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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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Technik zu entwickeln. Leider ist nichts davon übrig geblieben.«
    »Was geschah?«
    »Die Imperialen Ingenieure erinnerten sich an ihren Erfolg beim Kampf gegen die Tia – das Schwarze Loch, das sie durch einen modifizierten Sprungsektor zur Zentralwelt der Tia schick ten, hatte seinen Zweck erfüllt. Sie versuchten es mit einer ähnlichen Taktik und schickten einige Dutzend Mikrokollapsare zu den Vakuumpumpen der Sagittarius-Energiesenken. Und damit lösten sie eine fatale Kettenreaktion aus.«
    Rahil schwieg einige Sekunden und ließ seinen Blick durchs Tal schweifen, das vielleicht vor sechshundert Jahren durch den Einsatz einer Waffe entstanden war.
    »Die Kettenreaktion übertraf die schlimmsten Befürchtungen«, fuhr er fort. »Von den zerstörten Energiesenken in der Sagittarius-Region breitete sie sich durch Sprungvektoren aus, und dadurch erreichte die Zerstörungsfront auch andere, viele Lichtjahre entfernte Sonnensysteme. Die Welten der Humax wurden vernichtet. Einige von ihnen brachen auseinander, andere verwandelten sich in leblose Wüsten. Sonnen wurden zu Novä. Und selbst Planeten weit abseits der stellaren Region, die wir heute unter der Bezeichnung Sagittariusbruch kennen, waren betroffen. Eine sogenannte Hyperkopplung führte dazu, dass die heimlich von den Humax installierten Uteri zu Sprungbrettern für die Zerstörungsfront wurden – offenbar waren sie untereinander durch ein energetisches Netzwerk verbunden.«
    Rahil schüttelte den Kopf. »Das klingt nach sekundärer oder sogar primärer Technik. Vielleicht hätten wir, unter anderen Um ständen, den Aufstieg zu den Hohen Mächten ganz allein geschafft. Aber so mussten wir sie um Hilfe bitten und unser völliges Versagen eingestehen. Die Welle der Vernichtung breitete sich immer weiter durch die Sprungvektoren aus, und alles deutete darauf hin, dass sich eine galaktische Katastrophe anbahnte. Der Imperialen Föderation blieb nichts anderes übrig, als sich an die Hohen Mächte zu wenden, mit der Bitte, die Zerstörungsfront einzudämmen. Vor allem die Krion und Feazelle sind damals aktiv geworden. Wie sie es schafften, die Kettenreaktion zu unterbrechen, wissen wir nicht. Vielleicht erfahren wir es eines Tages, wenn wir Zugang zur Kosmischen Enzyklopädie erhalten. Wie dem auch sei: Zurück blieb eine Zone der Zerstörung.«
    »Der Sagittariusbruch.«
    »Ja. Aber auch außerhalb davon waren viele Welten schwer getroffen.«
    »Die Gefallenen Welten«, sagte Sammaccan.
    »So nennen wir sie heute. Die Sprungsektoren in vielen Sonnensystemen waren durch die Kettenreaktion gestört: Ihre Vektoren endeten im Nichts zwischen den Galaxien oder wiesen starke Fluktuationen auf. Das bedeutete: Auf der anderen Seite des Sagittariusbruchs, der wie eine Feuerschneise wirkte, waren die Verbindungen zwischen den Sonnensystemen unterbrochen. Diesseits der toten Zone gab es dreizehn Systeme, die von der Katastrophe verschont geblieben waren und ihr Entwicklungsniveau halten konnten.«
    »Die Bruch-Gemeinschaft«, sagte Sammaccan.
    »Ja. Und die Sieben Völker. Auf der anderen Seite des Sagittariusbruchs waren zweihundertdrei Welten in neunundachtzig Sonnensystemen nicht nur direkt von den Zerstörungen betroffen, sondern auch isoliert. Reisen zu den nächsten Systemen dauerten Jahrzehnte, wenn sie überhaupt möglich waren. Innerhalb kurzer Zeit brach die ganze Infrastruktur zusammen. Die ökonomischen Systeme kollabierten. Hunger und Elend breiteten sich aus. Das Erbe der Diaspora kratzte die dünne Tünche der Zivilisation vom wahren menschlichen Wesen, wie es Zyniker ausdrückten.«
    Rahil deutete auf die Ruinen in der Mulde. »Vielleicht gelang es einigen Kriegern der Diaspora, hierherzufliehen. Ich weiß, dass ich mich mit der Vergangenheit von Heraklon beschäftigt habe, aber offenbar bin ich so dumm gewesen, die Informationen in den zerebralen Schaltkreisen der Rüstung abzulegen. Oder in den Speichern der Femtomaschinen. So oder so, derzeit erinnere ich mich nicht daran, was damals hier geschah.«
    Eine Zeit lang blickten sie beide auf die Stummen Zeugen hinab, die von vergangenem Chaos berichteten. Leichter Wind kam auf, flüsterte in den Baumwipfeln, griff nach dem weißen Dampf der Lokomotive und wehte ihn fort.
    Ein Blitzen am Himmel weckte Rahils Aufmerksamkeit, ein Gleißen, das für zwei oder drei Sekunden fast so hell war wie die Sonne und dann schnell verschwand. Er wartete auf ein Geräusch, auf ein Donnern oder Grollen, aber es blieb

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