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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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die Höhe und machten keuchend halt. Sie faßte John beim Kragen und küßte ihn wortlos. Ein überraschter Ausdruck ging über seine Züge, er zog eine Grimasse, dann überblickte er den Hang und suchte die Wegspur hinunter zu ihrem Boot. »Weiter!«
    Sie ruderten hinaus zur Skorpio, als ihr wieder einfiel, was er gesagt hatte. »Sie – du hast die Kiste gesehen?«
    George saß im Bootsheck, und auf ihrer Seite mußte sie mit dem langen Ruder paddelnd alle Kräfte aufbieten, um mitzuhalten.
    »Wie? Ja, gewiß. Sieht ziemlich gut aus, zieht man den Absturz in Betracht.« Er überblickte den Steilhang hinter ihnen.
    »Dieses Ding am Heck der Skorpio, ist das nicht eine Winde?«
    »Was? Ja, eine Art Winsch. Wird gebraucht, um die Schleppnetze einzuholen.«
    »Wieviel kann sie heben?«
    »Ich weiß nicht – o nein – ich weiß, was du denkst.«
    »Wir können das Ding nicht einfach da unten liegen lassen.«
    »Mit der ganzen griechischen Armee im Nacken?«
    »Wenn sie jetzt nachsehen, werden sie nichts als einen Fischkutter bei der Arbeit sehen.«
    »Vergiß es!«
    George sagte: »Hör mal, meinst du nicht, daß wir allmählich genug…«
    Zwischen ihren Paddeleinsätzen schnaufte Claire: »Verdammt, ich werde nicht zulassen… daß ein einzigartiges Artefakt… am Meeresgrund zerstört wird.«
    »Was die Wachen betrifft, so könntest du recht haben«, sagte John nachdenklich. »Ich habe die Tür wieder zugesperrt, so daß von außen nichts darauf hindeutet, daß wir dort waren. Aber ich kann mit dieser Winsch nicht umgehen, und wir können das auf keinen Fall ohne Wissen des Kapitäns tun.«
    »Wir werden ihm sagen, wir seien früh aufgewacht, mit dem Boot hinausgefahren und hätten unter Wasser etwas entdeckt, das wir bergen wollen.«
    John schnaubte. »Sehr einleuchtend.«
    »Viel glaubhafter als die Wahrheit!«
    »Und Georges Bein?«
    »Er glitt aus, als er ins Boot steigen wollte.«
    George ächzte. »Auch das noch.«
    Claire beobachtete John von der Seite, während sie das Ruder durchs Wasser zog. Sie sah, daß er müde war; die Energie, die seine triumphale Rückkehr begleitet hatte, hatte sich verflüchtigt. Vielleicht war es zuviel verlangt, dem Berg der Dankesschulden, den sie aufgehäuft hatte, eine weitere hinzuzufügen.
    Leise näherten sie sich dem Kutter. An Bord regte sich nichts.
    »Ich kann es nicht glauben«, murmelte George.
    Darauf aber kam ein zugleich erheiterter und resignierter Ausdruck in Johns Züge. »Ich schon«, sagte er.

 
     
     
VIERTER
TEIL

 
1
     
    John Bishop zog den Gürtel um seinen Mantel zu, als er, aus dem Pratt-Gebäude kommend, in gelbes Sonnenlicht blinzelte, das vom dünnen Schnee reflektiert wurde. Cambridge geruhte nicht, auf seinen Gehwegen Schnee zu räumen, aber eine Armee von Studenten hatte ihn bereits zu Matsch getrampelt. Die Kälte des Spätnachmittags verhieß grimmigen Nachtfrost.
    Er schnüffelte die Luft. Das automatische System der Wettervorhersage, das jeder Angehörige des MIT sich früher oder später aneignete, kündigte. Wetterumschwung und vielleicht sogar ein Gewitter an. Ein süßlicher Geruch bedeutete, daß der Wind von einer nahen Zuckerwarenfabrik im Süden herüberwehte, was warmes Wetter und weniger dickbäuchige Wolken versprach. Stank es von Lever Brothers im Nordwesten herüber, so drohten finstere Tage und weitere Schneefälle und Kälte aus Kanada.
    Die Examen näherten sich dem Ende. John hatte bei den Einführungskursen in theoretischer Physik geholfen und war erfüllt von ruheloser Müdigkeit. Die Beurteilung einer endlosen Reihe von mechanischen und rechnerischen Problemen betäubt den Geist, verlangt aber Wachsamkeit für den geringsten Fehler, manchmal nur ein falsches Vorzeichen, das signalisiert, wo ein geplagter Student in die Irre gegangen war. Professoren beklagten die Examen allenthalben als eine archaische Technik, ein Fossil, das an einklassige Dorfschulen und das Aufsagen der Hauptstädte aller Bundesstaaten erinnerte. Regelmäßige Fortschritte und täglicher Fleiß bedeuteten in ihren Augen mehr als eine Stunde, die damit verbracht wurde, das in Monaten Gelernte auf ein paar Blättern Papier zu komprimieren. Viel vernünftiger, auf die notwendige Arbeit zu Hause hinzuweisen, auf die regelmäßige Teilnahme an Vorlesungen und Seminaren und auf die Beachtung professoraler Urteile. Bedauerlicherweise sorgten die hohen Studentenzahlen und das Verlangen der Gesellschaft nach halbwegs objektiven Maßstäben für den

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