Artemis Fowl
du wach?«
Eine von den europäischen Sprachen. Latein. Nein, Englisch. Sie war in England?
»Ich hab schon gedacht, der Pfeil hätte dich getötet. Die Innereien von Aliens sind anders als unsere, das weiß ich aus dem Fernsehen.«
Kauderwelsch. Innereien von Aliens? Wovon sprach dieses Wesen?
»Du siehst fit aus. Wie Maria Muchacho, das ist eine mexikanische Ringerin.«
Holly stöhnte. Ihre Sprachgabe schien sie ebenfalls im Stich zu lassen. Zeit, mal nachzusehen, mit was für einer Form von Wahnsinn sie es eigentlich zu tun hatte. Sie nahm alle Kraft zusammen, konzentrierte sie auf ihr Gesicht und öffnete mühsam ein Auge, das sie jedoch sofort wieder schloss. Etwas, das wie eine riesige blonde Fliege aussah, starrte auf sie herunter.
»Keine Angst«, sagte die Fliege. »Das ist bloß eine Sonnenbrille.«
Diesmal hob Holly beide Lider. Das Wesen klopfte sich auf eines der silbernen Augen. Nein, es war kein Auge, sondern ein Glas. Eine verspiegelte Linse. Genau wie bei den beiden anderen... Schlagartig kam die Erinnerung zurück, wie ein Zahlenschloss, das einrastet. Zwei Menschenwesen hatten sie während des Rituals entführt. Zwei Menschenwesen, die alarmierend gut über die Welt der Unterirdischen Bescheid wussten.
Erneut versuchte Holly zu sprechen. »Wo... Wo bin ich?«
Das Menschenmädchen kicherte begeistert und klatschte in die Hände, wobei Holly ihre Fingernägel auffielen, die lang und bemalt waren.
»Du sprichst ja Englisch! Was ist denn das für ein Akzent? Klingt wie eine Mischung aus allem Möglichen.«
Holly zog eine Grimasse. Die Stimme des Mädchens bohrte sich wie ein Korkenzieher in ihren schmerzenden Schädel. Sie hob ihren Arm. Kein Ortungsgerät.
»Wo sind meine Sachen?«
Das Mädchen wedelte mahnend mit dem Zeigefinger, als sei Holly ein unartiges Kind. »Artemis musste dir leider deine kleine Pistole und das andere Spielzeug wegnehmen. Sonst hättest du dir womöglich noch wehgetan.«
»Artemis?«
»Artemis Fowl. Er hat sich das Ganze ausgedacht. Er denkt sich immer alles aus.«
Holly runzelte die Stirn. Artemis Fowl. Aus irgendeinem Grund jagte ihr allein der Name einen Schauer über den Rücken. Ein böses Omen. Und sie hatte gelernt, ihrer Intuition zu vertrauen.
»Sie werden kommen und mich holen«, krächzte sie mit brennenden Lippen. »Ihr wisst ja gar nicht, was ihr getan habt.«
Das Mädchen krauste die Stirn. »Da hast du allerdings Recht. Ich habe keinen Schimmer, was das Ganze soll. Es ist also völlig zwecklos, mich auszufragen.«
Holly überlegte. Die Blonde auszutricksen, würde sie nicht weiterbringen. Ihre einzige Hoffnung war der Blick , und der prallte an verspiegelten Oberflächen ab. Woher zum Teufel wussten diese Menschenwesen das nur? Aber darüber konnte sie später noch nachdenken. Jetzt musste sie erst mal einen Weg finden, wie sie dieses hirnlose Mädchen dazu bringen konnte, die Sonnenbrille abzunehmen.
»Du bist ein hübsches Menschenwesen«, sagte sie mit honigsüßer Schmeichelstimme.
»Oh, danke schön, äh...?«
»Holly.«
»Danke, Holly. Ich war sogar schon mal in der Zeitung. Ich habe einen Wettbewerb gewonnen, Miss Zuckerrübenfest 1999.«
»Das habe ich mir doch gleich gedacht. Eine richtige Schönheit. Deine Augen sind bestimmt sensationell.«
»Ja, das sagen alle.« Juliet nickte. »Wimpern wie Spiralfedern. «
Holly seufzte. »Ich würde sie ja zu gerne mal sehen.«
»Na klar, kein Problem.«
Juliets Finger legten sich um den Bügel der Sonnenbrille, doch dann zögerte sie. »Vielleicht sollte ich das besser nicht tun.«
»Warum denn nicht? Nur ganz kurz.«
»Ich weiß nicht. Artemis hat gesagt, ich darf sie auf keinen Fall abnehmen.«
»Das kriegt er doch gar nicht mit.«
Juliet deutete auf eine Videokamera, die an der Wand befestigt war. »Doch, ganz bestimmt. Artemis kriegt alles mit.« Sie beugte sich zu der Elfe hinunter. »Manchmal habe ich das Gefühl, er kann sogar in meinen Kopf hineinsehen.«
Holly runzelte die Stirn. Wieder hatte dieser Artemis ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. »Ach, komm schon, nur eine Sekunde. Was kann denn schon passieren?«
Juliet tat so, als dächte sie darüber nach. »Nichts, nehme ich an. Es sei denn, du hast vor, mich mit dem Blick schachmatt zu setzen. Für wie blöd hältst du mich eigentlich?«
»Ich weiß was Besseres«, sagte Holly, diesmal mit ernster Stimme. »Ich stehe einfach auf, schlage dich nieder und nehme dir diese dämliche Sonnenbrille ab.«
Juliet
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