Arsen und Apfelwein
vermummter Mann entlang und führte ein kastanienbraunes Vollblut am Zügel.
»Hallo«, rief Sascha, doch der Mann lief unbeirrt weiter. Sascha probierte das Torschloss und es ließ sich problemlos öffnen. Sie traten ein und schlossen das Tor hinter sich. Vor ihnen befand sich ein großes Stallgebäude. Der Mann mit dem Pferd war um die Ecke verschwunden. Sie folgten ihm und traten durch eine offen stehende Tür in einen warmen Stall. Links und rechts befanden sich Boxen und hier und da reckte sich ein neugieriger Pferdekopf in die Stallgasse. Sie liefen den Gang entlang, bis sie an eine Box kamen, in der gerade ein junges Mädchen ein Pferd striegelte.
»Entschuldigung«, meinte Jenny. Überrascht hob das Mädchen den Kopf. »Ja? Suchen Sie jemanden?«
»Herrn von Schaubert. Wissen Sie zufällig, wo wir ihn finden könnten?«
»Sein Pferd steht im nächsten Stall, die Tür hinaus und gleich gegenüber. Ich weiß aber nicht, ob er da ist.«
Jenny bedankte sich und sie verließen das Stallgebäude wieder. Durch die Kälte gingen sie zum nächsten Stall und öffneten die Tür. Von Schaubert stand am anderen Ende der Stallgasse. Zusammen mit einem untersetzten Mann begutachtete er ein Pferd. Eine Stute, wie Jenny erkannte, als sie neben die Männer trat. Von Schaubert starrte sie an. »Was tun Sie denn hier?«
»Schönes Pferd«, meinte Jenny. »Ihres?«
Er nickte. »Das passt mir gerade ganz schlecht. Ich bin in einer geschäftlichen Besprechung!«
»Wir warten«, meinte Jenny freundlich. »Lassen Sie sich von uns nicht stören.« Ärgerlich wandte von Schaubert sich wieder dem zweiten Mann zu, der ihrem Gespräch stirnrunzelnd gefolgt war. »Ist das Ihr letztes Angebot?«
Der Dicke kratzte sich am fast kahlen Kopf. »Mehr kann ich nicht zahlen. Immerhin hat sie noch nicht viel eingelaufen.«
Von Schaubert biss die Zähne zusammen. »Ich überlege es mir und melde mich.«
Er hakte das Führseil aus und brachte die Stute zurück in ihre Box. Der Dicke tippte sich an einen imaginären Hut und entfernte sich mit den Worten. »Sie wissen ja, wo Sie mich finden können.«
Jenny setzte sich auf einen Strohballen, der an der Wand der Stallgasse lag, und wartete, bis von Schaubert mit ärgerlichem Gesichtsausdruck aus der Box herauskam. »Was ist so wichtig, dass Sie mich hierher verfolgen?«
»Sie wollen Ihr Pferd verkaufen?«, fragte Jenny mit einem bedauernden Unterton.
»Was geht das die Polizei an?«
»Nichts. Ich mache nur ein bisschen Konversation.«
»Kommen Sie lieber zur Sache. Ich habe noch viel zu tun.«
»Was denn?«
Er öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder. »Was wollen Sie nun von mir?«
»Ich möchte, dass Sie Ihre Aussage noch einmal überdenken. Wir haben Zeugen dafür, dass Sie sich durchaus des Öfteren mit Marc Duprais getroffen haben. Sie waren mit ihm zusammen in der Studentenverbindung. Sie kamen ebenfalls einmal unverhofft bei ihm zuhause vorbei und haben mit ihm gestritten.«
»Gestritten ist übertrieben. Es hat ihm nicht gepasst, dass ich mich nicht angemeldet habe. Meine Schuld. Ich wusste, dass er unangemeldete Besuche nicht mochte.«
»Was wollten Sie denn bei ihm?«
»Muss man einen Grund haben, um einen Freund zu besuchen?«
»Ich dachte, die Freundschaft wäre nicht so eng gewesen?«
Er suchte nach einer Antwort. »Das sind doch Haarspaltereien. Sind Sie deshalb hergekommen?«
»Ihre Familie ist pleite?«, fragte Jenny direkt.
Von Schaubert erblasste. »Woher wissen Sie das?«
»Das tut nichts zur Sache. Verkaufen Sie deshalb ihr Pferd?«
Er blickte zu Boden. »Unter anderem. Jetzt …«
»Was wollten Sie sagen?«
»Ach nichts.«
Jenny versuchte es anders. »Kennen Sie eine Ramona Wiesner?« Sie meinte, ein kurzes Flackern in seinen Augen zu sehen.
»Nein, wer ist das?«
»Eine junge Frau, mit der sich Marc Duprais regelmäßig getroffen hat.«
Er sah Jenny ausdruckslos an. »Er hat nie von ihr erzählt.«
»Zurück zur Verbindung. Wer war dort Mitglied?«
»Ich habe keinen Überblick, dazu bin ich zu selten da. Im Verbindungshaus im Büro müsste es eine Liste geben.«
»Wann treffen wir jemanden dort an? Wer ist verantwortlich?«
»Michael Strom, ein Medizinstudent, hat den Vorsitz. Das wechselt jährlich. Am besten fragen Sie ihn.«
»Haben Sie einen Schlüssel?«
»Natürlich. Sogar dabei. Wollen Sie ihn?«
Jenny versuchte, ihre Überraschung zu verbergen. Kurz sah sie zu Sascha, dann wieder zurück zu von Schaubert. »Gerne.«
Er
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