigem Talent hat seither die Erde berührt. Meine Neffe hier …«, er wies auf Germanicus, »meint, Ovid könne es mit ihm aufnehmen. Doch zu leicht, finde ich, tändelt dessen Gesang.«
    Germanicus errötete leicht wegen der Zurechtweisung. Aber das lag nicht in der Absicht des Herrschers, der sogleich, an Arminius gewandt, fortfuhr: »Mit der Auswahl der Verse hast du Roms großen Feldherrn Drusus geehrt, du hast deinem Herrscher, mir, Ergebenheit bewiesen, und du hast den Freund gelobt, den Sohn des Drusus. Du hast auch allen Grund dazu, ob du es weißt oder nicht, Germanicus herzinnig zu danken. Mit der ganzen Gewalt seiner jugendlichen Beredsamkeit hat er darum gebeten, was sag ich, gefordert, gewünscht, gebettelt, so wie es nur ein echter Mann kann, dass dir zur Feier seiner Volljährigkeit von mir das römische Bürgerrecht verliehen werde. So arg gedrängt sah sich seit Anbeginn der Welt ein Herrscher selten, sodass ich mich endlich der mit so viel Tugend und Ehre vorgetragenen Bitte nicht verschließen konnte.«
    Augustus erhob sich. Dann fuhr er mit lauter Stimme fort, als stünde er auf der Rednertribüne im Forum Romanum und spräche zum Volk von Rom: »Ab heute wirst du als Julius Caesar Arminius in die Freiheit der römischen Bürger aufgenommen, und dir wird das römische Bürgerrecht verliehen. Ich will dich also nicht länger in der Knabentoga sehen. Bereite dich darauf vor, meinen Sohn, Gaius Caesar, auf seinen Missionen zu begleiten. Du bist alt genug. So, und jetzt lass dich umarmen, Römer, Mitbürger, Freund.« Nachdem Augustus gesprochen und Arminius umarmt hatte, herrschte für einen Moment Ruhe, bevor Jubel losbrach. Germanicus stürzte auf den Freund zu und schlang die Arme um ihn.
    »Bruder!«, rief er.
    Und Arminius antwortete: »Bruder!«

16
    Kaum ein Jahr war vergangen, als Flavus tatsächlich zum Centurio der germanischen Leibwache des Augustus befördert wurde. Arminius und er sahen sich nun häufiger, doch nur für kurze Zeit. Der Kaiser übertrug Gaius Caesar die Aufgabe, nach Kleinasien zu gehen, um in Armenien wieder einen den Römern genehmen Fürsten einzusetzen. Auch beauftragte er ihn damit, die Parther, ein stets gefährliches und widerspenstiges Volk, das alles daransetzte, im Mittleren Orient zur Großmacht aufzusteigen, in die Schranken zu weisen.

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