Artefakt
gestraft wurde. Sie hatte eine Informationsschrift über diese vereinfachten Symbole, die als »Bishop-Funktionen« bezeichnet wurden, draußen in der Vorhalle gesehen; auch hier hatte die Mundpropaganda die für jede Wissenschaft notwendige Armee von Pedanten und Kleinigkeitskrämern angezogen.
Die wiedervereinten Singularitäten waren in die Staaten zurückbefördert worden, isoliert gegen Stöße jeglicher Art und zusätzlich festgehalten von überlappenden magnetischen Systemen. Ein paar Monate des Studiums am MIT hatten einige ihrer Eigenschaften geklärt, doch blieb die Frage nach der Stabilität der Anordnung. Johns mathematisches Modell war eine vereinfachte Annäherung, die mehrere lokale Einflüsse, wie denjenigen der Erdschwere, außer acht ließ. John und Zaninetti hatten sich mit der Vervollkommnung des Modells bemüht, mit begrenzten Ergebnissen.
Das ärgerliche Problem der Stabilität wurde schließlich bis hinauf vor die Nationale Sicherheitsagentur gebracht. Niemand wußte genau, wie gut die magnetische Falle war. John und Zaninetti waren ziemlich sicher, daß die gepaarten Singularitäten keine Gefahr darstellten, weil sie keine Bindeenergie mehr aufzubieten brauchten. »Sie sind ungefährlich wie zwei gewöhnliche Steine«, hatte John bei einer Geheimsitzung in Washington erklärt.
Die Nationale Sicherheitsagentur war für weitergehende Maßnahmen. Sie ordnete an, daß die magnetischen Fallen verbessert werden sollten, indem man sie in eine zusätzliche Schicht stärkerer, eng angeordneter Elektromagneten bettete. Kaum war dies geschehen, ordnete sie an, daß weitere Forschungsarbeiten in dem erst vor kurzem fertiggestellten Weltraumlabor ausgeführt werden sollten. Von den konsultierten Teilchenphysikern hielten die meisten diese Maßnahme für unnötig und lästig, gab es doch keinen Anhaltspunkt dafür, daß das Paar ausbrechen würde, und bessere Zugänglichkeit würde die Forschungen beschleunigen. Keines dieser Argumente vermochte die NSA zu überzeugen. Der Start der Weltraumfähre war eine Woche zuvor erfolgt, und gegenwärtig wurde die vielfach verpackte Sendung langsam an das Weltraumlaboratorium herangeführt.
Carmody hatte sich für diese Vorsichtsmaßnahmen eingesetzt. Durch den griechischen Zwischenfall war er zu seinem Mißvergnügen erstmals in seiner Laufbahn in die Schlagzeilen geraten. Insgesamt war Claire jedoch überrascht, wie wenig internationales Aufsehen der Angriff erregt hatte. Die NSA war bestrebt, den Vorfall herunterzuspielen, die militärische Führung hielt sich ohnedies bedeckt, und die Griechen zeigten, nachdem sie die USA der imperialistischen Aggression und der völkerrechtswidrigen Willkür bezichtigt hatten, offenbar kein Verlangen, ihre Niederlage hinauszuposaunen. Sie hatten durch italienische Vermittlung einen unsicheren Waffenstillstand mit den Türken geschlossen, und noch immer drohte ein Wiederaufflammen der kriegerischen Auseinandersetzungen, doch gaben beide Parteien sich einstweilen damit zufrieden, ihre Wunden zu lecken und Wortkanonaden abzufeuern. Gegenwärtig galt ihre Hauptsorge der Beschaffung modernerer Waffensysteme aus welchen Quellen auch immer, um darauf vorbereitet zu sein, was viele Beobachter als die zweite Runde voraussagten.
Der Vortragssaal war gut besetzt, und der Applaus dauerte ungewöhnlich lange für ein akademisches Publikum, wie Claire meinte. Sie und John gingen bald darauf. Am Eingang wurden sie von drei Reportern gestellt, von denen einer mit einer Videokamera ausgerüstet war. John machte abwehrende Handbewegungen. Der Mann, der die Videokamera im Schulteranschlag hatte rief: »Dr. Bishop! Dr. Anderson! Darf ich Ihnen nur eine Frage stellen?«
»Das haben Sie gerade getan«, erwiderte Claire, und John geleitete sie schmunzelnd hinaus in Manhattans stachelige Hitze.
Sie schlief unruhig und erwachte rasch, als aus dem Badezimmer würgende Geräusche kamen. Das Gurgeln und Ächzen hallte verstärkt von den Fliesen wider, und in jäher Angst fuhr sie im Bett hoch. John lag auf den Knien, das Gesicht war rot und verzerrt, die Augen glasig.
»Mein Gott! Bist du…?«
Er schüttelte matt den Kopf und erbrach wieder. Nach ihrer Rückkehr aus Griechenland war er eine Woche lang so gewesen. Die Strahlenfachärzte am amerikanischen Militärkrankenhaus in Wiesbaden sagten, sie könnten nicht ohne weiteres schätzen, wieviel Strahlung er abbekommen habe; anders als Arditti und seine Leute hatte er kein
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