Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst

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ein Gespinst aus Fäden, zumindest hier, ohne graues Licht, ohne Programmbibliotheken, die zu ihm flüsterten wie die Stimmen von Millionen Akteuren auf einer gewaltigen Bühne. Es war eine Welt, die zunächst auf das Innere eines Clippers beschränkt blieb, der mit hoher Geschwindigkeit durch die Düsternis einer sterbenden Welt raste. Der Tod, der sich unten ausbreitete und all jene fand, die nicht geflohen oder evakuiert worden waren, befand sich auch an Bord.
    »Exitus«, sagte der Mann, der die Uniform der Ägide trug. Joyce hieß er, erinnerte sich Rahil. Er hielt einen kleinen Diagnoser in der Hand, mit dem er Delana untersucht hatte. Die Frau mit dem knochigen Gesicht und dem kurzen schwarzen Haar – kurzes Haar, kein langes, zu einem Zopf geflochten – saß in sich zusammengesackt in einer Ecke des Passagierabteils, den Kopf gesenkt, das Kinn auf der Brust. »Gehirnschlag, Sire. Ein mentaler Schock hat sie umgebracht.«
    »Vielleicht der Dolch, der sich in die Brust des anderen Rahil gebohrt hat, geführt von der Hand seiner Schwester«, sinnierte jemand, und als Rahil, müde und erschöpft, den Blick hob, fand er kühle graue Augen, die nachdenklich auf ihn herabsahen. »Oder es kam zu einem kurzen Kontakt mit dem Artefakt. Delana war keine Schmiedin. Nichts hat sie auf so etwas vorbereitet.«
    »Wie weit ist es noch?«, fragte Coltan Jaqiello Tennerit und hob dabei die Stimme.
    »In einer halben Stunde sind wir da«, antwortete der Pilot über die Schulter hinweg. »Die energetischen Turbulenzen werden immer stärker, Sire. Die Belastung unserer Abschirmung wächst.«
    »Das war zu erwarten. Was ist mit den extraplanetaren Daten?«
    »Beide Poleis befinden sich in der Nähe des Planeten und neutralisieren die lokalen Auswirkungen ihrer Gravitationsfel der.« Rahil sah, wie der Pilot Kontrollen bediente und die Anzei gen überprüfte, und das war seltsam, denn der Mann saß einige Meter entfernt in der Kanzel des Clippers. Um ihn zu sehen, hätte er sich zur Seite beugen müssen.
    Es sind meine inneren Augen, die ihn beobachten, dachte er benommen. Ich bin ganz. Ich habe alle meine Erinnerungen, oder fast. Nur an meinen Tod erinnere ich mich nicht.
    »Deutet irgendetwas darauf hin, dass sie in das Geschehen eingreifen wollen?«
    »Nein, Sire. Es finden Kämpfe in der Nähe des Planeten statt, hauptsächlich zwischen dem Schnellen Verband von Larralde und Burion auf der einen und den Seglern auf der anderen Seite.«
    »Feinde werden zu Freunden?«
    »Nicht zu Freunden«, brummte Joyce, der den Diagnoser einsteckte. »Zu Verbündeten. Und auch das nur für kurze Zeit. Wenn es ihnen gelänge, die Segler zu besiegen, würden sie kurze Zeit später übereinander herfallen.«
    »Unsere Schiffe haben sich in eine hohe zirkumpolare Umlaufbahn zurückgezogen«, fügte der Pilot hinzu. Das Summen von Variatoren untermalte seine Stimme wie der Grundton einer einfachen Melodie. Variatoren, dachte Rahil und versuchte, ganz zurückzufinden in diese kleine, beengte Welt. Variatoren waren Technik oberhalb der Stufe vier, und das bedeutete: Entweder funktionierte Heraklons globale Interdiktion nicht mehr, oder Coltan hatte eine Möglichkeit gefunden, den Clipper vor ihr zu schützen und die primäre Technik zu nutzen, mit der ihn sein Helfer bei den Hohen Mächten ausgestattet hatte.
    »Was ist mit der Ägide?«, fragte Coltan.
    »Ihre Orbitalstationen sind von den Seglern vernichtet oder übernommen«, berichtete der Pilot. Rahil konnte, selbst wenn er die Lider senkte, sein schmales Gesicht sehen, obwohl er mit dem Rücken zu ihnen saß. »Ihre Schiffe versuchen nach wie vor, die Bevölkerung des Planeten zu evakuieren.«
    »Keins von ihnen befindet sich in der arktischen Region?«
    »Nein, Sire.«
    »Sie haben die Hoffnung aufgegeben«, sagte Joyce. Es klang fast enttäuscht.
    »Hast du gehört, mein Sohn?« Wieder erschienen Coltans graue Augen über Rahil. »Die Ägide kümmert sich nicht mehr um das Artefakt.«
    Wo war Sammaccan? Rahil versuchte, mit seinen inneren Augen zu sehen, und dort saß er: zwischen den beiden anderen Männern, einer von ihnen mit einem bioaktiven Verband an der Schulter, auf der gegenüberliegenden Seite des Abteils: ohne Schellen an den Händen, nicht gefesselt, aber doch reglos und mit unveränderter Gestalt. Gab es vielleicht einen Inhibitor, der seine polymorphen Fähigkeiten blockierte? Wir müssen etwas tun, sagte Rahil zu ihm, aber es waren seine Gedanken, die sprachen, und Sammaccan