Arminius
sagte Arminius.
»Wahrheit? Was soll das sein?«
»Ich weiß es nicht, Imperator, ich weiß nur, dass es dieses Fieber war, an dem er verglühte, und nicht der Wundbrand. Er las alte griechische Schriften und suchte nach einem verborgenen Heiligtum.«
»Warum ist er dann nicht zum großen Orakelheiligtum nach Eleusis gegangen?«
»Weil er es für Schwindel hielt. Dort amtierten vom Staat eingesetzte Priester. Die sich auch bewusst waren, wem sie zu dienen hatten. Wie kann aber die Wahrheit dienen wollen? Die Wahrheit lebt nur im Verborgenen. Eleusis war für ihn Herrschaft, nicht aber Wahrheit.« Arminius merkte nicht, wie sehr Germanicus an seinen Lippen hing, gespannt auf jedes seiner Worte.
»Wer die Macht hat, hat die Wahrheit«, sagte Tiberius verdrossen.
»Nein, wer die Macht hat, hat nur die Macht. Kurz vor seinem Tod flüsterte mir Gaius noch zu: Wenn die Macht kommt, geht die Wahrheit zuerst.«
»Was heißt das?«
»Ich weiß es nicht, Imperator.«
»Vielleicht weiß es Maroboduus«, warf der mit der Narbe ein und erntete damit Heiterkeit. Und er setzte noch einen Scherz drauf: »Wer von uns in der Schlacht zuerst fällt, kann Gaius im Hades ja fragen, was er damit gemeint hat.«
Die Männer lachten und suchten sich im Witzereißen zu übertreffen. Aus den Augenwinkeln beobachtete Tiberius, der sich gerade einen neuen Becher Wein bringen ließ, dass Arminius das Zelt verließ und Germanicus ihm folgte.
Draußen pfiff der Wind durch die Äste. Der Mond hatte sich hinter einer Wolke versteckt, und auch die Sterne leuchteten nur spärlich. Arminius schlug sein Wasser an einer Birke ab. Germanicus trat neben ihn und tat das Nämliche.
»Hast du Gaius gemocht?«, fragte er den Freund.
»Nein, aber seine letzten Monate, der Verzicht und das Verbrennen in der Suche nach der Wahrheit, weißt du, wie eine Motte Feuer fängt, wenn sie zu dicht an die Kerze gerät, das hat mich beeindruckt. Aber gemocht habe ich ihn nicht, nein. Wie war es in Germanien?«
»Schöne Frauen gibt es dort, schöne Römerinnen und schöne Germaninnen. Und übrigens, ich verstehe jetzt, dass du Elda nicht vergessen konntest.«
»Du hast sie gesehen! Sie lebt! Es geht ihr gut!«
»Sie ist schön. Sie ist eigensinnig. Sie ist eine Herausforderung für einen Mann. Sicher freut man sich, wenn man mit ihr verheiratet ist, auf den Krieg, um sich von ihr zu erholen. Mit einem Wort, die perfekte Frau für einen Militärtribun.«
Arminius lachte laut und glücklich auf. »Du hast also mit ihr gesprochen, und sie hat sich überhaupt nicht verändert.«
Am anderen Morgen brachen die Legionen sehr früh auf. Sie marschierten bis zum frühen Nachmittag, dann errichteten sie das Militärlager. Die folgenden Tage glichen dem Ersten. Manchmal schafften sie 15, manchmal 17 Meilen am Tag. Unaufhaltsam fraß sich der römische Heereswurm durch Bohemia, durch das Reich der Markomannen und ihres Königs Marbod oder, wie die Römer sagten, Maroboduus. Und vom Westen zog ein zweites Heer heran.
Germanicus, der neben Arminius ritt, ließ seinen Blick über die marschierenden Einheiten schweifen, eine endlose Kolonne, die sich durch das böhmische Becken wälzte.
»Anstelle des Markomannen würde ich mich ins eigene Schwert stürzen. So aussichtslos ist seine Lage, dass ich fast Mitleid mit ihm habe«, sagte er.
»Wenn er es nicht tut, wird er einen Grund dafür haben. Unterschätzen wir Marbod nicht. Er wird nicht untätig herumsitzen!«
»Ja, aber zaubern kann auch er nicht«, antwortete Germanicus und trieb sein Pferd an.
Nach und nach wurde das Grün der Halme, die auf den Feldern standen, heller. Die Truppen des Tiberius versorgten sich vom eigenen Nachschub. Der Feldherr achtete darauf, die Bauern auf dem Weg zur Schlacht nicht zu behelligen. Er wusste, dass die Menschen, an denen sie vorbeizogen, hierbleiben würden und auch hierbleiben sollten. Marbods Tage waren gezählt, und dann musste man mit den Menschen, die hier lebten, etwas Neues errichten. Warum also unnötig Feindschaft und böses Blut schaffen? Es war ein schönes Land mit seinen weichgeschnittenen Hügeln, dem ausladenden blauen Himmel, den Wäldern und Feldern, den saftigen Weiden und unzähligen Quellen und Bächen und Flüsschen, die alle zur Albis rieselten und strömten.
Am Fuße eines baumbestandenen Hügels, der auch frisches Wasser aus einem kleinen Bach aus seinem Inneren lieferte, befahl der Feldherr zu rasten. Geübt errichteten die Legionäre das Marschlager.
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